Wer sich eine Wohnung im Asemwald kauft, steht automatisch 1133 anderen Eigentümern gegenüber. Zusammen bilden sie eine Gemeinschaft, die aber nur dann funktioniert, wenn alle dasselbe wollen. Was andernfalls passiert, war jüngst zu besichtigen.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Asemwald - Wer sich eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus kauft, ist damit meist automatisch Mitglied einer überschaubaren Eigentümergemeinschaft. Wer sich im Asemwald eine Wohnung kauft, gehört fortan zu einer Eigentümergemeinschaft mit 1133 anderen Leuten. Da setzen sich die Wohnungseigner für eine Versammlung nicht an einen langen Tisch, sie mieten die Filderhalle. Sonderbusse bringen die Eigentümer vom Asemwald nach Leinfelden.

 

1134 Menschen bedeutet: Es kann kompliziert werden. Jede größere Sanierung ist eine heikle Angelegenheit. Was passiert, wenn keine Einigkeit herrscht? Bestens zu sehen beim Türenstreit eben erst. Bekanntlich sollen im Asemwald alle Türen gegen Brandschutztüren getauscht werden. Darüber war ein Zwist entbrannt, der es sogar vor Gericht geschafft hat.

Der Asemwald ist ein Riesenauftrag

Ein Teil der Eigentümer misstraute der Hausverwaltung. Ein Umstand, den Jan M. Schmälzle nicht verstehen kann. Der Geschäftsführer von Klauß & Partner sitzt im Konferenzraum in Sindelfingen und spielt mit seinem Kugelschreiber. „Der Asemwald ist keine alltägliche Wohnungseigentümergemeinschaft“, sagt er. „Das ist auch für uns nicht leicht.“ 2012 sei die Anfrage eingegangen, ob sie die Wohnstadt verwalten wollen. Sie wollten. Der Asemwald ist ein Riesenauftrag, sie sind immer noch in der Einarbeitungsphase. Seit dem 1. Januar 2014 sind Klauß & Partner im Amt. Dass die Türen getauscht werden sollen, wurde bereits vor ihrer Zeit entschieden. Sie haben den Auftrag quasi geerbt. „Das Schwierige ist, dass ein so komplexes Problem genau in den Verwaltungswechsel fällt“, sagt Richard Neber. Neber ist der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, dem Scharnier zwischen Verwaltung und Eigentümern. Der Beirat macht die Hochhaus-Stadt zu einer Demokratie im Miniformat, zu einem Demokratiechen. Im Verwaltungsbeirat sitzen drei Leute, in jedem der drei Hochhaus-Blöcke wurde ein Vertreter gewählt. Der Verwaltungsbeirat darf mitreden, aber das letzte Wort hat der Verwalter.

Der Geschäftsführer, der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, die Prokuristin, der Verwalter – alle sind sie gekommen, um ihre Sicht auf die Dinge zu schildern. Und aus dieser Perspektive ist die Sache völlig aus dem Ruder gelaufen. „Was uns überrascht hat, ist die Vehemenz, zunächst von Einzelnen, mit der sich die Leute gegen die Türen gewehrt haben“, sagt Jan M. Schmälzle. Im November erreichte der Aufruhr seinen Höhepunkt. Bei einer außerordentlichen Eigentümerversammlung schien es, als sei der Asemwald entzweit. Richard Neber, der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, bescheinigt der Hausverwaltung einen guten Job. „Aber es ist ein entscheidender Fehler gemacht worden“, sagt er. Dass die Verwaltung den Eigentümern nur ein Türenfabrikat angeboten hat.

Großes Projekt ist mehr Aufwand ist mehr Geld

Es gab Leute im Asemwald, die dem Verwalter unterstellten, er sei an einem möglichst hohen Preis interessiert, weil er prozentual mitverdiene. Einer zeigte die Hausverwaltung sogar an wegen versuchten Betrugs. Für Jan M. Schmälzle ist das an den Haaren herbeigezogen und „unverschämt, den Vorwurf lassen so nicht auf uns sitzen“. Dass ein Verwalter prozentual an Sanierungsprojekten mitverdiene, sei heutzutage Standard. Großes Projekt ist gleich viel Aufwand ist gleich mehr Geld.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat die Anzeige vor wenigen Tagen beiseitegelegt. Es liegen keine strafbaren Handlungen vor, sagte eine Sprecherin. „Eine Strafanzeige ist mit das Schlimmste, was einem Verwalter passieren kann“, sagt der Geschäftsführer. Und Richard Neber, der mitangezeigt worden ist, versteht es als persönliche Kampfansage. Er wird dagegen vorgehen. Und erst wenn das geklärt ist, kann im Asemwald seinetwegen wieder Frieden einkehren. Denn auch wenn es um die Wünsche von 1134 Leuten geht, so sind sie doch eine Gemeinschaft.