In der früheren Eiskunstlauf-Hochburg auf der Stuttgarter Waldau finden am Wochenende erstmals die deutschen Meisterschaften statt. Peter Liebers kommt als Favorit nach Degerloch.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Die Liste ehemaliger Stuttgarter Eiskunstlaufgrößen ist etwas für Genießer fortgeschrittenen Alters: Heiko Fischer und das Traumpaar Tina Riegel und Andreas Nischwitz sind die Athleten gewesen, die den Stützpunkt auf der Waldau in den 1980er Jahren bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen würdig vertraten. Eiskunstlauf made in Degerloch war damals eine Hausnummer – und gut genug für Medaillen.

 

Nach dieser erfolgreichen Stuttgarter Ära mit vielen Höhepunkten – aber auch dem Tiefpunkt mit dem Skandal um den Trainer Karel Fajfr –, ist es ruhig geworden um den Verein auf der Waldau. Nach wie vor üben dort zwar kleine Eisprinzessinnen oder Prinzen, doch wenn es im Junioren-Alter richtig ernst wird, wandern sie oft zu den Stützpunkten in Mannheim und Oberstdorf ab. Aber an diesem Wochenende erlebt das Eiskunstlaufen auf der Waldau sozusagen eine Renaissance. Am Samstag und Sonntag finden dort in der sogenannten „Eiswelt“ die Deutschen Meisterschaften statt.

Kurios: es ist das erste Mal, dass die Titelkämpfe in Stuttgart ausgetragen werden, obwohl die Stadt eine große Vergangenheit hat. „Die Halle war ja längst in die Jahre gekommen und musste vor drei, vier Jahren saniert werden“, sagt Roland Hocker, der Chef des Organisationskomitees der Meisterschaften, und nennt die Gründe für die Nichtberücksichtigung. Der Bund und Stuttgart haben etwa zehn Millionen Euro in den Umbau gesteckt – und so hat nun die Stadt auch ein Interesse daran, eine hochkarätige Veranstaltung auf die Waldau zu holen. Bei der ersten Bewerbung gab es den Zuschlag. Am Samstag (von 15 Uhr an) und Sonntag (13 Uhr) zeigen jetzt also die besten Eiskunstläufer Deutschlands, was sie so können: Doppel-Toeloop, Dreifach-Axel und vieles mehr.

Drei Vereine organisieren eine Meisterschaft

Für Roland Hocker und seine 70 ehrenamtlichen Mitarbeiter bedeuten die Meisterschaften, die am Sonntagabend (19.30 Uhr) mit einem Schaulaufen enden, enorm viel Arbeit. Die Vereine tus Stuttgart Eissport, TEC Waldau und Stuttgarter ERC müssen dafür sorgen, dass alles reibungslos abläuft. Immer mehr Mädchen und Jungen strömen in die drei Vereine, seit die Eiswelt renoviert wurde. Die Deutschen Meisterschaften sollen nun signalisieren, dass das Eiskunstlaufen unterm Fernsehturm wieder erwacht ist und auf dem Weg nach oben befindet.

Roland Hocker freut sich über diese positive Entwicklung. „Ich hoffe, dass die Halle ausverkauft ist, etwa 600 Zuschauer haben Platz“, sagt der Organisationschef, der sich von einer gelungenen Veranstaltung verspricht, dass die Deutschen Meisterschaften später mal wieder zurückkehren. Allerdings müsse das nicht gleich im nächsten Jahr sein, denn zu oft könne er solch ein Event seinen freiwilligen Mitarbeitern, die auch den Heiko-Fischer-Pokal und andere Veranstaltungen stemmen müssen, nicht zumuten. Die drei Vereine wollen aus der Nummer „kostenneutral“ herauskommen, mehr nicht. „Wir sind sogar bereit, ein kleines Defizit aufzufangen“, sagt Hocker.

Peter Liebers kommt mit olympischem Rückenwind

Was den Sport betrifft, will sich bei den Männern Peter Liebers, der in Sotschi Achter wurde, gegen Konkurrenten wie Franz Streubel und Paul Fentz durchsetzen. „Ich hatte eine fantastische Olympiasaison, jetzt freue ich mich auf Stuttgart“, sagt er. Im Einzel der Frauen kommt es wohl zum Zweikampf zwischen Sarah Hecken und Nathalie Weinzierl. Im Paarlauf geht die fünfmalige Weltmeisterin Aljona Sawtschenko mit ihrem neuen Partner Bruno Massot an den Start – allerdings nur im Kurzprogramm und außer Konkurrenz.

Warum das? Der französische Verband sperrt Massot immer noch, weil er künftig für Deutschland starten möchte. Solche Sorgen hatten die beiden gebürtigen Stuttgarter Tina Riegel und Andreas Nischwitz zu ihrer Zeit nicht.