Der in Korb lebende Jazzmusiker Eberhard Budziat komponiert dem Remstal ein musikalisches Denkmal. Mitwirkende in der schön-schrägen Sinfonie sind zum Beispiel eine rasende Wildsau und grillende Mitbürger.

Waiblingen - Dem 440 Kilometer langen tschechischen Fluss Moldau hat Friedrich Smetana einst mit einer knapp 15-minütigen Komposition ein musikalisches Denkmal gesetzt. Für ein Klangbild des nur 80 Kilometer langen schwäbischen Flusses Rems und des dazugehörigen Tals veranschlagt der Korber Musiker Eberhard Budziat mindestens eine Stunde. Auf 15 Minuten Spieldauer bringt es die „mal traditionelle, mal freakige Remstal-Sinfonie“, die er derzeit komponiert, nämlich jetzt schon. „Dabei bin ich noch nicht mal aus dem Rems-Murr-Kreis raus und bis an die Quelle in Essingen gekommen“, sagt Budziat. Das muss wohl Liebe sein.

 

Eine Radtour als Quelle der Inspiration

Seit drei Jahren lebt der 52-Jährige im Remstal und fühlt sich hier, wie er es ausdrückt, „sehr wohl und beheimatet“. Als Musiker komme man da schon mal auf „solche Ideen“, erzählt Eberhard Budziat. Eine Radtour, die er vor zwei Jahren entlang des Flusses gemacht hat, nennt er als eine weitere Quelle der Inspiration. Und dann ist da seine Ehefrau. „Sie hat mich, wenn ich ehrlich bin, ein bissle in den Hintern getreten.“ Auch ein gesprächiger Taxifahrer, von dem sich Budziat nach Konzertauftritten bisweilen zu später Stunde heimfahren lässt, hat indirekt Stoff für die Remstal-Hymne beigesteuert. Doch davon später mehr.

Dass er Berufsmusiker werden will, das ist dem Esslinger Eberhard Budziat recht spät klar geworden. Gut, als Bub hat er auf Anregung seines Vaters hin mittelmäßig motiviert im Musikverein Liebersbronn Posaune gespielt. Mit 17 Jahren hörte er zum ersten Mal Jazzmusik, „und das hat eingeschlagen wie eine Bombe“. Trotzdem absolvierte er eine Ausbildung zum Maschinenschlosser, holte dann die Fachhochschulreife nach und beschloss: „Ich will dorthin, wo diese Musik herkommt.“

Der Wunsch wurde prompt erhört: Eberhard Budziat ergatterte ein Stipendium und machte sich mit 27 Jahren nach Amerika auf, wo er an der University of North Texas das Fach „Jazzstudies“ belegte. Zurück in Deutschland spielte er erst in München, dann in Stuttgart und das häufig in Shows. „Aber inzwischen kommen in den Musicals die Bläser vom Band.“

Heute unterrichtet Eberhard Budziat an der Musikschule Unteres Remstal und der Jugendmusikschule Schorndorf und spielt in zahlreichen Combos sowie seiner eigenen, knapp 20 Köpfe zählenden Eberhard Budziat Bigband. Um das Remstal zu vertonen, braucht er nur zwei Posaunen, zwei Trompeten und ein Schlagzeug: „Das Feierblech“ heißt die Formation, die am Sonntag, 19. Januar, beim Neujahrsempfang in Weinstadt Auszüge aus der Remstal-Sinfonie spielt.

Eine Wildsau und himmlisches Vogelgezwitscher

Die Komposition beginnt mit recht erhabenen Klängen – passend zu dem Gefühl, das einen überkommen kann, wenn man vom Kleinheppacher Kopf ins schöne Remstal hinabschaut. Doch wer Eberhard Budziat kennt, ahnt, dass die pure Idylle mit Klängen aus „Im schönsten Wiesengrunde“ nicht zu lange anhält. Tatsächlich kreuzt nach wenigen Takten ein Störfaktor auf vier Beinen auf: eine Wildsau, die der Bassposaunist mimt, indem er seinem Instrument einen Dämpfer verpasst. Danach ertönt wieder himmlisches Vogelgezwitscher aus den Trompeten.

Auf die Idee, einen rasenden Keiler in der Sinfonie zu verewigen, ist Budziat gekommen, weil ihm der erwähnte Taxifahrer von vielen wandernden Wildschweinen auf der Straße von Waiblingen nach Korb erzählt hat. Auch der Autolärm der B 29 taucht in der Sinfonie auf, inklusive eines Martinshorns. Sommer, Grillvergnügen und die große weite Welt kommen im Stück „Kibudzi oder Rei’gschmeckte“ dank Klezmer- und Balkanklängen ins Spiel. Und beim „Weinfest“ ertönt entspannte Cha-Cha-Cha-Musik. „Eine Besenwirtschaft muss auch noch rein, da bietet sich eine Polka an“, sagt Budziat. Und die Kehrwoche will er ebenfalls verewigen: „Vielleicht wird das ein Walzer.“