Die letzten verbliebenen Einzelhändler der Calwer Passage in Stuttgart klagen über mangelnde Kommunikation und Konzeptlosigkeit des Vermieters. Sie machen nun an anderer Stelle weiter.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Wenn Cornelia Wickart über die Calwer Passage redet, wechselt ihre Stimmung zwischen Wut und Sarkasmus hin und her. Cornelia Wickart hat 31 Jahre lang den Einzelhandel Alpinsport Bergland an der Calwer Straße betrieben. Ende Juni zieht das Fachgeschäft für alpine Sportbekleidung um in den Stuttgarter Westen.

 

Alpinsport Bergmann war für die Calwer Passage das, was man im Makler-Deutsch neudeutsch einen Anker-Mieter nennt. Cornelia Wickart ist aber nicht nur Einzelhändlerin, ihre Herz hängt an der Calwer Passage. Der Niedergang des aus der Zeit gefallenen Einkaufstempels macht ihr zu schaffen. „Schon unter dem alten Besitzer der Passage, der Württembergischen Lebensversicherung, hat der schleichende Verfall begonnen. Am Anfang war der Mietermix gut, doch dann kamen die Nagelstudios und die Wärmekabinen“, erinnert Wickart sich. Cornelia Wickart ist keine, die einem schleichenden Verfall tatenlos zusehen würde. Der Württembergischen präsentierte sie vor einigen Jahren ein Konzept für die ganze Passage. Ihr schwebte eine Sportpassage vor, ein Hochschulprofessor hatte ihr bei der Ausarbeitung des Konzepts geholfen. Die Württembergische hatte an Wickarts Ideen kein Interesse, stattdessen verkaufte die Lebensversicherung das Relikt vergangener Konsumtage im Sommer 2013 lieber an die Ferdinand-Piëch-Holding.

Einzelhändlerin lässt kein gutes Haar an der neuen Vermieterin

Die Ferdinand-Piëch-Holding, die in Stuttgart unter anderem Feinkost Böhm betreibt, kündigte nach der Übernahme an, dass sie die Calwer Passage weiterentwickeln wolle, wie es in der Sprache der Immobilienbranche heißt. Von einer Weiterentwicklung hat Cornelia Wickart nichts mitbekommen. Im Gegenteil: Sie lässt am neuen Besitzer der Calwer Passage kein gutes Haar. Stattdessen klagt sie über mangelnde Kommunikation, über eine Hinhaltetaktik und wirft ihrem aktuellen Vermieter vor, kein Konzept für die Passage zu haben. „Mir hat in der Zusammenarbeit von Anfang an der gute Stil gefehlt: Nachdem die Piëch-Holding die Calwer Passage übernommen hatte, dauerte es bis Dezember, bis wir den ersten Formbrief bekamen. Inhalt des Briefs waren die Kontodaten, wohin wir künftig die Miete überweisen sollten“, sagt Wickart. Kurz danach habe sie die Kündigung zum 30. September 2014 erhalten. „Seitdem hatte ich versucht, wegen der Fortführung des Mietverhältnisses Gespräche mit dem neuen Besitzer zu führen“, so Wickart weiter. „Wir zahlen hier 15 000 Euro Miete im Monat in einer Wüste, in die sich fast kein Kunde verirrt. Weder auf den Wunsch nach Mietminderung noch auf meine Frage hin, wie die Zukunft der Passage aussehen könnte, habe ich je eine Antwort bekommen“, sagt Wickart.

Die Piëch-Holding lässt Anfragen unbeantwortet

Nicht viel besser erging es den Betreibern des Tee-Fachgeschäfts Teapot. Den Laden-Inhabern wurde erst versprochen, sie in das künftige Konzept der Passage zu integrieren, ehe vor wenigen Wochen dann auch diesem Einzelhandel gekündigt wurde. Teapot-Betreiber Uwe Kimme will sich zur Calwer Passage am Telefon zuerst gar nicht äußern: „Ich habe die Nase voll von diesem ganzen Hin und Her und mit der Calwer Passage abgeschlossen“, um dann aber doch folgende Sätze hinterherzuschieben: „Ich bin keiner, der im Nachhinein in Schimpftiraden verfällt. Die Art und Weise, wie wir hingehalten wurden, wie bei uns Erwartungen geweckt, die am Ende nicht gehalten wurden, ist aber nicht in Ordnung.“

Gerne hätte die Stuttgarter Zeitung die Ferdinand-Piëch-Holding nach ihren Plänen zur Calwer Passage und zur Auseinandersetzung mit den letzten dort verbliebenden Einzelhändlern befragt. Leider gab es weder auf eine schriftliche noch auf eine telefonische Anfrage eine Antwort des Unternehmens.

Cornelia Wickart ist genau wie Uwe Kimme nun froh, dass das Kapitel Calwer Passage zu Ende ist. Für beide Einzelhändler geht es bald an anderer Stelle weiter. Kimme hat vor zwei Jahren den Stuttgarter Teeladen an der Nadlerstraße übernommen, dort wird das Teapot-Sortiment künftig zu finden sein. Wickart macht an der Silberburgstraße/Ecke Augustenstraße weiter. Am kommenden Samstag, den 28. Juni, werden die restlichen Ausrüstungs- und Bekleidungsgegenstände am alten Standort für einen guten Zweck versteigert. Bessere Nachrichten produziert die Calwer Passage derzeit nicht.