In der sechsten Generation führt Mathias Kloth die Gärtnerei Schuler im Heusteigviertel. Für ein buntes Stadtteilleben hält er Traditionsbetriebe für unerlässlich. Im März hat er die Gärtnerei nach sechs Monaten Umbau neu eröffnet.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Nur einmal hat es Mathias Kloth für eine längere Zeit woanders „hinverschlagen“. In München lebte er zeitweise. Ansonsten war er „immer“ in Stuttgart. „Ich bin hier im Viertel zur Römerschule gegangen, wie mein ältester Sohn jetzt auch“, sagt der gelernte Friedhofsgärtner. „Ich bin voll und ganz Stuttgarter“, fügt er hinzu. Was das für ihn bedeutet? „Ich leide auch mit dem VfB immer mit.“ Stuttgarter zu sein bedeutet für Mathias Kloth aber auch noch etwas anderes: Nämlich das Geschäft, das sein Ur-Ur-Ur-Großvater im Heusteigviertel an der Cottastraße 43 im Jahr 1862 aufgebaut hat, fortzuführen. Mit Stolz. Bis zum Jahr 2013 waren seine Eltern noch Mitinhaber der Gärtnerei Schuler. Seit 2015 führt er den Blumenladen im Stuttgarter Süden in Eigenregie gemeinsam mit seiner Frau Ylenia Kloth.

 

Der inhabergeführte Einzelhandel hat seine besten Zeiten wohl hinter sich

Rosig sieht es für den inhabergeführten Einzelhandel – vor allem in Großstädten – ja schon lange nicht mehr aus. Hohe Mieten, sinkende Kaufkraft und Konkurrenz aus dem Internet graben einzelnen Geschäften das Wasser ab und bedrohen die Existenz. Im Stuttgarter Süden ist dies nicht anders: vor allem in Heslach gibt es immer weniger Geschäfte, die nicht zu großen Ketten gehören. Das Heusteig- und das benachbarte Lehenviertel haben es da als kleine Kreativenhochburg in der Stuttgarter Innenstadt noch etwas besser. Die individuellen Geschäfte profitieren voneinander. Jedoch müssen auch diese längst froh sein über jeden großen Ankermieter im Viertel.

Auch Mathias Kloth war nicht unglücklich über den neuen Lidl zwei Straßen weiter. „Das zieht die Kunden ins Viertel“, sagt er. Und die kaufen vielleicht ihre Blumen dann auch mal bei ihm, auch wenn der Lebensmitteldiscounter selbst welche im Angebot hat und diese zu Billigpreisen verschleudert. Zum Vergleich: Ein Bund Tulpen kostet im Lidl 1,50 Euro, in der Gärtnerei Schuler 9,50 Uhr. „Unsere halten aber länger“, glaubt Kloths Ehefrau Ylenia.

Einzelhändler müssen, um überleben zu können, auf Qualität setzen, auf Regionalität. Nur so können sie sich absetzen. „Wir pflanzen nicht selbst an, aber wir kaufen nur Blumen und Pflanzen aus der Region“, sagt Ylenia Kloth.

Im Jahr 1995 machte der klassische inhabergeführte Einzelhandel, häufig Familienbetriebe, noch mehr als ein Drittel aller Einzelhändler aus, inzwischen liegt der Anteil nur noch bei lediglich zwölf Prozent. Markenläden, Filialen und große Fachmärkte erleben hingegen immer noch einen Aufschwung, große Ketten können sich die teuren Innenstadtmieten leisten. Laut dem Online-Portal Statista sank der Marktanteil traditioneller Fachgeschäfte von 24 Prozent im Jahr 2006 auf 19,7 Prozent im Jahr 2014. Dabei hängt die Lebensqualität in Städten vor allem von Kultur, Gastronomie und Geschäften ab, wie Sven Maier, stellvertretender Präsident des Handelsverbandes Baden-Württemberg, bei der diesjährigen Frühjahrspressekonferenz des Verbandes betonte.

