Der Absatz von Elektroautos kommt nicht in Schwung und die Forderungen nach staatlichen Kaufprämien werden lauter. Die Kosten werden auf zwei Milliarden Euro geschätzt.

Berlin - An einen Termin knüpfen die deutschen Automobilmanager große Erwartungen. In den nächsten Tagen will sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit dem BMW-Vorstandsvorsitzenden Harald Krüger treffen. Thema der Unterredung ist die Frage, wie der Staat dabei helfen kann, dass mehr Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen rollen. Seit dem letzten Autogipfel im Kanzleramt Anfang Februar zeichnet sich ab, dass Regierung und Automobilindustrie einer Lösung nahe sind. Ganz oben auf der Wunschliste der Automanager steht eine Kaufprämie von 5000 Euro für Elektroautos. Die Autolobby wirbt dafür mit dem Argument, staatliche Anreize seien noch immer das beste Mittel zur Absatzförderung.

 

Vom Gespräch mit dem Bundesfinanzminister hängt für die Industrie viel ab. Schäuble gilt in der Regierung als hartnäckigster Widersacher. Dass der Minister von neuen Subventionen wenig hält, sprach er im Interview mit der Stuttgarter Zeitung von Ende Januar aus: „Es ist nicht die Aufgabe des Staates, beim Absatz von Autos behilflich zu sein“, so Schäuble. Doch der Badener weiß, wie wichtig die Automobilindustrie für Arbeitsplätze und Investitionen sind. Beim Treffen mit dem BMW-Chef will Schäuble die Argumente austauschen.

Dass gerade BMW-Chef Krüger die Verhandlungen mit Deutschlands Kassenwart übernimmt, liegt daran, dass die bayerischen Autohersteller zusammen mit der Staatsregierung in München einen Vorschlag für eine Kaufprämie ausgearbeitet haben: Danach soll eine Kaufprämie eingeführt werden, an der sich die Autohersteller zumindest mit einem symbolischen Betrag beteiligen. Über die Details werden Schäuble und Krüger sprechen. Nach den Vorstellungen der Hersteller soll sich der Staat mit 3500 Euro je Elektrofahrzeug beteiligen, die Autobauer legen dann noch 1500 Euro oben drauf. Die Hauptlast hätte bei diesem Modell wieder einmal der Steuerzahler zu tragen. Klar ist, dass die Kaufprämie die teuerste Förderung ist. Nach früheren Berechnungen der Regierung beläuft sich der Finanzbedarf bei der Einführung einer Prämie von 5000 Euro auf insgesamt zwei Milliarden Euro. Geld, das im Bundeshaushalt fehlen würde. Das gilt gerade in diesen Zeiten.

Der Finanzminister zieht die Bremse

Der Finanzminister sieht sich nicht nur wegen des Flüchtlingszustroms vielen Forderungen von Kabinettskollegen ausgesetzt. Schäuble zieht deshalb die Bremse. Noch hält die Regierung an einem Haushalt ohne neue Schulden fest. Als letzte Haltelinie gilt die Schuldenbremse im Grundgesetz. Gibt der Finanzminister allen Wünschen nach, ist die Einhaltung der verfassungsmäßigen Regeln nicht garantiert.

Doch Mahnungen zur Finanzdisziplin dringen bisher kaum durch. Um die Kaufprämie durchzupeitschen, hat sich eine machtvolle Allianz aus Wirtschafts- und Landespolitikern, Gewerkschaften und Industrie gebildet. Dass sich SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als Erster für die Kaufprämie aussprach, ist kein Zufall. Gabriel vertritt das, worüber sich Autoindustrie und IG Metall einig sind. Mit Subventionen sollen Arbeitsplätze in Deutschland gesichert werden. Die Autoindustrie spricht die Drohungen zwar leise aus, aber die Botschaft ist deutlich: Wenn der Absatz von Elektroautos in Deutschland weiterhin so schwach bleibt, stellt sich für die Manager die Frage, ob Entwicklung und Produktion ins Ausland verlagert werden. Mit diesem Hinweis werden Subventionen immer gefordert. Fest steht: In China und den USA laufen die Geschäfte mit E-Autos besser. Die Autolobby begründet dies mit staatlichen Anreizen.

Die hat auch CSU-Chef Horst Seehofer überzeugt, sich vehement für Prämien stark zu machen. Damit sind sich zwei der drei Koalitionspartner in dieser Frage einig. Die Kanzlerin schweigt noch. Angela Merkel steht bei der Autoindustrie im Wort. Sie hatte schon im Sommer 2015 versprochen, bis Ende des Jahres über staatliche Fördermaßnahmen zu entscheiden. Merkel achtete früh darauf, dass Politik, Unternehmen, Gewerkschaften und Wissenschaft bei der Einführung der neuen Antriebstechnologie an einem Strang ziehen. Vor einigen Jahren wurde die Nationale Plattform Elektromobilität gegründet, um Deutschland zum Leitanbieter und Leitmarkt Nummer eins auf der Welt zu machen. Das Ziel lautet: Bis 2020 sollen eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen rollen. Bisher sind es gerade einmal 50 000 E-Fahrzeuge.

Warnung vor einem Strohfeuer

Trotz der einflussreichen Fürsprecher bestehen in der Regierung noch Bedenken, ob die Kaufprämie sinnvoll ist. Damit werde nur ein Strohfeuereffekt erzeugt, heißt es in einem Ressort. Wenn die Prämie ausläuft, gehe der Absatz wieder zurück. „Die Kaufprämie ist nicht der Weisheit letzter Schluss“, sagt Norbert Barthle (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Barthle kann sich eher eine Sonderabschreibung für E-Dienstwagen vorstellen. Offen sei die Politik auch dafür, sich am schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur zu beteiligen. „Klar ist, dass wir mehr Gas geben wollen“, sagt Barthle. In der Regierung wird überlegt, wie Bund, Länder und Kommunen mehr E-Autos als Dienstfahrzeuge anschaffen können. Bis Anfang März soll das Regierungskonzept stehen.

Obwohl die deutsche Autoindustrie hohe Gewinne erwirtschaftet, kann sie auf tatkräftige Unterstützung der Politik zählen. Wie weit der Einfluss reicht, zeigte sich im Jahr 2009 bei der Einführung der Abwrackprämie. Mit einer Zulage von 2500 Euro je Neuwagen wurde damals ein stärkerer Einbruch nach der Finanzkrise verhindert. Die Abwrackprämie kostete fünf Milliarden Euro. Keiner anderen Branche wird diese Vorzugsbehandlung zuteil.