Mit al-Adnani ist einer der Führer des Islamischen Staats mutmaßlich getötet worden durch eine amerikanische Drohne.

Damaskus - Die Rakete der amerikanischen Drohne traf den Wagen in der Nähe der Ortschaft Al-Bab. Dort liefern sich seit Wochen arabische und kurdische Rebellen Gefechte mit dem „Islamischen Staat“, um dessen letzte Nachschubwege in die Türkei zu kappen. Wenige Stunden später gab die IS-nahe Website Amaq bekannt, der Sprecher des „Islamischen Kalifats“ und Terrorplaner von Brüssel und Paris, Abu Muhammad al-Adnani, sei bei dem Angriff getötet worden. „Er starb als Märtyrer, während er Operationen inspizierte, mit denen Militärangriffe gegen Aleppo zurückgeschlagen werden sollten“, schrieb Amaq und kündigte Rache an. Das Pentagon dagegen gab sich zunächst zurückhaltend. Man werte die Wirkung des Präzisionsschlages noch aus, erklärte ein Sprecher.

 

Einer der meistgesuchtesten Terroristen der Welt

Al-Adnani war einer der meistgesuchtesten Terroristen der Welt. Sein Ende dürfte als gewiss gelten, da alle bisher über offizielle IS-Kanäle bekannt gegebenen Tode von Führungskadern der Wahrheit entsprachen. Zuvor waren bereits die Nummer Zwei, Abd ar-Rahman Mustafa al-Qaduli, und einer der besten Kommandeure, der Tschetschene Omar al-Shishani, durch Luftangriffe gestorben. Auch wenn Al-Adnani, wie andere vor ihm, schnell durch einen Nachfolger ersetzt werden wird, sein Tod ist ein weiterer schwerer Schlag für die Extremisten.

Der IS steht von allen Seiten unter Druck, von den USA und Russland, von Iran, Saudi-Arabien und der Türkei sowie von der irakischen Armee, syrischen Rebellen und kurdischen Milizen. Darüber hinaus zeigt der Drohnen-Erfolg, wie präzise der amerikanische Geheimdienst und die Spezialkräfte vor Ort mittlerweile über IS-Interna informiert sind. Dies könnte damit zusammenhängen, dass in den Reihen der Terrormiliz nach der verheerenden Serie von Niederlagen die Frustration genauso wächst wie die Bereitschaft zum Verrat. Immer mehr ausländische Jihadisten suchen Kontakt zu den Botschaften ihrer Heimatländer in der Türkei, weil sie das IS-Territorium verlassen wollen.

Herkunft aus extremer Armut

Al-Adnani, der mit bürgerlichem Namen angeblich Taha Sobhi Falaha hieß, wurde 1977 im Städtchen Binnish in der nordsyrischen Provinz Idlib geboren. Nach Angaben ehemaliger Nachbarn waren seine Eltern extrem arm, die Kinder mussten zum Lebensunterhalt in Olivenhainen reicher Bauern die Bäume wässern. Al-Adnani selbst ging 2003 in den Irak, wo er von Anfang an mit Al Qaida im Irak gegen die US-Invasion kämpfte. Dort soll er zeitweise auch im südirakischen Camp Bucca gewesen sein, wo damals 24 000 Iraker eingesperrt waren. Radikale Prediger, entlassene Soldaten und Geheimdienstler wohnten Zelle an Zelle. Viele aus der heutigen Führung des „Islamischen Staates“ lernten sich in diesem Hochsicherheitskomplex kennen.

Aufstieg zum Propaganda-Chef

2011 kehrte er nach Syrien zurück und schloss sich zunächst der Al-Nusra-Front an. Drei Jahre später gehörte er zu den Mitbegründern des „Islamischen Staates“, nachdem sich der selbsternannte IS-Kalif Abu Bakr Al-Baghdadi mit der Al Qaida-Führung in Afghanistan überworfen hatte. Im IS stieg er schnell zum Propagandachef auf, verantwortlich für die schockierenden Videos von Enthauptungen und Massakern, die in der Hochphase des IS abertausende Rekruten aus mehr als 80 Staaten der Welt anlockten.

Gleichzeitig war Al-Adnani Chef der hochkonspirativen IS-Abteilung für Auslandseinsätze, wie verhaftete Gesinnungsgenossen aussagten. Diese Spezialzentrale soll vor allem in Europa Attentate organisieren oder Sympathisanten vor Ort zu Bluttaten anstacheln. Schon im September 2014 rief der Drahtzieher des Terrors in einer 42 Minuten langen Tirade alle Muslime der westlichen Länder auf, Europäer und Amerikaner zu töten, vor allem die dreckigen Franzosen, „wo immer und wie immer ihr könnt. Schlagt ihnen mit einem Stein den Schädel ein, stecht sie mit einem Messer ab, überfahrt sie mit eurem Auto, werft sie von einem hohen Ort, erwurgt sie oder vergiftet sie“, hetzte er – eine hasserfüllte Saat, die dann bei den Massakern in Paris und Brüssel, in Nizza und der Normandie, in Orlando und Istanbul sowie in Würzburg und Ansbach aufging.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.isis-terror-aufruf-sprecher-der-is-miliz- fordert-weltweite-anschlaege.03d42e17-bc20-49ae-a2fa-9566305b75d3.html