Der Herrenberger Verein zur Erhaltung der Stiftskirche hat sich einen Herzenswunsch erfüllt: Ein Carillon, das einmalige Melodien spielt.

Herrenberg - Drei Lastwagen sind nötig gewesen, um die 50 Glocken des neuen Herrenberger Carillons aus den Niederlanden nach Herrenberg zu transportieren. Immerhin wiegen die 50 bronzenen Stücke zusammen mehr als zwei Tonnen. Ein Glockenspiel, mit dem sogar Konzerte gespielt werden können, war schon lange der Wunsch des Herrenberger Vereins zur Erhaltung der Stiftskirche gewesen.

 

Erstmals kam die Idee im Jahr 1999 auf. Da der Verein, der sich auch um das Glockenmuseum in der Stiftskirche kümmert, anderweitig jedoch stark finanzielle eingespannt gewesen sei, habe das Vorhaben nicht umgesetzt werden können, berichtet Gernot Heer, der Vorsitzende. 2007 nahm der Verein dann einen zweiten Anlauf. „Aber die Firma, die wir damit beauftragt hatten, konnte nicht die entsprechende Qualität liefern.“ Bis man endlich eine passende Glockengießerei gefunden hatte, gingen weitere Jahre ins Land. In Holland wurden die Unterstützer der Herrenberger Stiftskirche schließlich fündig.

Ein Jahr dauerte die Herstellung

Rund ein Jahr dauerte es, alle 50 Glocken des Carillons herzustellen. Während die kleinste und klanghöchste Glocke mit einem Durchmesser von 15 Zentimetern gerade einmal sieben Kilogramm wiegt, bringt die größte mit einem Durchmesser von 85 Zentimetern stattliche 375 Kilogramm auf die Waage.

Nun ist das Carillon fertig und an seinem Bestimmungsort angekommen. Bis Mitte April sein Einbau ganz oben im Turm der Stiftskirche direkt unter der Kuppel beginnt, können die Glocken im Glockenmuseum besichtigt werden. Am Sonntag, 24. Juni, werde das Glockenspiel mit einem Gottesdienst offiziell eingeweiht, kündigt Gernot Heer an. Den prächtigen Klang der neu erworbenen Attraktion für die Stiftskirche werde dabei ein so genannter Carillonneur mit einigen per Hand gespielten Stücken präsentieren. Außerdem dürfe bei der Einweihung das Glockenspiel oben im Turm natürlich auch besichtigt werden.

Dass die Glocken auch wirklich so klingen wie sie sollen, habe man bereits überprüfen lassen, berichtet Heer. Gleich sieben Sachverständige haben den richtigen Klang bestätigt. 150 000 Euro kostet das neue Glockenspiel allein. Wie viel noch für den Einbau hinzukomme, stehe noch nicht abschließend fest, so der Vereinsvorsitzende Gernot Heer.

Glockenpaten finanzieren das Projekt

Dank der drei Hauptsponsoren – der Bauhütte der Stiftskirche, der Stadt Herrenberg und der Anton-Ehrmann-Stiftung – sowie der 50 Glockenpaten, die für je eine Glocke die Patenschaft übernommen haben, sei zumindest das Carillon bereits komplett finanziert. „Und Glocken, das ist ja eine Geschichte, die in die Jahrhunderte geht“, meint Heer. Die älteste Glocke im Museum sei 800 Jahre alt. Dementsprechend sei auch das neue Carillon alles andere als eine kurzlebige Investition. So werde das 50-stimmige Instrument sicherlich noch viele Generationen von Herrenbergern und Besuchern erfreuen.

Zu hören sein soll es nicht nur bei Carillonkonzerten, die künftig im Wechsel mit den Glockenkonzerten stattfinden, sondern täglich zweimal: um 10 und um 16 Uhr. Jeweils für etwa fünf Minuten werden an die jeweilige Jahreszeit angepasst kirchliche und weltliche Stücke gespielt. Während bei den Konzerten ein Carillonneur das Glockenspiel per Hand bediene, könnten die täglichen Melodien eingespeichert und automatisch abgespielt werden.

„Außerdem wird zu den täglichen Gebetszeiten mit einer kurzen Melodie auf dem Carillon auf den Sinngehalt des nachfolgenden Glockenläutens hingewiesen“, führt Heer aus. Beispielsweise soll der Choral „Christ ist erstanden“ vor dem Morgenläuten deutlich machen, dass dieses Läutzeichen an die Auferstehung Christi am Ostermorgen erinnere. „Diese Art des Läutvorspiels wird einmalig in Deutschland sein“, sagt Heer. „Damit wird das Carillon der Höhepunkt und Abschluss des Glockenmuseums.“