Maxim Nyamsi ist der erste Auszubildende der Volkshochschule Unteres Remstal. In seiner Freizeit rappt der in Kamerun geborene Jugendliche, und zwar am liebsten auf Französisch. Seine zweite Leidenschaft ist das Boxen.

Waiblingen - Boxstar oder Rapper? „Beides“, sagt Maxim Nyamsi, „ich könnte mich nicht für das eine oder das andere entscheiden.“ Da ist es vermutlich nicht schlecht, dass vor einigen Monaten gewissermaßen das Schicksal die Weichen in Sachen berufliche Karriere gestellt hat. So macht der 17-jährige Waiblinger, der in Kamerun geboren ist, seit September eine dreijährige Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement bei der Volkshochschule Unteres Remstal – als erster Auszubildender der Einrichtung überhaupt.

 

Deren Leiterin Rosemarie Budziat hat Maxim Nyamsi eines Abends zufällig im Treppenhaus der Bildungseinrichtung kennengelernt. „Meine Kumpels haben dort auf den Stufen rumgesessen und gegessen. Als ich gegen später hinkam, lag überall Müll herum“, erinnert sich Maxim Nyamsi. Die klare, aber freundliche Ansage der VHS-Leiterin – Herumsitzen ist okay, aber der Müll wird weggeräumt – hat bei dem 17-Jährigen Eindruck gemacht: „Sie ist nett gewesen, das habe ich gar nicht verstanden, und deshalb habe ich den Müll weggeräumt, obwohl er nicht von mir war.“

Eine Putzaktion mit Folgen

Die Treppenhaus-Putzete hatte Folgen: Im Jugendhaus Villa Roller, wo der Jugendgemeinderat Maxim Nyamsi regelmäßig vorbeischaut, trudelte wenig später ein Schreiben der Volkshochschule ein, das dem jungen Mann aus dem Hausflur einen Praktikumsplatz mit der Aussicht auf eine Lehrstelle anbot. In Null Komma nix war die Sache geritzt, und Maxim Nyamsi, der kurz vor seinem Abschluss an der Wolfgang-Zacher-Schule stand und bis zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, was er danach machen wollte, hatte einen Ausbildungsplatz. „Die Kumpels bereuen es, dass sie den Müll damals nicht aufgeräumt haben“, sagt Maxim Nyamsi und grinst.

Er sitzt nun regelmäßig dreimal die Woche in der Volkshochschule beim Alten Postplatz – im Büro anstatt im Treppenhaus. An zwei Tagen besucht er die Berufsschule in Waiblingen. Obendrein reist er sechsmal in der Woche nach Ludwigsburg, wo er beim Verein MBC das Boxen trainiert. Sein Talent für den Kampfsport hat Maxim Nyamsi vor vier Jahren entdeckt: Bei einem Kurs im Waiblinger Jugendhaus hat er zum ersten Mal die Fäuste geschwungen: „Ich hatte mittwochs sowieso nichts zu tun und habe etwas gesucht, um mich auszupowern.“

In diesem Jahr ist er Baden-Württembergischer Meister in der B-Klasse geworden, muss derzeit allerdings ein Schonprogramm fahren, weil er sich von einer Herzmuskelentzündung erholt. Der erfolgreiche US-amerikanische Boxer Floyd Mayweather ist Maxim Nyamsis großes Vorbild, denn „er tritt gegen die Stärksten der Welt an“. Die Klitschkos hingegen mag der 17-Jährige nicht besonders: „Sie holen sich keine echten Konkurrenten.“

Der Rapper Booba ist sein Vorbild

Das Boxen ist die eine Leidenschaft, und dann sind da noch die Beats. Seit rund zwei Jahren schreibt Maxim Nyamsi Rapsongs. Anfangs auf Deutsch: „Aber wegen meines Akzents waren die Texte nicht so gut verständlich.“ So ist er umgeschwenkt auf die Sprache, in der er sich am besten ausdrücken kann und in der auch sein Vorbild, der Musiker Booba, rappt: Französisch. In seinen Songs verarbeitet Maxim Nyamsi stets persönliche Erlebnisse – im Song „Vie“ zum Beispiel erzählt er von seiner Kindheit in Afrika und den ärmlichen Lebensverhältnissen dort. Gleichzeitig sei das Lied ein Dankeschön an seine Mutter, sagt Maxim Nyamsi: „Sie war immer für mich da.“

Als Zehnjähriger folgte er seinem Vater, der sechs Jahre zuvor nach Deutschland ausgewandert war. Bis die Mutter nachkommen durfte, dauerte es weitere vier Jahre. Auch über seine Anfangszeit in Waiblingen, als er mit der deutschen Sprache und der Schule zu kämpfen hatte, hat Maxim Nyamsi einen Rapsong als Mutmacher für sich selbst geschrieben, dessen englischer Titel „Don’t give up“ lautet.

Für seine Songs braucht Maxim Nyamsi zunächst einen passenden Beat, den ihm ein Freund liefert. „Wenn der Beat traurig klingen soll, muss eine Geige vorkommen, wenn er glücklich klingen soll, ein Klavier. Ich habe im Kopf, wie es sich anhören muss.“ Ist der Beat erst fertig, „ist es nicht mehr schwer“, sagt der 17-Jährige, der sich dann seine Kopfhörer aufsetzt, die Lautstärke voll aufdreht, und anfängt zu schreiben. „Für einen guten Text brauche ich zwei Wochen, an einem sehr guten feile ich ungefähr einen Monat“, sagt Maxim Nyamsi, der unter anderem schon bei der Sportlerehrung der Stadt Waiblingen gerappt hat. Auch bei der Open Stage im Kulturhaus Schwanen war er zu hören. Trotzdem: „Auftritte zu bekommen ist sehr schwer.“