Weiter kommen mit einer Akkuladung? Dafür haben südkoreanische Forscher einen Vorschlag: Man könnte die Abfälle der Reisernte verwenden, denn darin ist viel Silizium enthalten, das auch noch die Nanoporen aufweist, die man für Elektroden braucht.

Stuttgart - Vielleicht verhelfen die Reisbauern der Welt den Elektroautos einmal zum Durchbruch. Denn die Akkus dieser Autos sind recht schwer und reichen nicht für weite Strecken. Die bei der Reisernte als Abfall anfallenden Spelzen aber könnten die Nennladung in den in vielen mobilen Geräten vom Handy bis eben dem Elektroauto genutzten Lithium-Ionen-Akkus verzehnfachen. Wie man solche Akkus herstellt, beschreiben Jang Wook Choi vom südkoreanischen Forschungsinstitut KAIST (Korea Advanced Institute of Science and Technology) in Daejeon und seine Kollegen in der Fachzeitschrift „Proceedings“ der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften.

 

Die negative Elektrode in diesen Akkus besteht heute meist aus Grafit, jedes Gramm dieses Energiespeichers speichert eine Ladung von rund 370 Milli-Amperestunden. Ersetzt man Grafit durch Silizium, lassen sich dagegen theoretisch rund 4000 Milli-Amperestunden pro Gramm erreichen. Allerdings sinkt die Kapazität eines solchen Akkus bei jedem Ladezyklus, weil die Kathode dabei bis zu 300 Prozent anschwillt und dann wieder schrumpft. Dabei entstehen Risse in der Elektrode, die so immer schlechter funktioniert.

Forscher am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung in Oldenburg versuchen daher ähnlich wie etliche Kollegen in aller Welt, in aufwendigen Verfahren solche Elektroden nicht mehr aus solidem Silizium, sondern aus einem Material mit winzigen Nanostrukturen herzustellen, die solche Größenschwankungen viel besser verkraften. Grundmaterial für solche Elektroden ist normalerweise Silizium aus der chemischen Industrie. Jang Wook Choi dagegen stellt solche Silizium-Elektroden mit Nanostrukturen aus den Spelzen von Reiskörnern her.

Schon ein Prozent der Ernteabfälle würde genügen

Solche Spelzen hüllen die reifenden Körner auf der Pflanze ein und schützen sie vor Angriffen von Insekten und Bakterien. Um den Attacken wirkungsvoll zu trotzen, bestehen die Spelzen zu rund 20 Prozent aus dem harten Material Kieselerde. Das stellt die Reispflanze aus Kieselsäure her, die sie mit ihren Wurzeln aus dem Boden holt. Im Laufe der Evolution haben die Spelzen winzige Nanoporen entwickelt. Durch sie dringt zwar Luft von außen zu den Körnern im Inneren vor, die Feuchtigkeit im Inneren kommt aber nicht durch diese Poren und bleibt so in der Pflanze.

Reisspelzen haben damit genau die Nanostruktur, die Ingenieure für Hochleistungsakkus brauchen. Da obendrein jedes Jahr fast hundert Millionen Tonnen Reisspelzen weltweit anfallen, gibt es mehr als genug Rohmaterial. Schon ein Prozent dieser Ernteabfälle genügt, um damit alle benötigten Hochleistungsakkus zu produzieren. Bisher fehlte nur eine Methode, um aus den Spelzen Elektroden zu machen. Die liefern jetzt Jang Wook Choi und seine Kollegen. Im Labor laugen die Forscher die Spelzen zunächst mit zehnprozentiger Salzsäure aus und heizen sie danach drei Stunden auf 650 Grad auf. Damit entfernen sie die organischen Bestandteile der Spelzen wie Zellulose und Lignin, sowie in den Pflanzenzellen vorhandene Metalle. Sie erhalten 99,92 Prozent reine Kieselerde.

Anschließend entfernen sie den Sauerstoff aus der Kieselerde: Sie verdampfen Magnesium bei 850 Grad, das in alle Poren der Kieselerde eindringt und sich dort mit dem Sauerstoff zu Magnesiumoxid verbindet. Mit Salzsäure wandeln die Forscher das Magnesiumoxid in Magnesiumsalz um, das sich in Wasser löst und so gut entfernt werden kann. Übrig bleibt 99,5 Prozent reines Silizium, in dem nach wie vor die Nanostrukturen der Spelzen vorhanden sind.

Hüllen Jang Wook Choi und seine Kollegen dieses Silizium dann in Kohlenstoff ein, haben sie eine Elektrode, die mit 1615 Milli-Amperestunden pro Gramm die Ladung herkömmlicher Lithium-Ionen-Akkus immerhin vervierfacht. Noch handelt es sich zwar um ein reines Laborverfahren, das noch nicht für den Massenmarkt tauglich ist. Doch wenn das gelingen sollte und damit die Nennladung verbessert wird, könnten Notebooks, Handys und Elektroautos mit dem bisherigen Akkugewicht erheblich länger laufen.