Künftig müssen die Stuttgarter Stadträte Details wie ihren aktuellen Beruf sowie Ehrenämter transparent machen. Die Angaben werden im Internet veröffentlicht – auch, um die Befangenheit einzelner Ratsmitglieder leichter prüfen zu können.

Stuttgart - Der Streit im Rathaus um die Verschärfung der Pflicht von Stadträten, Auskunft über ihre geschäftlichen Verbindungen mit der Stadt zu erteilen, treibt seltsame Blüten: In der jüngsten Sitzung des Ältestenrats, bei der die Neuregelung besprochen worden war, hatten mit den Fraktionschefs von CDU und Freien Wählern, Alexander Kotz und Jürgen Zeeb, gerade jene in der Wirtschaft tätigen Kommunalpolitiker das Wort geführt, deren (legale) Geschäftsbeziehungen zur Stadt die Debatte über mehr Transparenz überhaupt erst befeuert hatten.

 

Das fanden etliche Sitzungsteilnehmer unnötig und unsensibel. Und mit der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke hat ausgerechnet jene Gruppe moniert, die Neuregelung zur Veröffentlichung personenbezogener Daten von Ratsmitgliedern gehe nicht weit genug, die als einzige auf ihrer Internetseite keinerlei Informationen über das berufliche Engagement ihrer Stadträte anbieten.

Im Ältestenrat am 21. März wird beschlossen

In der Präambel der Ehrenordnung wird auf die Stellung der 60 Mandatsträger in der Stadtgesellschaft hingewiesen: Sie seien „in besonderer Weise für das Ansehen der Stadt und ihrer Verwaltung verantwortlich“ und sollten deshalb „jeden Anschein vermeiden, im Rahmen ihrer Amtsführung für persönliche Vorteile empfänglich zu sein“. Im Ältestenrat soll nun am 21. März eine freiwillige Transparenz-Regelung verabschiedet werden, die es den Politiker ermöglicht, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Die Vertreter der Fraktionen haben sich auf eine etwas weitergehende Veröffentlichung ihrer Betätigungen und Beziehungen zur Stadt geeinigt. Als Vorbild dient die Regelung für den Gemeinderat von Düsseldorf. Demnach sollen die Mitglieder des Stuttgarter Gremiums nicht mehr nur dem OB am Jahresende ihre Geschäftsbeziehungen mit der Stadt anzeigen und führende Tätigkeiten in Unternehmen oder namhaften Beteiligungen melden. Die Informationen gehen auch an einen für das Land und die Stadt tätigen Ombudsmann, der diese auf Verstöße hin untersuchen soll.

Daten sollen im Internet veröffentlicht werden

Das entsprach bereits dem Vorschlag von Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne). Nur sollen die meisten Daten auch noch im Internet veröffentlicht werden. Der aktuell ausgeübte Beruf wird genannt, aber auch die Mitgliedschaften in Kontrollgremien sowie in städtischen Eigenbetrieben und in Organen privatrechtlicher Unternehmen. Auf Wunsch der Freien Wähler, die sich als Selbstständige über die von FDP-Fraktionschef (und Unternehmer) Bernd Klingler angestoßene Debatte in ein schlechtes Licht gerückt fühlen, sind die Stadträte angehalten, auch ihre Funktionen in Vereinen anzugeben.

In einem Schreiben an den OB Kuhn hatte der Fraktionschef Jürgen Zeeb vergeblich vorgeschlagen, Angestellte im Gemeinderat aufzufordern, ihren Arbeitgeber zu nennen und zu berichten, ob sie freigestellt seien und während ihrer Mandatsarbeit weiter bezahlt würden. Der Nutzen einer Veröffentlichung im Internet erschließt sich den Freien Wählern nicht. „Wäre die Nennung einer Geschäftsbeziehung mit der Stadt eventuell als Werbung zu sehen oder womöglich geschäftsschädigend?“, fragt Zeeb.

Die Sache mit der Befangenheit

Die Berichtspflicht ist das eine, das Verhalten im Rahmen der Amtsführung das andere. Hier kommt es immer wieder zu Verstößen, da die Frage einer möglichen Befangenheit nicht richtig geprüft wird. In der Gemeindeordnung ist geregelt, dass ehrenamtlich Tätige weder beschließend noch beratend mitwirken dürfen, wenn die Entscheidung ihnen selbst oder nahestehenden Personen einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringt.

Dennoch hat etwa der CDU-Bezirksbeirat Paul Eckert jahrelang an Debatten über das Rotlichtviertel mitgewirkt, obwohl damals sein Vater dort Immobilien besitzt. Die CDU-Spitze tolerierte das Vorgehen. Auch am Montag hatte Eckert im Bezirksbeirat an einer Diskussion über Hilfen für Mieter teilgenommen, die von Eigentümerwechseln betroffenen sind – auch im Leonhardsviertel. Eigentlich hätte das Gremium, nachdem er sich auf Nachfrage der Bezirksvorsteherin für nicht befangen erklärt hatte, entscheiden müssen. Das unterblieb aber. In dieser Sitzung hat Eckert seinen Austritt angekündigt.

Auch im Wirtschaftsausschuss ist kürzlich gegen die Gemeindeordnung verstoßen worden. In der Aussprache über Veranstaltungen auf zentralen Plätzen stellte sich laut dem Protokoll „die Befangenheit von Stadtrat Currle (CDU) heraus“, der daraufhin nicht mehr an der Beratung und Abstimmung teilgenommen habe. Anfangs hatte der Weindorf-Wirt über die Probleme beim Abbau der Stände mitdiskutiert. Und auch nachdem die Befangenheit offensichtlich geworden war, durfte Currle sitzen bleiben, ohne dass der Sitzungsleiter Michael Föll (CDU) eingeschritten wäre. Vorgeschrieben ist aber, dass sich der Befangene in den für Zuhörer bestimmten Teil des Sitzungssaales begibt.