Die SPD fordert vom VVS-Aufsichtsrat eine große Tarifreform, bei der es in Stuttgart nur noch eine Zone gibt und in der Region die Sektoren wegfallen. Klar ist: Das würde teuer werden.

Stuttgart - Ohne konkrete Beschlüsse zu den Tarifen ist am Dienstag die Aufsichtsratssitzung des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) zu Ende gegangen. Nach übereinstimmenden Angaben von Sitzungsteilnehmern äußerte sich der Stuttgarter Oberbürgermeister und VVS-Aufsichtsratsvorsitzende Fritz Kuhn (Grüne) abwartend zu einer möglichen großen Tarifreform, wie sie zuletzt von der SPD gefordert worden war. „Tarifentscheidungen standen in der heutigen Sitzung nicht an“, erklärte Kuhn lediglich. Und: „Der Elfmeter wurde nicht gepfiffen.“

 

Damit spielte er auf die Aussage von Martin Körner an. Der Fraktionschef der SPD im Rathaus hatte hinsichtlich der Forderungen von CDU, Grünen und SPD aus dem Gemeinderat für nur noch eine Tarifzone in Stuttgart und aus der Region für den Wegfall der Sektorengrenzen dieser Zeitung gesagt: „Der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt. Kuhn muss ihn nur noch verwandeln.“

Einzelnen Schritte werden geprüft

In der Sitzung wurde lediglich erklärt, dass man die einzelnen Schritte für eine Tarifreform weiter prüfen werde – zumal deren Finanzierung nach wie vor ungeklärt ist. Dabei kann es um Einnahmeausfälle gehen, die bei mehr als 30 Millionen Euro jährlich liegen und die die öffentliche Hand, also die Stadt Stuttgart und die VVS-Kreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr übernehmen müssten. „Es ist klar, dass diese Maßnahmen viel Geld kosten“, hieß es nach der Tarifklausur des Aufsichtsrats Mitte Februar. Es müsse in weiteren Gesprächen geklärt werden, „wie die Vereinfachung des Tarifzonensystems finanziert werden könnte“, so damals die Erklärung.

Auch Kuhn habe in der Sitzung am Dienstag betont, dass es nicht genüge, eine Tarifreform zu fordern, die einzelnen Vorschläge müssten auch mit Geld hinterlegt werden, berichten Sitzungsteilnehmer.

Was kosten die Maßnahmen?

Zwar erklären CDU, Grüne und SPD in ihrem gemeinsamen Antrag zur Mobilität ihre Bereitschaft, „jährlich einen Millionenbetrag aus dem städtischen Haushalt in den ÖPNV zu investieren“, eine konkrete Summe nennen sie aber nicht. Je nach Ausgestaltung der Ein-Zonen-Struktur und des Preises rechnet der VVS nach internen Berechnungen mit Kosten von bis zu 14 Millionen Euro. In ihrem Antrag fordern die Fraktionen einen „Fahrpreis, der sich an dem bisherigen Preis einer Zone orientiert“. Das Einzelticket für Erwachsene für eine Zone kostet 2,40 Euro, das für zwei Zonen 2,90 Euro. In Stuttgart ist der Innenstadtbereich eine Zone, die Tarifzone 10, die Außenbezirke der Stadt sind in der ringförmigen Zone 20.

In den Kreisen kommen die Ringe 30 bis 70 hinzu, die wiederum in einzelne Sektoren untergliedert sind. Insgesamt gibt es so 52 Tarifzonen. Wenn die Sektoren in den äußeren Ringen wegfallen und es somit keine Grenzen mehr in den 30er bis 70er-Ringen gibt, rechnet der VVS mit Mindereinnahmen von 5,2 Millionen Euro pro Jahr. Davon würden Fahrgäste profitieren, die tangentiale Verbindungen nutzen (am stärksten die Relation Esslingen-Ostfildern), aber auch radiale Strecken von Vaihingen/Enz oder Nürtingen nach Stuttgart wären günstiger. Insgesamt könnten sie mit um 19 Prozent günstigeren Preisen rechnen. Weil dies mehr Fahrgäste anlocken könnte, sind Mehreinnahmen von einer bis 1,6 Millionen Euro zu erwarten, sodass der Zuschussbedarf zwischen 3,6 und 4,2 Millionen Euro liegen würde. Vertreter der Region und der Kreise fordern seit langem diese Reform, weil die Fahrten in den Außenbereichen trotz schlechterem Angebot deutlich teurer seien als in der Stadt Stuttgart.

Über diese Fragen wird in den nächsten Wochen weiter diskutiert. Das gilt auch für das Feinstaubticket, bei dem entschieden werden muss, ob und in welcher Form es fortgeführt wird. Als sicher gilt, dass das 9-Uhr-Ticket preislich attraktiver gestaltet wird. Die Beschlüsse darüber müssen – zusammen mit möglichen Tariferhöhungen – bis zum Sommer fallen, wenn sie Anfang 2018 in Kraft treten sollen.