Im September soll das rundumsanierte Marstall-Center in der Ludwigsburger Innenstadt wieder öffnen. Viele Ladenbesitzer macht das nervös.

Ludwigsburg - Bis 2012 war der Ludwigsburger Einzelhandel eine einzige Kampfzone. Das Breuningerland wollte mit allen Mitteln eine Erweiterung durchboxen, die Innenstadthändler bangten um ihre Existenz: Nachdem im Zentrum der einstige Kundenmagnet Marstallcenter am Ende war, hätte eine Breuninger-Expansion das Ungleichgewicht zu Gunsten der grünen Wiese noch verschärft. Schließlich schlug sich eine Mehrheit der Stadträte auf die Seite der Innenstadthändler und untersagte eine Erweiterung der Mall am Stadtrand. Das Kriegsbeil wurde aber erst begraben, als feststand, dass das Marstallcenter wiederbelebt wird. Seither herrscht angespannte Ruhe. Der Investor ist ausgerechnet die Hamburger ECE GmbH, die auch das Breuningerland betreibt. Im Herbst 2015 soll das erneuerte Center wieder öffnen – gut möglich, dass dann die Karten im Ludwigsburger Handel wieder neu gemischt werden.

 

Viele Ladenbesitzer sind nervös, aber Carsten Gieck, der Vorsitzende des Vereins der Ludwigsburger Innenstadthändler (Luis), hält die Angst für unbegründet. „Wir sollten uns vielmehr glücklich preisen, dass das Marstallcenter wieder revitalisiert wird“, sagt der Chef eines Bekleidungshauses. „Es bringt der Innenstadt neue Größe und mehr Gewicht.“ Dennoch müsse der eine oder andere Kollege sein Konzept überdenken. Das Angebot müsse noch abwechslungsreicher werden.

„Der Norden wird gestärkt“

Die ECE werde die Innenstadt sicher nicht in die Zange nehmen, beruhigt der Ludwigsburger Wirtschaftsförderer Frank Steinert. „Man muss es eher so sehen, dass damit der Norden der Innenstadt gestärkt wird. Das Quartier rund um das Center wird endlich wieder aufgewertet.“ Allerdings räumt er ein, dass es bezogen auf die Bevölkerung grundsätzlich zu viel Verkaufsfläche in der Stadt gebe. Die Umsätze könnten aufs Ganze betrachtet also nicht zunehmen. Auch Alexander Balzer, der Manager des Breuningerlands, zählt die neue ECE-Filiale der City dazu: „Das Marstallcenter war schon einmal da, und jetzt kommt es eben wieder.“ Als Richtwert gelte: „Wer bereit ist, sich 30 bis 40 Minuten ins Auto zu setzen, um zum Einkaufen zu fahren, kommt ins Breuningerland.“ Das Marstall sei eher auf die Nahversorgung eingestellt. Das Angebot dort werde nicht im Tiefpreisbereich liegen, kopiere aber auch nicht das Breuninger-Niveau.

Ein Stück weit habe das neue Stuttgarter Einkaufszentrum Milaneo – ebenfalls ein ECE-Projekt – eine Akzentverschiebung gezeigt, meint Gieck: „Diese Malls ziehen eher die jungen Leute an.“ Das Center am Mailänder Platz unweit des Hauptbahnhofs sei tatsächlich auf ein junges Publikum zugeschnitten, bestätigt Balzer. Doch das dürfe man nicht verallgemeinern. Die Koexistenz von Innenstadthandel und Vorort-Malls sei dadurch nicht gefährdet, meint er.

Im sanierten Marstall-Center in Ludwigsburg werde sich der aktuelle Trend zur Gastronomie widerspiegeln. Ähnlich wie im Stuttgarter Milaneo werde es einen „Food-Court“ geben, sagt Gieck. „Die Leute wollen abwechslungsreiche Angebote beim Essen.“ Im Marstallcenter werde das „auch nach außen erlebbar gemacht“, ergänzt der Wirtschaftsförderer Steinert. „Wir haben da ja viele Möglichkeiten zur Kirchstraße hin und auf dem Reithausplatz.“

Überlange Einkaufsmeile

Steinert glaubt nicht an einen Staubsaugereffekt: „Das Center wird kaum Händler aus den Straßen rausholen. Von den 65 neuen Läden im Marstall kommen 90 Prozent von außen.“ Am ehesten könne es Verschiebungen bei der Wilhelm-Galerie geben, sagt er. „Es kann schon sein, dass eine Filialist meint, er hat dort mehr Raum als in der Wilhelm-Galerie“, vermutet auch Giek. Die Multi Mall Management GmbH mit Sitz in den Niederlanden, die die Galerie betreibt, gibt sich gelassen. Man fühle sich gut gewappnet, sagt eine Pressesprecherin: „Unser Branchenmix stimmt.“

Die lange Einkaufsmeile in der Ludwigsburger Innenstadt ist für Steinert hingegen ein Sorgenkind. „Mit 1,6 Kilometer ist die Strecke länger als die Stuttgarter Königstraße.“ Kein Wunder also, dass es hier Lücken gebe und nicht auf alle Zeiten Laden an Laden existieren könne. Am Schwachpunkt Schillerplatz und an der Arsenalstraße würde er gerne gegensteuern. Die Neugestaltung sei nach der Eröffnung des Martallcenters die nächste dringliche Aufgabe auf der Ludwigsburger Agenda. Darüber allerdings wird auch schon seit den neunziger Jahren diskutiert. Die Schlacht wird aber auch um das Parken geführt: 3000 kostenfreie Parkplätze im Breuningerland gegen 650 im wieder geöffneten Marstall. Die übrigen Stellplätze in der Innenstadt sind kostenpflichtig.

Sobald das Marstall fertig sein wird, steht der nächste Ladenzuwachs auf Ludwigsburger Markung an: „Eine Erweiterung des Breuningerlands ist weiterhin gewünscht“, bestätigt Balzer. Die Rede ist von 10 000 zusätzlichen Quadratmetern.