In ­diesem Jahr fällt die Bilanz der Einzelhändler beim Weihnachtsgeschäft in Stuttgart bestenfalls durchwachsen aus – speziell in der Textilbranche. Bei 17 Grad und Sonnenschein wurden Ladenhüter aus der Winterware.

Stuttgart - Das Weihnachtsgeschäft entscheidet über Wohl und Wehe des Einzelhandels. Manche Händler machen im November und Dezember mehr als ein Viertel ihres Jahresumsatzes. Doch in diesem Jahr fällt die Bilanz bestenfalls durchwachsen aus – speziell in der Textilbranche. Bei 17 Grad und Sonnenschein wurden aus der Winterware Ladenhüter.

 

„Die Modeanbieter hatten es in diesem Jahr aufgrund der milden Witterung nicht leicht“, bestätigt Bettina Fuchs, die Citymanagerin. Aufgrund des ungewöhnlich warmen Wetters war das Adventsgeschäft daher mehr als sonst von Rabattaktionen geprägt. „Im Internethandel wie im stationären Handel ist das immer ein Zeichen, dass noch reichlich Ware übrig ist“, so Fuchs.

Kritik an den großen Ketten

Mit der Cityinitiative ist Bettina Fuchs eine Art Sprachrohr für die Stuttgarter Innenstadt. „An den Samstagen im Dezember waren erfreulich viele Menschen in der Stadt unterwegs“, sagt sie, fügt aber hinzu: „Unter der Woche hätte die Frequenz besser sein können.“ Erfreulich ist aus Sicht der Citymanagerin, dass Veranstaltungen wie die lange Einkaufsnacht vor Weihnachten von den Kunden offenbar angenommen werden. Aufgrund der zahlreichen Neueröffnungen, etwa der Einkaufszentren Gerber und Milaneo, und der starken Konkurrenz durch den Onlinehandel habe der Kunde eine immer größere Auswahl, so Fuchs. „Daher wird es immer wichtiger, das eigene Geschäft zu inszenieren.“

Kritik äußert die Citymanagerin an den großen Ketten. „Es ist unser Ziel, dass sich die Innenstadt möglichst einheitlich präsentiert – etwa beim Thema Öffnungszeiten“, so Fuchs. „Da ist es wenig hilfreich, wenn Größen wie Zara oder H&M bei einer langen Einkaufsnacht nicht alle ihre Filialen öffnen.“ Die Einkaufszentren seien da für die Kunden verlässlicher.

Mehr Besucherfrequenz in der Adventszeit

Wie wichtig das Weihnachtsgeschäft für den Handel ist, belegen die Zahlen des Handelsverbands Baden-Württemberg. „Die Umsätze liegen im November und Dezember um rund 15 Prozent, in einzelnen Branchen aber auch um bis zu 100 Prozent über dem Durchschnitt der anderen Monate“, erklärt die Hauptgeschäftsführerin, Sabine Hagmann. Im Schnitt, so Hagmann, machen Spielwarenhändler in den letzten beiden Monaten des Jahres mehr als 28 Prozent ihres Jahresumsatzes, Buchhändler knapp 24 Prozent, Händler mit Unterhaltungselektronik sowie Juweliere um die 23 Prozent. Und: „Insbesondere für die Geschäfte in den Innenstädten ist die Adventszeit so wichtig, weil auch die Besucherfrequenz wesentlich höher ist als in den anderen Monaten“, so Hagmann.

Eine Ansicht, die jedoch nicht mehr alle Händler teilen: „Das Weihnachtsgeschäft verliert kontinuierlich an Bedeutung“, berichtet Christoph Achenbach, der Geschäftsführer von Lederwaren Acker und Sprecher des Arbeitskreises Handel der Cityinitiative. „Dafür werden die Sommermonate aufgrund der wachsenden Zahl von Touristen in Stuttgart immer stärker, sodass wir am Ende des Jahres einen guten Umsatz machen“, so Achenbach. Aus seiner Sicht war die milde Witterung nicht nur für die Modebranche verheerend. „Der Handel lebt von der Stimmung“, sagt er. „Wenn es sich in den Monaten vor dem Fest nicht nach Weihnachten anfühlt und auch nicht so aussieht, bekommen wir Händler das zu spüren“, so der Geschäftsführer. Umfassende Rabataktionen hält Achenbach aber für wenig hilfreich: „Ich finde es bedenklich, da das bei den Kunden eine falsche Erwartungshaltung weckt“, sagt er. Durch das Internet sei der Preiskampf ohnehin größer geworden, so der Geschäftsführer. Die großen Rabataktionen verstärkten diese Erwartung bei den Kunden noch. Und noch eines ist eher ungewöhnlich für die Weihnachtszeit. „Der Umtausch von Geschenken ist eher langsam angelaufen“, berichtet Achenbach.

Trotz des milden Klimas herrscht Zuversicht

Einer, der in der Adventszeit kräftig mit Rabatten geworben hat, ist Thomas Benedetti, der Geschäftsführer des Kaufhofs an der Königstraße. „Wir müssen im Handel schnell reagieren – etwa auf das warme Wetter“, begründet Benedetti die Preisnachlässe. Doch die schwachen Umsätze bei Textilien habe man bei den klassischen Geschenken wie etwa Schmuck und Spielwaren mehr als wettgemacht, so der Geschäftsführer. Er bezeichnet das abgelaufene Weihnachtsgeschäft als „sehr stark“.

Trotz des ungewöhnlich milden Klimas ist auch der Präsident des Handelsverbands Baden-Württemberg, Horst Lenk, zuversichtlich, dass der Handel die selbst gesteckten Ziele in diesem Jahr erreichen wird. „Bundesweit wurde ein Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr von 2,7 Prozent prognostiziert“, so Lenk. Im Südwesten liege man traditionell ein bisschen besser als im Rest der Republik. „Daher glaube ich, dass wir einen Zuwachs gegenüber 2014 von rund drei Prozent trotz der Wetterlage erreichen können“, so der Präsident.