Wer mit einem Benzinauto unterwegs ist, findet die günstigste nächstgelegene Tankstelle minutenaktuell per App. Bei einem E-Mobil ist das ganz anders.

Hamburg - Geringe Reichweite, hohe Anschaffungskosten und der langwierige Ladevorgang sind drei wesentliche Hürden, die dem Siegeszug des Elektroautos im Wege stehen. Wer sein E-Mobil spontan an öffentlichen Ladesäulen auflädt, zahlt oft mehr für den Strom als im Haushalt - oder auch gar nichts.

 

Was ist das Problem?

In Deutschland gab es zum Beginn des Jahres nur 34 000 Elektroautos. Das ist weit entfernt von dem mittlerweile aufgegebenen Ziel von einer Million Elektro-Pkw bis 2020. Eine Voraussetzung für die weitere Verbreitung von E-Autos ist ein leistungsfähiges Netz von öffentlichen Ladestationen. Die Bundesregierung hat dafür 300 Millionen Euro Fördermittel bereitgestellt. Bislang werden die meisten Elektroautos in der heimischen Garage oder beim Arbeitgeber aufgeladen. Nur 10 bis 20 Prozent der Ladevorgänge entfallen auf öffentliche Ladepunkte. Doch das sollte sich ändern, wenn E-Autos massentauglich würden.

Wie kommt der Ausbau des öffentlichen Ladenetzes voran?

Zum Jahresbeginn gab es in Deutschland gut 7400 öffentliche Ladepunkte an 3200 Ladestationen, die oft zwei Ladepunkte haben. Schwerpunkt sind Großstädte und Ballungsräume. Mit dem Programm der Bundesregierung sollen 15 000 neue Ladestationen gebaut werden, davon 5000 Schnellladestationen. Tank&Rast treibt den Ausbau an den Autobahnen voran. Porsche, VW, Audi, BMW, Ford und Daimler haben ein Gemeinschaftsunternehmen für den Aufbau eines Ladenetzes an vielbefahrenen Strecken gegründet. Die Mineralölgesellschaften halten sich in Deutschland dagegen bislang weitgehend zurück. Das Netz der Stromtankstellen wird jedoch immer dichter.

Wie können E-Mobil-Fahrer die öffentlichen Ladepunkte nutzen?

In der Praxis werden die meisten E-Mobilisten nur eine oder zwei Ladestationen regelmäßig anfahren, so wie ein Autofahrer mit Otto- oder Dieselmotor seine Stammtanke hat. Er wird in der Regel einen Vertrag mit dem Betreiber der Ladestation abschließen. Oder mit seinem Stromlieferanten. Die Firma Innogy (RWE), ein wichtiger Anbieter von öffentlichem Autostrom, bietet einen Vertrag mit einem Preis von 30 Cent je Kilowattstunde Ökostrom bei genauer Abrechnung an. Das entspricht ungefähr dem Preis für Öko-Haushaltsstrom.

Und wenn ohne Vertrag eine andere Ladesäule benutzt wird?

Dann wird es schwierig und oft auch teuer. Wer einen Benziner oder Diesel fährt, kann mit einem Blick auf seine App die billigste Tankstelle in der näheren Umgebung identifizieren und füllt seinen Tank bei Shell, Aral, Esso oder Mobil mehr oder weniger zum fast gleichen Preis. Die Stromtarife an den öffentlichen Ladepunkten sind dagegen intransparent, die Preise völlig unterschiedlich, das Verfahren kompliziert. Das ergab eine Untersuchung im Auftrag des Stromanbieters Lichtblick.

Wie groß sind die Preisunterschiede?

Für Spontan- und Gelegenheitsnutzer ohne Vertrag können sie bis zu 67 Cent je Kilowattstunde betragen. Zum Vergleich: Haushaltsstrom kostet 29 Cent. Andere Anbieter liegen in diesem Bereich oder sind sogar deutlich günstiger: Bei Mainova zahlen die Autofahrer 18,8 Cent, bei den Stadtwerken Dresden 13,5 Cent. Und bei den Stadtwerken Leipzig, den Stadtwerken Düsseldorf und der RheinEnergie tankt der E-Mobilist umsonst - wegen der wenigen Tankvorgänge lohnt sich der Aufbau eines Abrechnungssystems nicht. Bei den teuren Anbietern kostet Ladestrom damit mehr als Benzin. Bei einem Preis wie Haushaltsstrom wäre ein E-Auto bei den Treibstoffkosten aktuell um 25 Prozent günstiger.

Gibt es weitere Hürden?

Jede Menge. Bei den meisten Anbietern ist eine Registrierung erforderlich. Die Kunden erhalten dann eine Tankkarte oder können eine App für ihr Smartphone herunterladen. Es können Zusatzkosten wie Parkgebühren oder für das Zahlen per SMS sowie Servicegebühren anfallen. Nicht alle Anbieter rechnen nach Kilowattstunden ab, die meisten bieten zeitbasierte Tarife an. Da die E-Autos unterschiedliche Ladegeschwindigkeiten haben, ist der Preis hier weitgehend unkalkulierbar.

Wie könnte die öffentliche Ladeinfrastruktur besser organisiert sein?

Lichtblick schlägt vor, öffentliche Ladestationen zu einem Teil des Stromnetzes zu machen und über die Netzentgelte zu finanzieren. Jeder Fahrer eines E-Mobils sollte dann jede öffentliche Ladestation nutzen können - zum Haushaltsstrom-Tarif seines Versorgers. So könnte Wettbewerb in dem Markt Einzug halten, der jetzt wesentlich von regionalen Monopolisten beherrscht wird.