Die Themen Allianz und Verkehr bestimmten bei der Einwohnerversammlung im Bürgerforum in Stuttgart-Vaihingen den Meinungsaustausch mit Oberbürgermeister Fritz Kuhn.

Vaihingen - Wer bei der Einwohnerversammlung im Häussler-Bürgerforum einen Stuhl ergattern wollte, war gut beraten, pünktlich zu sein. Mehr als 500 Zuhörer drängten am Montagabend in den Saal, um von OB Fritz Kuhn und einer sechsköpfigen Bürgermeisterriege Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. Um direkt dabei zu sein, nahmen etliche von ihnen Stehplätze in Kauf. Dabei hatte man einen Stock tiefer eigens eine Live-Übertragung eingerichtet. Selbst den Bitten von Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt, doch wenigstens die Fluchtwege freizuhalten und die Ausweichmöglichkeiten zu nutzen, leisteten die Anwesenden nur zögernd Folge.

 

Besonders jene, die ihrem Unmut Luft machen wollen, legten Wert auf direkten Kontakt. Kaum hatte Kuhn begonnen, die naherholungsfreundliche Lage Vaihingens im Grünen zu schildern, wurden erste Buh-Rufe laut. Die Erwähnung der angedachten Seilbahnstrecke durch die Inselstraße wurde mit hämischem Gelächter beantwortet. Kuhn blieb gelassen. „Zukunft beginnt immer mit Dingen, die man sich zunächst nur schwer vorstellen kann“, stellte er nüchtern fest.

OB Kuhn möchte die Allianz in Stuttgart halten

Was die Allianz-Ansiedlung im Industgriegebiet angeht, liegen die Visionen des Oberbürgermeisters und der Projektgegner denkbar weit auseinander. Während Kuhn betonte, er wünsche den Neubau und wolle unbedingt vermeiden, dass die Versicherung ins Umland, etwa nach Sindelfingen oder Kornwestheim abwandere, fürchteten die Kritiker einen Verkehrskollaps, wenn inklusive Daimler-Zuzug 8000 weitere Arbeitnehmer den Synergiepark ansteuern. Die Antworten Kuhns blieben vage. Man arbeite mit Hochdruck an einem Verkehrskonzept. 70 Prozent der Allianzbelegschaft nutze bereits den ÖPNV, das Unternehmen wolle ein Job-Ticket einführen. Gemurmel aus dem Saal zeugte von anhaltender Skepsis.

Interessiert wurde hingegen verfolgt, was Bürgermeister Föll zu den Gewerbesteuer-Einnahmen der Stadt zu sagen hatte: „Die Allianz ist einer der zehn größten Gewerbesteuerzahler“, verriet er. „Diese zehn machen die Hälfte unserer jährlichen Einnahmen von 600 Millionen Euro aus und die Allianz ist unter ihnen meistens nicht auf dem letzten Platz.“

Rektorin fordert mehr Investitionen in Schulen

Möglichkeiten, Geld zu investieren, hat die Stadt genug. Barbara Graf, Schulleiterin des Hegel-Gymnasiums, forderte im Bürgersaal einen parteiübergreifenden „Pakt für Sanierung und Ausgestaltung der Stuttgarter Schulen“. Die eingeplanten Mittel seien zu knapp bemessen. Die Umsetzung des geplanten Schul-Campus in Vaihingen gehe nur langsam voran, die ausstehende Sanierung des Gymnasiums stehe weiter aus. Das nun ausgerechnet mit der Erneuerung der Fenster begonnen worden sei, bezeichnete sie als „Schildbürgerstreich“. Fritz Kuhn versicherte, bis zum 250. Geburtstag von Hegel im Jahr 2020 werde man einen großen Schritt weiter sein.

Der Präsident des TSV Jahn Büsnau, Heinz -Werner Maden, würde sich ebenfalls Investitionen wünschen: Der Verein hofft auf einen baldigen Ersatz des kaum noch bespielbaren Tennenplatzes, durch Kunstrasen. „Wir wissen, dass die Sportflächen in Büsnau knapp sind und dass wir etwas tun müssen“, gab Bürgermeister Martin Schairer zu verstehen. Die Kriterien für eine Umsetzung der Kunstrasenpläne will er Maden unter vier Augen erläutern.

Eine Bestandsaufnahme dessen, was die Bürger bewegt

Gut zweieinhalb Stunden dauerte der Austausch zwischen Einwohnern und Vertretern der Stadtverwaltung. Dabei kamen die geplanten Erweiterungsbauten der Fraunhofergesellschaft im Wohngebiet Birkhof ebenso zur Sprache, wie die katastrophale Parkplatzsituation im Österfeld, die vor allem dem Step angelastet wird. Auch Harald Marquardt, Vorsitzender von Kultur am Kelterberg, war gekommen, um sein Anliegen eines barrierefreien Zugangs zum Alten Friedhof zu vertreten. Trotz der Dominanz des Themas Allianz stand am Ende eine Bestandsaufnahme dessen, was die Bürger in Vaihingen bewegt. Welche Anregungen aufgegriffen werden, bleibt abzuwarten.