Der rechtsextreme Offizier, der durch Amtsversagen als Syrer durchging, galt lange als Mustersoldat. Hinweise auf seine fremdenfeindliche Einstellung haben die Ermittler erst auf seinem Handy gefunden.

Berlin - Ein deutscher Oberleutnant mit rechtsextremem Gedankengut gibt sich erfolgreich als Flüchtling aus und wollte mit einer historischen Waffe möglicherweise einen Anschlag begehen, auf der sich dann die Fingerabdrücke eines vermeintlichen Syrers gefunden hätten. Am Tag nach Bekanntwerden des fast unglaublichen Falles sind in einer Sitzung des geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages weitere Details bekannt geworden. Der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) spricht von einem „Fall in uns bisher unbekannter Dimension“. Wichtige Fragen wiederum bleiben unbeantwortet.

 

Das fängt damit an, dass zu dem möglichen Anschlagsziel übereinstimmenden Teilnehmerangaben zufolge von den Sicherheitsbehörden keine Aussagen gemacht wurden. Franco A. war im Januar in Wien festgenommen worden, nachdem er dort erst den „Ball der Offiziere“ besucht und dann vor seinem Rückflug nach Deutschland auf einer Toilette des Wiener Flughafens eine geladene Pistole versteckt hatte. Der CDU-Abgeordnete Armin Schuster lobte am Freitag die „phantastische“ Arbeit der österreichischen Polizei, die sofort Fingerabdrücke genommen und diese an die deutschen Behörden übermittelt hatte. Wie bei solchen internationalen Kooperationen üblich landeten die Informationen beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden, wodurch A.s Doppelleben als Soldat und Schutzsuchender überhaupt erst aufflog. Daraufhin ermittelte die Staatsanwaltschaft Frankfurt, ließ den deutschen Asylbetrüger jedoch erst später festnehmen – offenbar kurz vor einem Verhör durch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) Mitte April.

Kein Teil eines Netzwerkes

Der Geheimdienst der Bundeswehr ist in der neunstündigen Vernehmung laut Schuster zu der Überzeugung gelangt, dass Franco A. „weder Teil eines rechtsextremen Netzwerks ist, noch einer Partei angehört“, sondern vielmehr „für sich selbst krude politische Auffassungen entwickelt hat“ – und somit dennoch als Rechtsextremist einzuschätzen ist. Unter Kollegen trat diese Einstellung ebenso wenig hervor wie in den sozialen Medien. Entsprechende Hinweise fanden die Ermittler erst bei der Auswertung seines Handys. Dies durfte laut Gesetz freilich erst geschehen, als gegen ihn ermittelt wurde. Als der Oberleutnant einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen wurde, weil er in seinem Rang mit als geheim eingestuften Dokumenten oder mit sabotagegefährdeten Einrichtungen zu tun hatte, waren die Daten seines Mobiltelefons noch tabu.

Und so galt der aus Offenbach stammende 28-Jährige, in der Jugend ein Ruderer, lange als Mustersoldat, der bei seinen Kollegen aus dem deutsch-französischen Jägerbatallion 291, stationiert in Illkirch, einem Vorort von Straßburg. Dass er nicht nur dort und in Offenbach zwei Wohnsitze hatte, sondern noch einen dritten in der Asylgemeinschaftsunterkunft im bayerischen Erding, ahnte bisher wohl niemand.

Das Bundesamt hat geschlampt

Sehr gut dagegen können sie nun nachvollziehen, wie A. in seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Herkunftsüberprüfungen passieren konnte: Es gab schlichtweg keine, wie Innenstaatssekretärin Emily Haber in der Sitzung den Abgeordneten berichtet haben soll. Da sich wegen der hohen Anerkennungsquote von Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland Syrien auch Menschen aus anderen Ländern als Syrer auszugeben versuchen, müssen sie im Normalfall etwa ihren Namen auf Arabisch schreiben – Franco A. musste das nicht. Sprechen konnte er Syriens Amtssprache nicht, das dort verbreitete Französisch zwar gut, aber nicht auf dem Niveau eines Muttersprachlers. „Niemand hat bei der Anhörung Verdacht geschöpft – auch nicht der Dolmetscher“, rügt CDU-Mann Schuster.

Und dies geschah eben nicht im Herbst 2015, als im Bamf angesichts des großen Flüchtlingsandrangs noch Personalmangel herrscht – A.s Asylantrag wurde Ende 2016 stattgegeben. „Die Qualität der Asylentscheider hat beim Personalaufwuchs im Bamf leider keine Rolle gespielt“, so Schuster: „Da ist die Politik in der Mithaftung.“