Noch vor einigen Jahren klagte auch die Plieninger Leistungsgemeinschaft (PLG) über Leerstand an der Filderhauptstraße. Nun sieht sie die Lage stabilisiert. Einzelhändler treibt dennoch die Sorge um, dass das Ladensterben wieder drohen könnte.

Plieningen - Nach 54 Jahren Arbeit sei es eben an der Zeit, sagt Kurt Matthes.. „Ich habe mit 14 Jahren angefangen, zu arbeiten“, sagt er. Da war die Welt in Plieningen wohl noch eine ganz andere. Im August soll nun ein neues Kapitel in der Geschichte des Einzelhandels im Bezirk aufgeschlagen werden. Die Metzgerei an der Filderhauptstraße, seit den 30er-Jahren am Ort, wird der Filiale eines größeren Fleisch- und Wursthändlers weichen. Kurt Matthes und seine Frau Andrea gehen in den Ruhestand.

 

Kurt Matthes betont, dass der Nachfolger die gleiche Philosophie verfolge: regionale Produkte, die auch Gesundheits- und Umweltbewussten schmecken können. Doch er sagt auch, dass die Zeiten für Familienbetriebe vorbei sei. „Plieningen ist außerdem ein schwieriges Pflaster für Einzelhändler“, fügt Kurt Matthes hinzu.

Keine Klagen bekannt

Konstantin Marmonitis von der Plieninger Leistungsgemeinschaft (PLG) verwendet dagegen das Wort „stabil“, um die Lage des Einzelhandels im Ortskern des Bezirks zu umschreiben. Das klingt so, als seien die schlechten Zeiten vorbei. Vor drei Jahren bewertete Marmonitis die Entwicklung noch anders. Besorgt zeigte er sich, als sich zu Beginn des Jahres 2013 mehrere Ladenschließungen entlang der Filderhauptstraße abzeichneten. 2016 gebe es dagegen keine leer stehenden Läden mehr. Klagen von Seiten der Mitglieder des Gewerbevereins seien ihm nicht bekannt.

Tatsächlich wollen Einzelhändler wie Klaus Riedel vom Bürobedarf- und Spielwarengeschäft Sinner auch nicht über ihren Umsatz klagen. Riedel teilt aber die Ansicht des Inhabers der Metzgerei Matthes über die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel in Plieningen. Auch er beurteilt diese als problematisch. Riedel fürchtet, dass sich das Problem des Ladensterbens mittelfristig wieder stellen könnte. Ähnlich wie Kurt Matthes sieht Riedel den Branchenmix im Plieninger Ortskern als unausgewogen an. Die Folge sei, dass viele in anderen Bezirken einkaufen würden, wo sie mehr unterschiedliche Geschäfte auf einem Fleck finden würden. Verlass sei vor allem auf die Stammkundschaft, sagt er. „Natürlich haben wir auch immer wieder Neukunden“, fügt er hinzu.

Strukturelle Probleme

Seinem eigenen Geschäft mache der Internethandel zu schaffen. „Die Leuten schauen vorbei und bestellen dann im Internet, wo sie keine Beratung bekommen, aber es weniger kostet“, sagt Riedel. Zu diesen strukturellen Problemen der Branche käme in Plieningen hinzu, dass es an der Filderhauptstraße immer noch wenig Laufkundschaft gebe, sagt Riedel.

Sein Kollege Kurt Matthes macht auch die Verwaltung verantwortlich für eine geringe Laufkundschaft in Plieningen. Eine halbe Stunde dürfte jeder auf den öffentlichen Parkflächen entlang der Filder-hauptstraße parken. Wer die Zeit nicht einhält, bekomme es regelmäßig mit Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung zu tun, die in Plieningen ihre Knöllchen verteilen. Er habe oft beobachtet, dass sich jemand in der Metzgerei etwas zum Essen gekauft und sich dann über den Strafzettel geärgert hat. „Wenn das Leberkäsbrötchen deshalb ziemlich teuer wird, kommt der Kunde kein zweites Mal“, sagt Matthes.

Angemessenes Vorgehen

Die Verwaltung verweist auf die Brötchentaste, die ja 30 Minuten kostenfreies Parken ermögliche. Diese sei auch eine Kulanz für den Einzelhandel und sollte für kurze Erledigungen, wie etwa ein Leberkäsbrötchen zu kaufen, ausreichen, sagt Joachim Elser von der Verkehrsüberwachung. Kritik an vermeintlich überkorrekten Mitarbeitern seiner Behörde weist Elser zurück. „Regeln sind nun einmal Regeln“, sagt er.

Guido Opinc ist im Moment zu beschäftigt, um sich Gedanken über das geschäftliche Umfeld seiner neuen Eisdiele „Eisschnuppe“ zu machen. Eröffnet hat er den neuen Laden an der Filderhauptstraße im regnerischen und kühlen Frühjahr. Einige Monate später ist der Sommer doch noch heiß geworden, und das ist gut für Opincs Geschäft. „Das ist unsere erste Saison, und unsere Erwartungen wurden erfüllt“, sagt er. Eine Einschätzung zur Lage des Einzelhandels in Plieningen abzugeben, hält der Inhaber der „Eisschnuppe“ für zu früh. „Wir haben viele Kunden, die von außen kommen, weil ihnen unser Eis gut schmeckt“, sagt Opinc. Ob diese allerdings nach dem Eisschlecken auch noch in Plieningen einkaufen würden, könne er auch nicht sagen.