Manche Einzelhändler retten ihre Geschäft über sechs Generationen hinweg

Unabhängiger Einzelhändler zu sein, mag schwieriger geworden sein. Aber einen Betrieb, der seit über 150 Jahren – im Jahr 2012 feierten die Kloths Jubiläum – im Familienbesitz ist, gibt niemand gerne auf. So ging es Mathias Kloth. Er führt die Gärtnerei Schuler in der sechsten Generation. Der Name stammt noch aus den Anfangszeiten, seine Großmutter war eine gebürtige Schuler. Schon als Kind ist Kloth zwischen den Blumen rumgesprungen, wie es seine beiden Kinder heute tun. „Wir sind ein Familienbetrieb durch und durch.“ Zur Ausbildung zum Friedhofsgärtner haben ihn seine Eltern keineswegs gezwungen – es war selbstverständlich für ihn. „Aber klar geht es uns nicht anders als jedem Bäcker oder Metzger, der noch in Familienbesitz ist.“

Doch klar war für ihn, dass er sich der Zeit anpassen muss. Grabpflege und Trauerfloristik, worauf seine Eltern lange noch gesetzt hatten, sei stark rückläufig. Seine Zukunft sah er deshalb mehr im Laden und im direkten Verkauf. Deshalb entschied er sich im letzten Jahr für einen größeren Um- und Ausbau. Diesen März eröffnete er nach sechsmonatiger Bauphase die Gärtnerei Schuler quasi neu. „Wir haben einen kompletten Kahlschlag gemacht“, erzählt er. Neue Elektrik, hellere Räume im Erdgeschoss und neue Sozialräume. Auch der Eingang sei neu. „Da haben wir nun mehr Licht“, sagt er. Mit der Fokussierung auf regionale Pflanzen will er sich abheben.

Auch lebt er von der Bekanntheit im Viertel. „Wir positionieren uns hier klar im Stadtteil“, sagt er. Kloth war einst auch Gründungsmitglied des HGV Der Süden, engagierte sich dort lange, bis ihm mit Familie und Geschäft die Zeit fehlte. Dafür spenden die Kloths Obst an Schulen im Bezirk und arbeiten mit der Mobilen Jugendarbeit zusammen, an deren Berufsmesse für Jugendliche aus dem Stadtbezirk sich die Gärtnerei im letzten Jahr ebenfalls beteiligt hat.

Die ganze Familie arbeitet in der kleinen Gärtnerei mit

Auch seine Ehefrau Ylenia hat ihren Beruf als Speditionskauffrau längst an den Nagel gehängt. Mit 25 Jahren begann sie eine zweite Ausbildung, zur Floristin natürlich. „Die Liebe zu Blumen hatte ich schon immer“, sagt sie. „Aber lange wusste ich nicht, ob es als Beruf etwas für mich ist.“ Nach ihrer Ausbildung in Böblingen war für sie klar, im Familienbetrieb ihres Mannes mit zu arbeiten.

Ein Plus der Gärtnerei Schuler sei – wenn sie auch etwas versteckt liege – dass es den Menschen im Viertel wichtig sei, dort einzukaufen. „Ansonsten können wir nur mit Qualität überzeugen“, sagt Mathias Kloth. Deshalb stelle er nur Fachpersonal, ein. Ab diesem Jahr bilde er wieder selbst aus. Auch wenn es mittlerweile sogar schwer sei, Auszubildende zu finden. „Man verdient eben weniger als zum Beispiel in der Automobilindustrie“, sagt er. Gärtnern sei eine schwere, körperliche Arbeit und man sei dem Wetter ausgesetzt.

Er selbst liebt genau das an seinem Beruf. Am liebsten kümmert er sich um die Grabpflege. Man betreue um die 1000 Gräber auf dem Fangelsbachfriedhof und in Herrenberg. „Die Arbeit genieße ich mit den Jahren immer mehr“, sagt Kloth. „Ich bin am liebsten selbst beim Gärtnern.“ Empfehlen kann er dies übrigens jedem, der sich gestresst fühlt: Draußen sein ohne Handy, ohne PC oder andere Kommunikationsmittel. Nur für sich und mit der Natur.