In der Serie „Ein Stück Cannstatt“ stellen wir nun den jüngsten der 18 Cannstatter Stadtteile vor, den Burgholzhof.

Burgholzhof - Ein bisschen gerundet, hat der Hof, der dem Stadtteil den Namen gibt, fast 200 Jahre auf dem Buckel. Der Stadtteil selbst aber ist mit seinen kaum 20 Jährchen erst knapp dem Teenie-Alter entwachsen. Mit Geschichte ist er dennoch eng verwoben, sogar mit einer glücklichen Fügung. Denn nach dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges hat in den optimistisch gestimmten Jahren danach die Schutzmacht USA sukzessive Militär abgezogen – und ab 1993 einen Teil des Army-Geländes auf der Hochebene überm Neckar abgegeben.

 

Damit schlug die Stunde der Städteplaner, die Umwandlung von Militärgelände in einen neuen Stadtteil. Dass damals „eine Vorform von Bürgerbeteiligung“ Fuß fassen konnte, das war entscheidend für den heutigen Charakter des Burgholzhofes. Städtebaulich, aber auch hinsichtlich des „inneren Charakters“. Davon ist Manfred Scherer überzeugt: „Dadurch konnte ein Wir-Gefühl entstehen“, sagt der Architekt. Er wohnt auf dem Hallschlag, ist aber als Ehrenamtlicher eng mit einer Institution des Stadtteils verknüpft, den Abendrot-Gottesdiensten.

Die finden im Ökumenischen Zentrum statt: „Das Haus ist ein Beispiel für gelebte Ökumene. Hier wird das Verbindende gepflegt, hier und im Bürgerhaus nebenan ist viel los. Teils mit Gruppen, die es von Anfang an gibt. Der Kinderbetreuung zum Beispiel“, erzählt Scherer. Musikalische Früherziehung ist dort beheimatet, Gymnastik, manches mehr. Neuerdings auch eine Ballett-Gruppe. „Es gibt ein reges Zusammenwirken mit vielen Initiativen. ,Wir auf dem Burgholzhof’: Das ist ein stehender Begriff, Ausdruck von Zugehörigkeit und Stolz.“ Zur Identität trägt auch diese Mitte bei, der sinnfällig umgenutzte Flügelbau des alten Gutshofes, mit der Kita im hinteren Bereich. Und bauliche Spuren der Geschichte zeigt schon der Eingangsbogen des alten Portals. Oder die gerettete Futterkrippe, in der nun Gesangbücher lagern.

Ein architektonisches Highlight des Stadtteils ist die Wabe

Jetzt aber wird es Zeit für eine kleine Runde durch den jungen Stadtteil mit jungen Familien, vielen kleinen Kindern und Heranwachsenden. Am Zentrum, vorbei an den neuen, bunten „Bürgergärten“, merkt Scherer an, dass sich „der kleine Supermarkt leider nicht halten konnte. Für das Defizit an Nahversorgung gibt es leider keine Lösung“.

Dann aber die „Fußgänger-Hauptstraße“ hinunter, zu der wie ein Stadtzeichen wirkenden Trias der Schornsteine des „Gemeinschaftsheizwerkes“. „Die Grundschule ist ein Pfund, sie musste schon früh erweitert werden“, weiß Scherer. Und zwischen den Häuserzeilen: Grünzonen. Scherer nennt sie „Grünfinger“: „Hier ist Freiraum. Das ist eine besondere Qualität des Stadtteils.“

Dazu zählt er auch „abwechslungsreiche Architektur. Nicht vom Reißbrett, sondern von verschiedenen Architekten. Das Gegenteil des Europa-Viertels“. Ein Highlight natürlich die „Wabe“, das Mehrgenerationenhaus. Von zwei Seiten stößt der Burgholzhof aber auch unerbittlich an die Nutzungsgrenze, an verbliebenes Militärareal. Die pure Freiheit dann aber an der anderen Peripherie, mit dem Burgholzhof-Turm als Attraktion. Ein herrlicher Blick hinunter zum Neckar: „Hier wohnen Leute, die sehen die Sonne auf- und untergehen. Hier ist es einfach schön.“ Das Schönste für ihn am Stadtteil? „Die Haltung. Wir unternehmen was. Wir gehören zusammen! Es gibt hier ein von vielen getragenes Gemeinschaftsgefühl. Das ist viel wert.“