Diabetiker-Hunde warnen ihren Menschen vor einem gefährlich niedrigen Blutwert – besser als Messgeräte. In der Stadt ist ein solcher Hund im Einsatz. Ohne Hundesteuer.

Gerlingen - Yari ist ein spanischer Wasserhund. Das braun-weiße Wollknäuel lebt aber nicht in Barcelona, sondern in Gerlingen. Und er holt seinem Besitzer auch keine geschossenen Enten oder treibt einem Fischer die Beute ins Netz. Yari steht seinem Herrchen Martin Kroll zur Seite. Yari ist als Diabetiker-Warnhund ausgebildet. Er bellt, wenn sich bei seinem an Diabetes erkrankten Menschen ein gefährlicher Unterzucker-Zustand anbahnt. Der Hund kann das besser als ein Messgerät. Und er kann die Apfelsaftflasche mit dem wichtigen Zucker bringen. Yari ist auch dabei, wenn der 61 Jahre alte Arzt im Stuttgarter Olgahospital bei der Arbeit ist.

 

Martin Kroll muss für Yari bald keine Hundesteuer mehr an die Stadt Gerlingen zahlen. Der Gemeinderat hat diese Woche beschlossen, Diabetiker-Schutzhunde ebenso wie Epileptiker-Assistenzhunde von der Hundesteuer zu befreien. Gerlingen ist damit Vorreiter im Strohgäu.

Unterzucker kann plötzlich kommen

Der Anteil des Zuckers im Blut ist bei jedem Menschen ein wichtiger Faktor des Stoffwechsels. Bei bestimmten Diabetesformen muss der Blutzuckerspiegel mit Tabletten oder Insulinspritzen reguliert werden. Dennoch kann sich, besonders bei seit Jahren Erkrankten, der Blutzuckerspiegel rasch verändern – unter Umständen, ohne dass der Patient dies bemerkt. Besonders dann, wenn der Wert den kritischen Punkt erreicht, scheidet der Patient einen Geruch aus. Den riecht der Mitmensch nicht – aber ein Hund. Wenn dieser trainiert ist, kann er als Wächter eingesetzt werden. Im fortgeschrittenen Trainingszustand sogar, wenn beide schlafen. „Yari hat mich schon zweimal vor der Intensivstation bewahrt“, erzählt Kroll.

Schon seit 53 Jahren leide er an Diabetes, berichtet er, sei auf Insulin von außen angewiesen. Eine Pumpe mit Messgerät trage er schon lange am Körper – die Pumpe ist am Gürtel befestigt, die Nadel steckt in der Bauchdecke. Er selbst bemerke nicht mehr, wenn sich ein gefährlicher Unterzucker anbahne; aber Yari rieche das. Dann belle er so lange, bis sich etwas tut – und sei es, dass die Nachbarn zu Hilfe kommen, wenn das alleine lebende Herrchen trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bewusstlos geworden ist. Deshalb hat Kroll Yari auch beigebracht, wie er die Wohnungstür öffnen kann. Und die Nachbarn wissen: Wenn Yari im Treppenhaus bellt, ist Alarm.

Yari hat sich sein Herrchen ausgesucht

Kroll hat Yari erst seit dem vergangenen September – er sei aber schon immer vernarrt in Hunde gewesen, habe sich auch zum „Gassigeher“ für Tierheim- und Pflegehunde ausbilden lassen. Vor einiger Zeit habe er von „Diabetikerhunden“ erfahren, sich schlau gemacht, die Züchterin Maja Wonisch aus der Nähe von Sigmaringen kennengelernt und deren Hundezentrum besucht. „Da sind acht Welpen auf mich zugerannt und Yari hat mich ausgewählt“, erzählt Kroll. Jetzt sind beide ein eingespieltes Team. „Er gibt mir größere Sicherheit, vor einem Notfall bewahrt zu werden, als die Technik. Ich verlasse mich blind auf ihn.“

Wasserhunde könnten „auf alles trainiert werden, was ein Hund riechen kann“, sagt Maja Wonisch, die mit vielen Rassen arbeitet. Wasserhunde seien sehr treu, „sie tun alles, um ihren Besitzer glücklich zu machen“. Die gelernte Krankenschwester hatte vor Jahren miterlebt, wie ihre diabeteskranke Schwägerin von einem Hund beschützt wurde. Das habe sie dazu gebracht, umzusatteln und Hunde zu züchten und zu trainieren. Diabetiker- und Epileptikerhunde gebe es bisher nur etwa 200 in Deutschland. Jetzt muss Yari von ihr noch lernen, am Telefon den Notruf auszulösen.