Mitglieder des Vereins „Go One2One“ richten gemeinsam mit den Asylbewerbern in Plieningen Aufenthaltsräume im Flüchtlingsheim her. Für die Kinder, die dort seit Sommer leben, gibt es zudem Geschenke zu Weihnachten.

Plieningen - Silia Abu Bakr steckt die Holzdübel in das Regalbrett. Dann nimmt Oskar Kaufmann es ihr ab und klopft das Brett auf den Boden, damit die Knöpfe festsitzen. Das fünfjährige Mädchen aus Syrien lächelt den Hohenheimer Studenten an. Es ist erst seit vier Monaten in Deutschland und kann noch nicht viel mehr auf Deutsch sagen als seinen Namen und sein Alter. Aber es freut sich, wenn Kaufmann es in der fremden Sprache lobt. Es braucht nicht erst eine Übersetzung ins Arabische, damit das Mädchen versteht: Der junge Deutsche meint es gut.

 

Im Flur des Flüchtlingsheims im Wolfer bauen Somalier, Syrer, Nigerianer und Deutsche gemeinsam Möbel auf. Sie tunken Pinsel in Eimer mit Farbe, um die beiden Aufenthaltsräume der Unterkunft in einem warmen Gelb und in Hellblau zu streichen.

Am Morgen sind die Mitglieder des Vereins „Go One2One“ mit einem Lieferwagen angerückt. Im Inneren des Fahrzeugs haben sie nicht nur Einzelteile der Regale und Farbeimer gelagert. Bunt eingepackt stapeln sich im Kofferraum auch Geschenke mit Spielzeug im Wert von 1000 Euro.

Direkte Hilfe ist das Ziel

Seit November hat der Verein das Geld gesammelt, dann wurde eine lange Einkaufsliste abgearbeitet, erzählt Dustin Soumar. Der Stuttgarter Geschäftsführer eines Unternehmens hat viel dazu beigetragen, dass es den Verein „Go One2One“ gibt. Nachdem der Taifun Haiyan im November 2013 die Philippinen verwüstet hat, sammelte Soumar Spenden. Doch er war sich nicht sicher, welcher Organisation er das Geld übergeben sollte. Er hat im Internet recherchiert und Kontakt zu Helfern vor Ort geknüpft. Dann hat sich der Stuttgarter in den Flieger gesetzt und die Spendengelder vor Ort verteilt. Zurück in Deutschland hat er Freunde angesprochen, die noch an der Hohenheimer Universität studieren. Gemeinsam entstand die Idee, in Stuttgart einen Verein zu gründen, in dem die Mitglieder selbst anpacken und somit genau wissen, was mit dem Geld passiert, das sie sammeln. Fast alle, die bei dem Verein mitmachen, haben Wirtschaft studiert oder arbeiten inzwischen in Unternehmen. Eine Veranstaltung für junge Karrierewillige, die soziale Fähigkeiten für ihren Lebenslauf unter Beweis stellen wollten, sei der Verein aber nicht, betont Soumar. „Es gibt aber sicher einen Trend bei Unternehmern, sich sozial zu engagieren. Das haben wir auch gemerkt, als wir Firmen nach Spenden für die Flüchtlinge gefragt haben, da war die Resonanz enorm“, sagt er.

Angesprochen auf die Kritik an der Flüchtlingspolitik, die sich jüngst auf den Pegida-Demonstrationen artikuliert, verzieht Dustin Soumar das Gesicht. „Pegida lebt von der Angst vor dem Unbekannten. Sobald die Leute wissen, mit wem sie es zu tun haben, kapieren sie, dass das nur Menschen sind, die nicht mehr nach Hause können“, sagt er. Soumar ist überzeugt, dass Vorurteile überwunden werden könnten, wenn Flüchtlinge und Alteingesessene sich kennenlernen.

Erinnerungen an Syrien

Ganz in diesem Sinn packen die Helfer und die Bewohner des Asylheims gemeinsam an, um zwei Aufenthaltsräume in der Unterkunft freundlicher zu gestalten. Die Söhne von Anur Shakar schrauben vor dem Eingang der Unterkunft ein Regal zusammen. Der Vater steht bei ihnen und schaut gerührt auf den Weihnachtsbaum, den die Ehrenamtlichen aufgestellt haben. Er erinnere ihn an seine Heimatstadt Damaskus, sagt er „In Syrien feiern Christen und Muslime gemeinsam Weihnachten“, sagt er. Zumindest war es so in den Zeiten vor dem Krieg, als Shakar noch kein Flüchtling war, sondern Bauunternehmer.

Die Kinder der syrischen Familie stehen wenig später mit nigerianischen und somalischen Kindern vor dem Weihnachtsbaum und den vielen Päckchen, die ihn umgeben. Die Augen der Kinder leuchten, während die Helfer des Vereins ihnen ein Geschenk in die Hand drücken. Hinter ihnen stehen ihre Eltern. Sie betrachten die Szene und erinnern ihre Kinder daran, sich bei den jungen Männern zu bedanken. Was dem Syrer Anur Shakar durch den Kopf geht, der in Damaskus eine Firma hatte und nun mit anderen Mittellosen in einem fremden Land in der Kälte steht, bleibt sein Geheimnis. Wenigstens ist es in Plieningen so wie früher in Syrien. Christen und Muslime feiern Weihnachten zusammen.