Den Insolvenzverwaltern geht das Geld aus. Möglicherweise gewähren die Gläubigerbanken nur noch bis Ende des Jahres Geld für den Erhalt des Bürokomplexes. Die Insolvenzverwalter wünschen sich „mehr Engagement der Stadt“ –allerdings liegt ihr letzter Kontakt mit städtischen Behörden schon recht lange zurück.

Vaihingen - Insolvenzverwalterin Claudia Jansen scheut sich nicht, die Lage auf dem Eiermann-Campus mit drastischen Worten zu schildern: „Wir wissen nicht, wie lange uns noch Mittel zur Verfügung gestellt werden, um den Betrieb aufrecht zu erhalten.“ Gut möglich, dass bereits Ende des Jahres das Geld dafür aufgebraucht sei (wir berichteten). „Die Kosten für den Unterhalt sind enorm“, begründet Jansen. Denn damit das Gelände in Schuss bleibt, werden die Grünflächen weiter gepflegt, ist rund um die Uhr ein Wachdienst unterwegs, werden Haustechnik und Sanitäranlagen gewartet. „Das kostet jeden Monat horrende Summen“, so Jansen, ohne Zahlen zu nennen.

 

Insolvenzanwälte „vermissen das Engagement der Stadt“

Die Anwältin aus Frankfurt ist mit ihrem Kollegen Stephan Schlegel mit der Verwaltung des ehemaligen IBM-Geländes im Vaihinger Westen betraut. Das Ziel sei es, „einen Investor zu finden, der die wirtschaftliche Gesamtvermietbarkeit wieder herstellt“, sagt Jansen. Doch die Suche gestalte sich sehr schwierig. Mit der Arbeit des Immobiliendienstleistungsunternehmens John Lang Lasalle (JLL), das von den Insolvenzverwaltern mit der Vermarktung der mehr als 40 000 Quadratmeter Bürofläche betraut ist, „sind wir zufrieden“, sagen Jansen und Schlegel. Vielmehr vermissten die beiden Insolvenzanwälte das Engagement der Stadt Stuttgart. Durch „bestimmte Auflagen“ von Behörden – womit Jansen und Schlegel vor allem die jeweiligen Behörden für Denkmalschutz und Baurecht meinen – sei es schwierig, den Gebäudekomplex wirtschaftlich zu betreiben. „Wir fahren wegen der Bauauflagen mit angezogener Handbremse“, sagt Schlegel. Man wolle nicht auf Konfrontation mit der Stadt gehen, betonen sie. „Wir wünschen uns nur mehr Engagement.“

Eile sei geboten, sagen die Insolvenzverwalter. Denn: „Wir hängen am Tropf der Banken.“ Stuttgarter Banken gehörten nicht zu den Grundpfandgläubigern – also zu den Banken, die CBRE Investors einst Kredit für den Kauf des Areals gaben. Wenn die Geldhäuser zu keinem weiteren Engagement bereit seien, „müssen wir uns als Verwalter zurückziehen“, benennt Schlegel die Konsequenz. Das Gelände sei zwar nicht juristisch, aber faktisch ohne Eigentümer, sagt er weiter. „Dann fällt der Eiermann-Campus dem Verfall anheim.“

Keine Anfragen beim Baurechtsamt

Allerdings: zum Baurechtsamt der Stadt hätten weder die Insolvenzverwalter noch die von ihnen engagierten Firmen im zurückliegenden Dreivierteljahr Kontakt aufgenommen. „Man kann die Gespräche nicht als intensiv bezeichnen“, sagt Amtsleiterin Kirsten Rickes. „Uns liegt kein aktueller Bauantrag und keine Planung vor, die wir bewerten könnten.“ Das aktuellste konzeptähnliche Papier sei eine Machbarkeitsstudie aus dem Frühjahr 2011 – damals gehörte der Eiermann-Campus noch CBRE Investors. „Man kann also nicht sagen, die Stadt unterstütze die Arbeit nicht“, stellt Kirsten Rickes fest.

Das Büro Drees & Sommer, das mit der technischen Begleitung betraut ist, will keine Stellung nehmen. Alexander Veiel, Leiter der Stuttgarter Niederlassung von JLL, bestätigt Rickes’ Äußerungen jedoch: „Der Kontakt zu den Ämtern ist in den zurückliegenden Monaten nicht intensiv gewesen.“ Der Grund: noch gebe es keinen Gesprächsbedarf. Denn derzeit ist der Immobiliendienstleister zweigleisig auf der Suche – zum einen nach einem Investor, zum anderen schon nach Mietern. „Wir haben zehn interessierte Investoren, nationale und internationale Immobilienfonds, für das Objekt.“ Diese fordern jedoch einen Vorvermietungsstand von 40 Prozent. Erst wenn Veiel ihnen einen Mieter präsentiert, der mindestens einen der Pavillons beziehen will, entschließen sie sich zum Kauf. „Wir suchen einen Mieter, der mindestens 10 000 Quadratmeter Bürofläche auf dem Campus abnimmt“, konkretisiert Veiel. Derzeit gebe es Gespräche mit einem Interessenten, bislang noch ohne ein Ergebnis.

Mindestens sechs Monate dauert Sanierung

Im schnellsten Fall vergehen jedoch mindestens sechs Monate, eher ein Jahr, bis die Räume auf dem Eiermann-Campus bezugsfertig sein werden. Denn zuvor muss das Gebäude saniert werden. „Aber ich sehe keine technischen Hinderungsgründe, die ein K.o.-Kriterium für die Vermarktung wären“, sagt Veiel.

Die sieht auch Wolfgang Voegele, Architekt und Präsident der Egon-Eiermann-Gesellschaft in Karlsruhe, nicht. „Ich halte es für falsch, zu sagen, dass die Sanierung der Pavillons unbezahlbar ist“, sagt Voegele. Die von Egon Eiermann entworfenen Olivetti-Türme in Frankfurt seien nur ein Beispiel dafür, dass eine wirtschaftliche Nutzung denkmalgeschützter Bürogebäude möglich ist. „Der Investor dort hat sich bewusst entschieden, alles so originalgetreu wie möglich zu belassen, weil er das als Vermarktungschance sieht.“

„Unser Ziel ist nicht das Museum“

Bislang habe sich die Stadt Stuttgart aus Sicht der Eiermann-Gesellschaft in Sachen Campus erfreulich engagiert gezeigt, sagt Voegele. „Die Stadt hat darauf bestanden, dass dort denkmalpflegerische Maßnahmen durchgesetzt wurden.“ Dennoch – die Eiermann-Gesellschaft poche bewusst nicht auf die reine Lehre. „Unser Ziel ist nicht das Museum“, stellt Voegele klar. „Wir wollen, dass die Architektur von Eiermann lebensfähig und nutzbar bleibt.“