Im Mai will die Stadt Stuttgart die Zwangsversteigerung des Eiermann-Campus’ in Vaihingen beantragen. Seit anderthalb verwalten Insolvenzverwalter den Bürokomplex – doch immer noch ist kein Käufer in Sicht. Nun will die Kommune ihre Stellung als bevorrechtigter Gläubiger wahren.

Vaihingen - Im Zweifel bringt der Antrag noch einmal Bewegung in die Sache, das lehrt die Lebenserfahrung.“ So kommentiert Finanzbürgermeister Michael Föll die Pläne der Stadt, in Sachen Eiermann-Campus einen Antrag auf Zwangsversteigerung zu stellen. Im Januar, so Föll weiter, habe die Stadt den Frankfurter Insolvenzverwaltern dies angekündigt. Die Rechtsanwälte Claudia Jansen und Stephan Schlegel sind seit Sommer 2011 mit dem Verfahren um den Eiermann-Campus betraut. Im Mai werde die Stadt das Zwangsversteigerungsverfahren anmelden.

 

„Das ist kein ungewöhnlicher Vorgang“, sagt Föll zu den Plänen der Stadt. Unüblich wäre es vielmehr, wenn man den Antrag nicht stellte. Als Finanzbürgermeister sei er zu diesem Schritt verpflichtet. Innerhalb von zwei Jahren nach Beginn des Insolvenzverfahrens müsse die Kommune ihre Forderungen geltend machen. Verpasst sie diese Frist, verliert sie ihre Stellung als bevorrechtigter Gläubiger.

Es sind „relevante Forderungen“ der Stadt angefallen

Denn die Stadt Stuttgart ist ein Gläubiger der insgesamt sechs verschiedenen Gesellschaften, die bislang die Eigentümer des Eiermann-Campus’ sind. Föll stellt klar, dass die Stadt keine Masseforderungen stelle, also nicht zu den großen Gläubigern zähle. Dennoch seien in den vergangenen Jahren „relevante“ städtische Forderungen angefallen. Föll äußert sich weder zur Höhe noch zur Art der ausstehenden Gebühren.

Allgemein weist Föll jedoch darauf hin, dass jeder Immobilienbesitzer verpflichtet sei, Gebühren an die Stadt zu entrichten. Diese fallen auch weiterhin an, wenn der Eigentümer, wie im Falle Eiermann-Campus, Insolvenz anmelde. Föll betont, dass eine „freihändige Lösung“ auch im Verfahren der Zwangsversteigerung möglich ist. „Wir sind weiterhin gesprächswillig für jede sinnvolle Lösung.“

Denkmalschutz als Hindernis?

„Es ist nicht neu, dass der Campus unter Denkmalschutz steht“

Der Bürgermeister äußert jedoch Erstaunen über die in der Vergangenheit geäußerten Klagen der Insolvenzverwalter. Jansen und Schlegel hatten bemängelt, dass es „bestimmte Auflagen“ der Stadt künftigen Investoren erschwerten, den Gebäudekomplex wirtschaftlich zu betreiben. Damit bezogen sich die Anwälte unter anderem auf die Auflagen des Denkmalschutzes. Dazu Föll: „Es ist nicht neu, dass der Eiermann-Campus unter Denkmalschutz steht.“ Er verweist darauf, dass die Investoren – und auch die Banken, die den Kauf finanziert haben – darum gewusst haben. „Daran ist die Spekulation gescheitert.“

Das Motiv der Stadt liege allein darin, ihre Stellung als bevorrechtigter Gläubiger zu wahren. „Es gibt für mich keinen Grund, Forderungen der Kommune gegenüber den Bankenforderungen zurückzustellen.“ Sollte sich der Verkauf der Immobilie durch die Zwangsversteigerung beschleunigen, sei das jedoch „ein nicht unerwünschter Nebeneffekt“.

Verwalter hängen am Tropf der Banken

In der Stuttgarter Niederlassung des Immobiliendienstleisters Jones Lang Lasalle (JLL) war trotz mehrmaliger Anfrage unser Zeitung niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. JLL ist mit der Vermarktung des Eiermann-Campus’ betraut. Insolvenzverwalterin Claudia Jansen sagt, dass sich kein Verkauf des Standortes abzeichnet. „Wir hängen nach wie vor am Tropf der Banken und die Gebäude verschlingen nach wie vor viel Geld“, sagt sie und nennt den Wachdienst, das Heizen und den Winterdienst als große Posten. Nach Informationen der Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart geht es dabei um rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr.

Im September hatte Jansen gegenüber unserer Redaktion gesagt, dass die Banken Ende 2012 ihre Zahlungen für den Unterhalt des Geländes einstellen wollten. Gegenwärtig, so Jansen weiter, hätten die Banken zugesichert, bis Februar zu zahlen. „Dann gibt es weitere Gespräche.“

Das Areal setzt großen Nutzer voraus

„Nicht verwunderlich“, dass die Immobilie noch lehr steht

Ines Aufrecht, Leiterin der Wirtschaftsförderung Stuttgart, sagt, dass der Markt für derart große Immobilien überschaubar sei. „Das Areal setzt einen großen Nutzer als Ankermieter voraus. Es hat sich als schwierig erwiesen, den Komplex kleinteilig zu vermieten.“ Dass die Immobilie mittlerweile drei Jahre leer steht, bewertet Aufrecht bei einem Komplex in dieser Größe für „nicht verwunderlich“.

Aufrecht ist überzeugt, dass der Immobiliendienstleister Jones Lang Lasalle alles tue, um das Areal gut zu vermarkten. Anders als Föll sagt Aufrecht, dass man beim Denkmalschutz darüber nachdenken müsse, wie man beiden Seiten gerecht werde – dem Denkmalschutz und „einer zeitgemäßen Nutzung“.