Der Autobauer Tesla will seine Patente für Wettbewerber freigeben. Damit soll, so Tesla-Chef Musk, der Markt für Elektroautos besser in Fahrt kommen. Die deutschen Autobauer verfallen über die Meldung aber nicht in Euphorie.

Stuttgart - Der kalifornische Autobauer Tesla will seine Patente verschenken, damit der Markt für Elektroautos schneller in Fahrt kommt. „Alle unsere Patente gehören euch“, schrieb der Tesla-Chef und Mitgründer Elon Musk in seinem Firmenblog. Tesla sei gegründet worden, um den Übergang zur nachhaltigen Mobilität zu beschleunigen, so Musk. Wenn Tesla überwältigende Wagen auf die Straße bringe und dann aber den Weg hinter sich mit Landminen in Form von Schutzrechten spicke, um die Wettbewerber aufzuhalten, werde dieses Ziel nicht erreicht. Deshalb werde das Unternehmen keinen Patentstreit mit Konkurrenten führen, die Teslas Technologie nutzen wollen, kündigte Musk an.

 

Bislang produzieren die großen Autobauer nach Einschätzung des Tesla-Chefs viel zu wenige Elektroautos, um den Klimawandel wirklich bekämpfen zu können. Tesla allein könne die Erderwärmung nicht stoppen. Die wirkliche Konkurrenz gehe nicht von den Elektroautos der Wettbewerber aus, sondern von der Flut der Wagen mit Verbrennungsmotor, die jeden Tag die Fabriken verlassen. Musk plädiert für die Entwicklung einer gemeinsamen Technologieplattform für Elektroautos, von der nach seiner Meinung sowohl die gesamte Branche als auch die Welt profitieren könnte.

Elon Musk hat mit Geschäften in der IT-Branche ein Vermögen gemacht. Als Mitgründer des Bezahlsystems Paypal hat sich der 42-Jährige mit dem jungenhaften Auftreten das Startkapital verschafft, mit dem er den Autobauer Tesla und das Raumfahrtunternehmen Space X gründete.

Ramschanlage oder gefragter Partner?

Tesla gilt heute als Technologieführer unter den Elektroautoherstellern und hat in der Autobranche schon mehrfach mit einer unkonventionellen Vorgehensweise Furore gemacht. Der Autobauer hat seine Batterietechnik, die eine im Wettbewerbsvergleich ungewöhnlich große Reichweite ermöglicht, aus handelsüblichen Computer-Akkus entwickelt.

Sein einziges Modell, die Oberklasselimousine Model S, ist stark gefragt. In diesem Jahr soll der Absatz auf rund 40 000 Wagen verdoppelt werden. Bis zum Ende des Jahrzehnts wird mit zusätzlichen Modellen, wie etwa einem Geländewagen, ein Absatz zwischen 250 000 bis 500 000 Wagen angepeilt. Aufsehen erregte vor einiger Zeit, dass das kleine Unternehmen in Deutschland im Alleingang ein Netz von Ladesäulen entlang von Autobahnen aufbaut. Zudem hat Tesla angekündigt, eine riesige Batteriefabrik bauen zu wollen.

Während eine Ratingagentur Tesla kürzlich als riskante Anlage auf Ramschniveau bewertet hat, gilt das Unternehmen bei Autobauern als gefragter Partner. Sowohl Toyota als auch Daimler sind an Tesla beteiligt. Daimler hat die Beteiligung im Laufe der Jahre allerdings auf nun noch vier Prozent verringert und hat im Zuge dieses Abbaus der Beteiligung im Juni auch seinen Sitz im Verwaltungsrat verloren. Tesla liefert den Antriebsstrang für die neue B-Klasse von Mercedes-Benz mit Elektroantrieb, die gerade auf dem US-Markt startet und im Herbst auch in Europa angeboten wird. Für Daimler ergebe sich durch die Freigabe der Patente keine Änderung, weil man ja schon seit Längerem zusammenarbeite, sagte ein Sprecher des Stuttgarter Unternehmens. Generell begrüße man jedes Engagement, das die Elektromobilität voranbringe.

Ähnlich äußert sich auch ein BMW-Sprecher. BMW-Manager haben sich in dieser Woche mit Tesla-Managern zu einem Gedankenaustausch getroffen. Dabei sei es aber nicht um konkrete Projekte gegangen, sondern generell um die Förderung der Elektromobilität. Von der Offenlegung der Tesla-Patente verspricht sich BMW keine Vorteile, weil die Bayern bei ihrem Antriebskonzept einen eigenen Weg verfolgen. Wissenschaftler indes äußern sich teilweise geradezu euphorisch über den Vorstoß von Tesla. Ferdinand Dudenhöffer, der Leiter des Forschungsinstituts CAR in Duisburg, wertet Musks Angebot als „genialen Schachzug“. Tesla sei Technologieführer und setze nun auf die Chance, den technischen Standard im Bereich der Elektromobilität zu definieren. Auch Dudenhöffers Kollege Stefan Bratzel vom Center for Automotive Management in Bergisch Gladbach vermutet, dass es Tesla darum geht, die „Definitionsmacht“ in diesem Bereich zu gewinnen. Ob andere Autobauer darauf eingehen, müsse allerdings abgewartet werden.