Elektroantriebe sollen dem Zweiradgeschäft neue Impulse geben. Audi sondiert eine Übernahme von Ducati und will damit BMW nacheifern.

Ingolstadt - Das Frühjahr ist Motorradzeit. Noch vor wenigen Jahren jedoch schienen die einst kultigen Zweiräder nicht mehr so gefragt zu sein. Vor zehn Jahren zählte das Kraftfahrtbundesamt mehr als 200 000 Neuzulassungen von Motorrädern über 50 Kubikzentimetern. 2010 wurden in Deutschland nur noch 122 519 Motorräder und Roller verkauft. Im vergangenen Jahr atmete die Branche dann etwas auf. Knapp vier Prozent auf gut 127 000 Neuzulassungen betrug das Plus. „Wir hoffen, dass das die Trendwende ist“, sagt man beim Industrieverband Motorrad (IVM).

 

Auch bei Audi glaubt man offenbar an wieder bessere Zweiradzeiten. Die VW-Tochter greift nach der italienischen Edelmarke Ducati. „Wir kommentieren keine Gerüchte“, sagt ein Audi-Sprecher wortkarg. Das Umfeld der über einen Ducati-Verkauf verhandelnden Parteien ist mitteilsamer. „Audi ist exklusiver Verhandlungspartner“, heißt es dort. Wenn die Ingolstädter dem Finanzinvestor Investindustrial ihre Tochter Ducati abkaufen wollen, könne sie kein anderer Interessent ausstechen. Aufgerufen sind Preise von 800 Millionen bis zu einer Milliarde Euro. Es geht also um keine Kleinigkeit. Ducati war wie die Branche lange ein Sanierungsfall. 2011 haben die Italiener aber bei knapp einer halben Milliarden Euro Umsatz mit 42 000 verkauften Motorrädern wieder 110 Millionen Euro operativen Gewinn erzielt. Audi-Emissäre prüfen nun die Ducati-Bücher. Binnen vier Wochen soll klar sein, ob die VW-Tochter zuschlägt.

Als Vorbild gilt der Erzrivale aus München. „BMW zeigt, dass zwei und vier Räder unter dem Dach eines Autokonzerns Sinn machen“, erkennt die Konkurrenz an. Mit ihrer in Berlin ansässigen Motorradsparte sind die Münchner die Gewinner der jahrelangen Branchenkrise. Während andere litten, jagte BMW vor allem japanischen Wettbewerbern massiv Kunden ab.

In Deutschland rangierte BMW 2011 mit fast einem Viertel Marktanteil (ohne Roller) einsam an der Spitze vor Honda, Kawasaki und Suzuki mit je rund einem Zehntel Marktanteil. 113 572 Motorräder hat BMW im bisher besten Jahr seiner Zweiradsparte weltweit verkauft und war damit auch profitabel.

„Elektromobilität auf zwei Rädern ist auch bezahlbar“

Es gibt aber einen weiteren Grund außer dem Beispiel BMW, der Motorräder für Autokonzerne interessant macht, nämlich die Elektrifizierung des Fahrens. „Auf zwei Rädern nimmt die Elektromobilität deutlich zügiger Fahrt auf als im Pkw-Sektor“, sagt IVM-Hauptgeschäftsführer Reiner Brendicke. Elektrofahrräder werden allein in Deutschland schon hunderttausendfach abgesetzt. Im Roller- und Motorradbereich soll sich die elektrische Revolution nun fortsetzen. „Elektromobilität auf zwei Rädern ist auch bezahlbar“, betont der Verbandschef. Elektroroller kosten rund 4000 Euro, Elektromotorräder gut 10 000 Euro, Elektroautos ein Vielfaches davon.

Aber es ist nicht nur der Preis. Elektromobilität wird vor allem für Metropolen entwickelt. „Auf zwei Rädern kommt man besser durch verstopfte Innenstädte und an jedem Auto vorbei“, sagt ein Vertreter der heimischen Autoindustrie. Ducati sei für Audi auch aus diesem Blickwinkel strategisch wichtig. Motorräder hätten schon wegen ihrer Vorteile als Elektrogefährt weltweit noch großes Potenzial. Zum sportlichen Markenimage von Audi würde Ducati ohnehin passen und die Italiener hätten auch eine zu Audi passende Erfahrung im Leichtbau.

Bei BMW laufen die Pläne für ein Elektromotorrad auf Hochtouren. Es basiert auf Komponenten des BMW-Elektroautos i3, das nächstes Jahr in Leipzig vom Band rollen soll. Diese Nähe schafft Synergieeffekte. Der E-Scooter von BMW soll nach dem i3 auf den Markt kommen, über 100 Kilometer Reichweite mit voller Batterie verfügen und vor allem junge Menschen ansprechen. Bei der Zweitmarke Husqvarna ist zudem ein elektrisches Geländemotorrad in Planung. Bikes der neuen Generation sind ein Beschleuniger innovativer Mobilität, meint Brendicke und hofft wie die gesamte Branche auf gute Geschäfte. Der Easy Rider der Zukunft tuckert nach dieser Vision aber nicht mehr Sprit fressend über Landstraßen, sondern elektrisch surrend durch Großstadtschluchten.