Der Dauerregen und die niedrige Temperaturen der vergangenen Tage und Wochen machen der Honigbiene zu schaffen. Imker wie David Gerstmeier müssen ihre Insekten füttern, damit die nicht verhungern. Ein Besuch auf der Streuobstwiese Kressart in Stuttgart-Sonnenberg.

Sonnenberg - Wer mag schon Regen? Bei dem Sauwetter der vergangenen Tage verbringen die meisten von uns die Zeit am liebsten drinnen im Trockenen. Der Honigbiene geht es ähnlich – mit dem Unterschied, dass sie bei Niederschlag und Kälte einfach nicht raus kann. Auch die sechs Bienenvölker, die der Imkermeister David Gerstmeier auf den Sonnenberger Streuobstwiesen im Kressart untergebracht hat, haben die vergangenen nass-kalten Tage in ihren großen Holzboxen verbracht, in denen durch die Bewegung der einzelnen Tiere konstant 35 Grad herrschen, und in dieser Zeit ausschließlich von ihren Honigvorräten gelebt. Das Resultat: Als David Gerstmeier die einzelnen Rahmen herauszieht, sieht er, dass die Waben leergefressen sind. Der Imker muss volle Honigwaben in die Boxen setzen – sprich: die Insekten füttern, damit sie nicht verhungern. „Und das im Mai, das ist mir in meiner ganzen Imkerlaufbahn noch nicht passiert“, sagt der Inhaber der Firma Summtgart, die mit gut 100 Bienenvölkern, die übers ganze Stadtgebiet verteilt sind, Demeter-Honig produziert.

 

Wetter und Landwirtschaft machen den Bienen zu schaffen

Dieser Frühling spielt verrückt, und was das für die Bienen bedeutet, hat sich der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner als Mitglied des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft nun vor Ort erklären lassen. Dabei sei nicht mal der miese Mai das Problem, sondern eher die Wärmewelle zuvor, die Bäume und Blumen rund drei Wochen früher als sonst austreiben ließ – und ein Haufen Blüten sind jetzt schon dahin oder dem Frost zum Opfer gefallen. Das heißt, ganz so üppig ist es um die natürliche Insektennahrung momentan auch nicht bestellt. „Für uns Imker ist das eine große Herausforderung, für Nahrung zu sorgen“, erklärt der Imkermeister. Immerhin müsse er zwischen Völkern in Riedenberg, Möhringen, Bad Cannstatt oder in anderen Stadtteilen tingeln. „Wir hoffen auf warme Tage“, lautet David Gerstmeiers Fazit.

Generell, sagt er, seien seine Tiere – 30 000 bis 40 000 leben als Volk in einer Box – immer größeren Extremen und Wetterschwankungen ausgesetzt. Hinzu komme die Bedrohung durch Neonicotinoide in Pestiziden, die, so MdB Harald Ebner, den Organismus der Tiere schädigen und sie so anfälliger für Milben machen. Als Neonicotinoide werden hochwirksame synthetisch hergestellte Insektizide bezeichnet, die allerdings nicht nur Schädlingen, sondern auch Nützlingen wie Bienen zu schaffen machen. Hinzu komme eine ausgedehnte Agrarwirtschaft mit Monokulturen. „Die Landwirtschaft gräbt sich den Boden unter den Füßen weg“, sagt David Gerstmeier. Die Rechnung ist einfach: keine Bienen, keine Bestäubung, kein Obst und Gemüse.

Friedvolles Miteinander von Mensch und Biene

Der Demeter-Imker hat ein inniges Verhältnis zu seinen Tierchen – sein erstes Bienenvolk bekam er seinerzeit vom Vater mit zwölf Jahren. Er arbeitet ausschließlich ohne Netz und Handschuhe, streichelt liebevoll mit den nackten Fingern über die Insekten, die auf ihrer Wabe herumkrabbeln. Sieben Kilo Honig pro Volk erntet er pro Jahr, das ist nur etwa ein Drittel dessen, was die Bienen tatsächlich produzieren. Dieses Miteinander will er auch Kindern vermitteln. Über sein freies Institut „pro Biene“ informieren er und sein Kollege im Jahr um die 1000 Kindergartenkinder über die Bienenhaltung – und darüber, warum Maja, Willi und Co. so schützenswert sind.

Infotag: Am 14. Mai findet bei „pro Biene“ an der Güterstraße 4 in Cannstatt von 14 bis 18 Uhr ein öffentlicher Bienen-Infotag statt.