Die Eiskunstläuferin Carolina Kostner kämpft gegen ihre Sperre, während am Mittwoch in Stockholm die EM beginnt. Der Fall ist ungewöhnlich, weil es nicht darum geht, dass Kostner Doping vorgeworfen wird.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Die Stimmung in Südtirol ist gereizt, zumindest, wenn es neuerdings um die Vorzeigesportlerin Carolina Kostner geht. Die ist eine der erfolgreichsten Eiskunstläuferinnen der Geschichte, sie kommt aus Gröden und sie ist vor wenigen Tagen wegen Beihilfe zum Doping von der Antidopingkommission des Italienischen Olympischen Komitees (Coni) 16 Monate gesperrt worden. Das finden sie in ihrer Heimatregion zum Beispiel so: „Der Giro d’Italia ist ein rollendes Dopingfeld – und das Coni vernichtet die Karriere einer Eiskunstläuferin, weil sie die Freundin eines Gehers war, der gedopt hat“ – so wird jedenfalls der Landtagsabgeordnete Andreas Pöder im Südtiroler Nachrichtenportal „stol.it“ zitiert. Die Sperre? Sei ein Witz der unfähigen Sportfunktionärselite!

 

Das perfekte Image der Eisheiligen Carolina, die so voller Grandezza übers Eis gleitet, hat mächtige Schrammen bekommen. Der Fall ist ungewöhnlich, weil es nicht darum geht, dass Kostner Doping vorgeworfen wird. Es geht um ihren damaligen Freund Alex Schwazer. Der Olympiasieger im 50-Kilometer-Gehen von 2008 wurde kurz vor Olympia 2012 positiv auf das Blutdopingmittel Epo getestet und gesperrt. Verwickelt in den Fall ist wohl auch der aus vielen anderen Affären bekannte Arzt Michele Ferrari („Dottore Epo“).

Auch das Decken von Dopingsündern wird hart bestraft

Die italienische Antidopingkommission sah es wiederum als erwiesen an, dass Kostner das Doping ihres damaligen Lebensgefährten teils gedeckt habe, was laut des Welt-Antidopingcodes der Wada grundsätzlich so hart bestraft werden kann wie aktives Doping. Vor allem geht es um einen Vorfall vom 30. Juli 2012 in ihrer Wahlheimat Oberstdorf. „Als die Wada zu uns nach Oberstdorf zu einer nicht angemeldeten Dopingkontrolle kam, hat Carolina gesagt, ich sei in Ratschings“, sagte Schwazer, der damals in Wahrheit im Haus war, gegenüber der Staatsanwaltschaft in Bozen, die wegen Verstoßes gegen das Antidopinggesetz gegen ihn ermittelte. Im Dezember wurde Schwazer zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Sportrechtlich wurde er zunächst bis Ende 2015 gesperrt. Im Zuge der Bozener Ermittlungen könnte es noch weitere Enthüllungen geben: so stehen weitere Leichtathleten unter Betrugsverdacht wie auch der nationale Verband, der sie gedeckt haben soll.

Kostner hat unterdessen schon zugeben, in dem Fall gelogen zu haben. Sie habe aber nichts vom Doping ihres – mittlerweile – ehemaligen Freundes gewusst. Die Kommission wiederum kommt laut „Gazetta dello Sport“ in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass sie spontan aus Liebe gelogen habe – was als mildernder Umstand beim Strafmaß berücksichtigt worden sei. Die Weltmeisterin von 2012 und fünfmalige Europameisterin wird gegen die lange Sperre als Passivdoperin Einspruch vor dem Sportgerichtshof Cas einlegen.

Gut möglich, dass Carolina Kostner ihre Karriere beendet

Bei der EM in Stockholm, die an diesem Mittwoch beginnt, wird sie ihr Bronze von 2014 nicht verteidigen können – allerdings hätte sie an der EM ohnehin nicht teilgenommen: Im Juni hatte sie verkündet, dass sie sich in der Saison 14/15 auf Galas konzentrieren wolle. Die freiwillige Auszeit ist nun nahtlos zur Zwangspause geworden. Auch bei Galas, die mit den Eiskunstlaufverbänden zusammenhängen, darf Kostner nicht laufen. Selbst die Teilnahme an offiziellen Trainingsmaßnahmen ist ihr laut Wada-Code untersagt. Kostner ist eine Persona non grata im Eiskunstlaufbetrieb.

Wie es für sie sportlich weitergeht, ist offen. Gut möglich, dass sie ihre Karriere beendet. Andererseits bleibt nach Ablauf der Sperre genug Zeit, sich auf die Olympischen Spiele 2018 vorzubereiten. Kostner wäre dann 32. Aber das ist weit weg. Zunächst will sie ihren Ruf wiederherstellen.