Der amerikanische Elektroautobauer Tesla will den Absatz in Deutschland in diesem Jahr verdoppeln. Für das neue Model 3, mit dem Tesla vom Luxussegment in den Massenmarkt vorstoßen will, liegen weltweit bereits 450.000 Bestellungen vor.

Stuttgart - Normalerweise werden Autos nicht in den besten City-Lagen verkauft. Doch Tesla scheut vor dem teuren Pflaster nicht zurück. „Es war immer unser Konzept, in die Innenstadt zu gehen, wo die Leute leben, arbeiten, sich mit Freunden treffen, shoppen gehen. Das lohnt sich absolut“, sagt Jochen Rudat, der bei Tesla Vertriebschef für Deutschland, die Schweiz und Österreich ist. Weltweit ist der 2003 gegründete kalifornische Autobauer mittlerweile an 300 Standorten vertreten, laut Rudat meist in sehr frequentierten Lagen. Weltweit kämen mehr als drei Millionen Besucher jährlich in die City-Läden des Automobilbauers.

 

Auch in Deutschland wird das Vertriebsnetz erweitert. Hier gibt es mittlerweile 18 Showrooms und Service Center. In diesem Monat kommt in Frankfurt ein Standort hinzu. In Stuttgart hatte der Autobauer bisher eine kleine Vertretung im Gewerbegebiet von Weilimdorf, die weiterhin als Werkstatt dient. Der Showroom befindet sich jetzt aber im Einkaufsviertel Dorotheenquartier am Karlsplatz. Der Verkauf läuft seit Kurzem schon, die offizielle Eröffnung wird jedoch erst an diesem Dienstag gefeiert. Der Stuttgarter Tesla Store ist nach Angaben Rudats mit 350 Quadratmetern der größte in Deutschland. Bisher stehen hier jeweils zwei Exemplare der Limousine Model S und des im vergangenen Jahr gestarteten Geländewagens Model X, die stark gefragt sind. „Wir sind mit beiden Modellen sehr, sehr zufrieden“, sagt Rudat. „Im ersten Halbjahr haben wir den Absatz verdoppelt und planen weiter in diesem Tempo.“ Obwohl das Tempo sehr hoch ist, sind die Absatzzahlen indes noch bescheiden. Von Januar bis Juli dieses Jahres sind in Deutschland 2075 Autos von Tesla neu auf die Straßen gekommen, davon 710 Exemplare des Geländewagens Model X. Damit zählt die Marke zu den sehr kleinen Anbietern. Zum Vergleich: Porsche verkaufte hier zu Lande in den ersten sieben Monaten dieses Jahres zehn Mal, Mercedes-Benz gar fast hundert Mal so viele Autos wie Tesla.

Vorstoß in den Massenmarkt

Doch das Unternehmen aus Palo Alto hat ehrgeizige Wachstumsziele: Im nächsten Jahr sollen weltweit bereits eine halbe Million, und 2020 eine Million Autos verkauft werden. Damit hätte Tesla im Eiltempo Porsche zum Ende des Jahrzehnts weit überholt und würde fast halb so viele Wagen verkaufen wie Mercedes-Benz im vergangenen Jahr – und dies ausschließlich Elektroautos.

Der Schub soll vor allem vom neuen Model 3 kommen, mit dem das Unternehmen vom Luxussegment in den Massenmarkt vorstoßen will. Der Wagen kostet 35 000 Dollar (29 450 Euro) und damit weniger als halb so viel wie ein Model S. Ende Juli hat Tesla-Chef Elon Musk die ersten Exemplare dieses Hoffnungsträgers im kalifornischen Fremont, wo die Autos produziert werden, an US-Kunden übergeben. Weltweit gibt es laut Rudat mittlerweile bereits 450 000 Reservierungen für das Model 3 und täglich kämen 1800 hinzu. Bis die ersten deutschen Kunden ihren Wagen in Empfang nehmen können, wird es indes noch bis Ende nächsten Jahres dauern.

Tesla schreibt rote Zahlen, ist aber an der Börse mehr wert als General Motors

Beim Start der Auslieferungen räumte Tesla-Chef ein, dass es alles andere als ein Spaziergang sein wird, die Produktion so stark hochzufahren. „Wir werden mindestens sechs Monate durch die Hölle gehen“, orakelte Musk. Bisher laufe bei der Produktion des Model 3 indes alles nach Plan, berichtet Rudat. „Ich bin wie meine Kollegen zuversichtlich, dass wir das schaffen werden. Wir haben ja schon einmal gezeigt, dass wir solch einen Sprung schaffen“, sagt der Vertriebsexperte. Vom ersten Tesla, dem Roadster, seien 700 Exemplare im Jahr zu einem großen Teil in Handarbeit hergestellt worden. Beim Model S seien es dann schon 20 000 Autos in industrieller Produktion gewesen, im letzten Jahr hätten fast 100 000 Wagen die Fabrik verlassen. „Zudem stimmt uns zuversichtlich, dass das Model 3 viel einfacher konstruiert ist als etwa das Model X mit seinen Flügeltüren und es viel weniger Ausstattungsvarianten gibt“, fügt der Tesla-Manager hinzu. Deshalb könne das Model 3 auch einfacher produziert werden.

Obwohl Tesla bis heute tiefrote Zahlen schreibt, ist der Elektroautobauer an der Börse mehr wert als der Autoriese General Motors. „Das ganze Geld, das wir einnehmen wird wieder in den Ausbau des Geschäfts investiert. Hätten wir nach dem Model S schon Schluss gemacht und nicht in das Model X investiert, könnten wir heute schon Gewinne schreiben“, sagt Rudat. Anstatt jetzt einen kleinen Gewinn zu schreiben, so der Automanager, wolle man aber lieber einen viel größeren Gewinn in der Zukunft erreichen. Und dies nicht nur mit Autos, sondern auch mit Solardächern und Stromspeichern.