Sicherheit vor Stromschlag ist allen wichtig. Doch viele Käufer vertrauen bei Elektrogeräten den falschen Gütesiegeln.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)
Stuttgart - Jeder sechste Deutsche hat bereits schlechte Erfahrungen mit Elektrogeräten gemacht. Viele Verbraucher vertrauen zudem nichtssagenden Gütesiegeln. Das zeigt eine repräsentative Studie des VDE-Instituts. Bei der Sicherheit von Elektrogeräten gilt Deutschland als weltweit führend; darauf ist VDE-Chef Hans Heinz Zimmer ziemlich stolz. Denn sein Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informatik vergibt seit 90 Jahren das bekannte dreieckige VDE-Zeichen, das garantiert, dass ein Produkt die strengen Kriterien des VDE-Prüfinstituts erfüllt.

Jetzt allerdings geht der Verband in die Offensive. "Auch in Deutschland sind zu viele unsichere Plagiate und Billigprodukte auf dem Markt", kritisiert der VDE-Experte Bernd Franke. Kurzschlüsse, durchgebrannte Kabel, defekte Stecker - solche Mängel kennen immerhin 17,4 Prozent der Bundesbürger aus eigener Erfahrung. Das zeigt eine aktuelle Befragung des Instituts Ipsos im Auftrag des VDE.

VDE-Siegel kann schützen


Besonders Haartrockner, Waschmaschinen, Toaster und Herde haben demnach immer wieder gefährliche Macken. Das kann im schlimmsten Fall tödlich enden. "Jedes Jahr sterben 50 Deutsche an einem Stromschlag" , warnt Franke. Im internationalen wie im historischen Vergleich ist diese Zahl allerdings niedrig. Denn vor hundert Jahren waren die Todeszahlen auch in Deutschland noch viel höher - ein Grund, warum das VDE-Siegel eingeführt wurde.

Mehr als 100.000 Produkte nehmen die VDE-Prüfingenieure jedes Jahr unter die Lupe. "Nur jedes zweite neue Gerät kommt auf Anhieb durch den Test", betont Franke. Bei anderen Produkten muss der Hersteller nachbessern, bevor er das Siegel erhält. Weltweit überwacht der VDE inzwischen zudem 7000 Produktionsstätten, mit 50 Ländern gibt es Kooperationsverträge.

CE-Kennzeichen kann sich jeder selbst ausstellen


Wer aber meint, alles stünde zum besten, irrt. Denn im europäischen Markt gibt es, bis auf wenige Ausnahmen wie Medizintechnik und Baumaschinen, keine gesetzliche Prüfpflicht für elektrische Produkte. Im Gegenteil: das bekannte CE-Kennzeichen kann sich jeder Hersteller selbst ausstellen - was aber laut VDE-Studie nur jeder dritte Verbraucher weiß. Mit dem CE-Zeichen, ohne das kein Gerät verkauft werden darf, erklärt der Anbieter lediglich, dass sein Produkt den EU-Richtlinien entspricht. "Überprüft wird die Richtigkeit dieser Angaben von den Behörden allenfalls stichprobenartig", kritisiert Franke.

Die Kritik scheint berechtigt. Denn jedes Jahr wird die Liste der gefährlichen Produkte länger, die EU-Behörden regelmäßig erstellen. Das zeigt, in welch trügerischer Sicherheit sich viele Verbraucher wiegen. Bei Kinderspielzeug zum Beispiel legen laut VDE nur 17,7 Prozent der Käufer höchsten Wert auf Sicherheit.

"Dieses Ergebnis ist erschreckend", sagt Vorstandschef Zimmer. Denn was viele Verbraucher ebenfalls nicht wissen: nur jedes fünfte Spielzeug auf dem deutschen Markt wird überhaupt von unabhängigen Prüfinstituten untersucht. Das VDE-Zeichen ist ebenso wenig vorgeschrieben wie andere Prüfsiegel. Und so sparen sich viele Importeure und Händler eben die Prüfkosten.

Prüfsiegel müssen teuer bezahlt werden


Denn natürlich arbeitet das VDE-Institut nicht umsonst. Schon für die Prüfung einer Mehrfachsteckdose werden rund 1000 Euro fällig. Bei einer Waschmaschine kostet das Siegel bereits das Zehnfache, hinzu kommen weitere jährliche Kosten für die weitere Überwachung.

Prüfsiegel sind also ein gutes Geschäft. Und so vergeben inzwischen viele Institute weitere Testate wie das GS-Signet für "geprüfte Sicherheit". Der TÜV, die Dekra und selbst Berufsgenossenschaften erteilen das Testat gegen Bezahlung. In der Branche ist es kein Geheimnis, dass der Wettbewerb unter den Prüfinstituten und unterschiedliche Untersuchungsmethoden und Standards dazu führen, dass manchmal mehr als ein Auge zugedrückt wird.