Nach seinem Flug ins All kam Ernst Messerschmid als Professor an die Uni Stuttgart. Das war 1986. Am Freitag feiert die Universität die Emeritierung des 68-Jährigen. Er habe mit seiner Neugier die Jugend fasziniert, sagt der Institutsleiter Hans-Peter Röser.

Stuttgart - Es ist genau 28 Jahre und zwei Tage her. Der Spaceshuttle Challenger landete auf der Edward Air Force Base in Kalifornien. Es war das Ende der Sieben-Tage-Mission STS-61A. An Bord acht Astronauten, darunter der Deutsche Ernst Messerschmid. Die Woche im All mit 75 Experimenten im Raumlabor Spacelab hat Messerschmids Leben geprägt – und der Universität Stuttgart beim Ausbau eines Schwerpunkts geholfen, auf den sie besonders stolz ist: dem (nach Angaben der Uni) heute größten universitären Raumfahrt-Forschungsinstitut in Europa.

 

Ernst Messerschmid war zwar mit der Challenger in Kalifornien gelandet, aber der endgültige Landeort wurde Stuttgarts Uni. 1986 wurde er hier ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Raumfahrtsysteme. Er blieb bis heute und übernahm Funktionen vom Dekan der Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik bis zum Prorektor für Forschung und Technologie.

Feier zur Emeritierung

Kein Wunder, dass die Universität ihr berühmtes Mitglied zum Ende seiner aktiven Tätigkeit mit einer Feier unter geladenen Gästen ehrt. Ernst Messerschmid, inzwischen 68 Jahre alt, wird emeritiert, was allerdings, so darf man vermuten, nicht bedeutet, dass er der Uni und der Raumfahrt den Rücken kehren wird. Zur Feier heute, Freitag, Nachmittag im schicken Raumfahrtzentrum im Vaihinger Pfaffenwald mit Rektor Wolfram Ressel, Institutsleiter Hans-Peter Röser und dessen Stellvertreter Stefanos Fasoulas wird Thomas Reiter den Festvortrag halten, Astronautenkollege und Esa-Direktor in Darmstadt.

Ressel würdigt Messerschmids Beitrag zum internationalen Ruf der Raumfahrtforschung in Stuttgart. „Durch seine Leistungen als Wissenschaftler und als Botschafter der Raumfahrt hat er einen wichtigen Beitrag zur Reputation der Universität Stuttgart in der Öffentlichkeit geleistet.“ Und Röser lobt seine Rolle in der Ausbildung: „Als Lehrer und Forscher hat er durch seinen Entdeckerdrang und seine Neugierde insbesondere die Jugend fasziniert und inspiriert.“

Ulf Merbold kam vor ihm dran

Dass Messerschmid im Alter von vierzig Jahren die Erde von oben sehen würde, war in seinem Werdegang nicht vorgezeichnet. Es sei ein Zufall gewesen, sagte er einmal der Stuttgarter Zeitung: „Ich fuhr gerade durch den Schwarzwald, als ich im Radio ein Interview mit einem Raumfahrtmediziner hörte. Es ging dabei um die Auswahl von Astronauten für die von Deutschland geleitete Spacelab-Mission. Ich hörte zu und stellte fest, dass ich der ideale Kandidat wäre.“ Ganz so einfach war es dann aber doch nicht. Vor ihm durfte 1983 Ulf Merbold fliegen, erst 1985 kam er zum Zuge.

Merbold hat in Stuttgart studiert und gearbeitet, doch Messerschmid ist ganz ein Kind von Region und Land: geboren 1945 in Reutlingen, studierte er unter anderem in Tübingen und machte seinen Doktor in Freiburg. Vor dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg und dem Studium hatte er im elterlichen Betrieb in Reutlingen das Installateurhandwerk gelernt – was ihm, wie er erzählt, bei seinen Experimenten im Spacelab, die an vielen Pannen fast gescheitert wären, sehr zugute kam.

Als jungen Physiker zog es ihn zur Elementarteilchenforschung ans Cern in Genf, in die USA und ans Desy in Hamburg. 1978 näherte er sich der Raumfahrt: Er ging zum Vorläufer des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach Oberpfaffenhofen. 1983 wurde er Wissenschaftsastronaut in Köln-Porz. Das dortige Europäische Astronautenzentrum hat Messerschmid später geleitet, von 2000 bis 2004, beurlaubt von der Uni Stuttgart.

Warum betreiben wir Raumfahrt?

Messerschmid setzt auf den technischen Fortschritt, sieht aber auch dessen negative Seiten. Zusammen mit anderen Mitgliedern der Astronautenvereinigung Association of Space Explorers hat er bei Klimagipfeln auf Bilder von Erosion und Zerstörung hingewiesen, die aus dem All zu sehen sind. Aber in der gleichen Organisation hat er auch ein Konzept für den Flug zum Mars mit entwickelt.

Im November 2006, zum 20-Jahre-Jubiläum der Wissenschaftsredaktion der Stuttgarter Zeitung, stellte er in seinem Vortrag die Frage „Warum betreiben wir überhaupt Raumfahrt?“ Seine Antwort: „Weil wir lernen, über den eigenen Horizont zu blicken, weil wir uns inspirieren lassen – und nicht zuletzt, weil wichtige Fragen immer noch nicht beantwortet sind: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wie sieht unsere Zukunft aus?“