Powershopping in der Outletcity und Autogenuss im Mercedes-Benz Museum: die größte Firmenreisegruppe aus China, die Deutschland je besucht hat, ist auf Tour im Südwesten. 2700 Jeunesse-Mitarbeiter sind auf Konzernkosten unterwegs.

Metzingen - Bei Gucci kommt keiner mehr rein. „Sie müssen sich gedulden, es ist zu voll“, bremst der Anzugträger an der Ladentür Helen Chen aus. Die Frau aus Peking versteht kein Wort Deutsch, aber reiht sich dennoch geduldig in die Schlange vor dem Nobelgeschäft ein. „Hier in Metzingen ist alles so billig“, sagt die 50-Jährige, „da kann man auch mal warten.“

 

Helen Chen ist zum Powershopping in die Hochburg des Fabrikverkaufs gekommen – und zwar nicht allein. Mit ihr zusammen sind in 67 Bussen rund 2700 weitere Chinesen angerollt. Eine Reisetruppe der Superlative, so viel Mandarin war noch nie in Metzingen. Sie alle tragen Namensschilder in Plastikhüllen um den Hals, darauf steht „2017 Discover Germany“ – „Entdecke Deutschland“, darunter ein Foto von Schloss Neuschwanstein. Eingeladen zur XXL-Erkundungstour hat der US-Konzern Jeunesse seine verdienten Mitarbeiter in China. Die meist selbstständigen Vertriebspartner des Unternehmens, das mit Kosmetik und Nahrungsergänzungsmitteln viel Geld verdient, bietet eine einwöchige Belohnungsreise nach Deutschland an.

Vergangenen Freitag kam die Truppe in Frankfurt an, die Firmentouristen gönnten sich eine Bootstour auf dem Rhein, einen Spaziergang durch Heidelbergs Innenstadt, auch Schloss Neuschwanstein steht noch auf der Liste der Sehenswürdigkeiten. Der Montag bietet ein Doppelprogramm: morgens ins Mercedes-Benz-Museum, nachmittags Großeinkauf in Metzingens Outlet-City.

Die Outlet-City bewältigt den Ansturm der Chinesen bestens

Das Reisen im Riesenpulk macht Helen Chen nichts aus – im Gegenteil. „Wir sind eine Familie, die Firma steht zusammen“, sagt die Jeunesse-Mitarbeiterin, während sie sich ein paar Luxus-Handtaschen anschaut. „Ich mache gute Umsätze“, sagt die Chinesin, „die Reise ist ein Geschenk für meine gute Arbeit.“

Ganz ähnlich sieht das Xiao Mei Zhuang, die mit ihren drei Kindern und ihrem Mann, die Tour antreten durfte. „Uns geht es gut dank unserer Firma“, sagt die 37-Jährige aus Schanghai und ist begeistert von Deutschland. Was ihr am besten gefällt, zählt sie lachend auf. „Das Bier“, sagt sie. Sie freut sich auf den geplanten Brauereiabend in München. „Toll ist auch die saubere grüne Landschaft und die Abschaltung der Atomkraftwerke.“ Überhaupt sei Deutschland sehr vorbildlich, es werde jede Menge gelesen und die Buchhandlungen seien bezaubernd. Die Familie zieht es weiter, in der Einkaufstasche stapeln sich Polo-Shirts für die Kinder, ein Boss-Anzug muss noch her und Küchenausstattung von WMF.

Auf den China-Tag hat sich die Outlet-City lange vorbereitet. Eigens gedruckte Jeunesse-Broschüren weisen den Weg, des Mandarin kundige Hostessen geben Auskunft darüber, wo die nächste Toilette ist oder wie viele Prozent Sonderrabatt in den einzelnen Shops gewährt werden.

Die Organisation ist aufwendig, die Erwartung an die Umsätze groß. „Es läuft super“, sagt Isidora Muthman von der Presseabteilung der Holy AG, die die Outlet-City vermarktet. „Die wichtigsten Destinationen Deutschlands würden sich ein Bein ausreißen, um so eine kaufkräftige Gruppe zu sich zu holen“, sagt Muthmann. Sie ist glücklich, dass Metzingen den Zuschlag erhielt. Auch Armin Dellnitz, Geschäftsführer von Stuttgart-Marketing, weiß um die Bedeutung des Besuchs. „Das die größte Incentive-Reisegruppe aus China, die wir jemals in Deutschland hatten.“

Begeistert von dem gelungenen Tourismus-Coup ist auch Ursula Winterbauer. Sie arbeitet für das German Convention Bureau, eine Organisation, die den Kongress- und Tagungsstandort Deutschland international vermarktet und an den Vorbereitungen des Besuchs beteiligt war. „Das ist ein Erfolg für Deutschland“, betont Winterbauer, „wir hoffen, dass es ein guter Auftakt ist für weitere Incentive-Reisen und dass in der Presse in China gezeigt, wird, wie gut Deutschland mit so großen Gruppen umgehen kann.“