Vom Jahr 2015 an muss Deutschland Atommüll aus Frankreich und Großbritannien zurücknehmen. Baden-Württemberg hat sich grundsätzlich bereiterklärt, die politische Verantwortung zu übernehmen. Ist das Atomkraftwerk Philippsburg ein möglicher Zwischenlager-Standort?

Vom Jahr 2015 an muss Deutschland Atommüll aus Frankreich und Großbritannien zurücknehmen. Baden-Württemberg hat sich grundsätzlich bereiterklärt, die politische Verantwortung zu übernehmen. Ist das Atomkraftwerk Philippsburg ein möglicher Zwischenlager-Standort?

 

Stuttgart/Frankfurt  - Obwohl es noch kein Gesamtkonzept vom Bund zur Rücknahme aller Castoren mit Atommüll aus Frankreich und Großbritannien gibt, ist Baden-Württemberg zu einem Kompromiss bereit. Weil die Zeit davonläuft, will die Regierung in Berlin laut einem Bericht der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag) den Transport von fünf Castoren aus dem französischen La Hague so schnell wie möglich vorbereiten. Dabei werde sich Baden-Württemberg nicht querstellen, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Stuttgart.

Hintergrund: Deutschland muss vom kommenden Jahr an 26 Castoren aus den Wiederaufarbeitungsanlagen im britischen Sellafield und in La Hague zurücknehmen. Für den Transport bedarf es einer Genehmigung des Bundesamts für Strahlenschutz, die einige Vorlaufzeit beansprucht.

In einem Brief an den Energiekonzern Eon dringt der Staatssekretär des Bundesumweltministeriums, Jochen Flasbarth (SPD), laut Zeitung darauf, dass die Atomkraftwerksbetreiber „noch in diesem Monat“ eine Genehmigung für die fünf Castoren aus Frankreich „für eine Zwischenlagerung in Baden-Württemberg“ stellen. Dies gelte auch ohne letzte Klarheit darüber, was mit den 21 Castoren aus Sellafield passiert, die von 2017 an zurückgeführt werden sollen.

Der Bund sei allerdings nach wie vor gefordert, ein Gesamtkonzept für alle Atommüllbehälter vorzulegen - also auch für die jetzt zunächst ausgeklammerten Castoren, sagte der Sprecher des Stuttgarter Ministeriums der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte Angaben des Blatts. Der Plan hätte schon bis Ostern vorliegen sollen. Zudem werde noch immer ein drittes Bundesland gesucht, das Castoren aufnimmt.

Neben dem Südwesten zeigt Schleswig-Holstein Bereitschaft

Neben Baden-Württemberg hat bisher nämlich nur Schleswig-Holstein seine grundsätzliche Bereitschaft dazu erklärt - „ausgerechnet zwei Länder mit grüner Regierungsbeteiligung“, sagte der Stuttgarter Ministeriumssprecher. „Alle anderen Bundesländer, die von Parteien regiert werden, die die Kernkraft jahrzehntelang unterstützt haben, ducken sich weg und übernehmen keine Verantwortung.“

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat sich laut dem Bericht mit Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Umweltminister Franz Untersteller (beide Grüne) über das weitere Vorgehen bei der Rücknahme des Atommülls verständigt.

Als möglicher Standort für ist wiederholt das AKW Philippsburg in der Nähe von Karlsruhe genannt worden. Das Zwischenlager in dem 12 600-Einwohner-Ort am Rhein ist das nächstgelegene für Castoren, die aus La Hague auf dem Landweg nach Deutschland kommen würden. Alle sich mit einem Zwischenlager stellenden sachlichen und genehmigungsrechtlichen Fragen müsse der Bund mit dem AKW-Betreiber EnBW klären, sagte der Sprecher des Umweltministeriums. Die Landesregierung sei in die Vorbereitungen nicht involviert. In Philippsburg gibt es ebenso wie am EnBW-Standort Neckarwestheim Widerstände in der Bevölkerung gegen die Atommüll-Zwischenlagerung.