Kultur: Tim Schleider (schl)
Ihr Verlag Droemer Knaur führt Sie auf seiner Webseite in der Abteilung „Humor und Charme“.
Damit habe ich überhaupt kein Problem. Im Gegenteil, ich sehe mich sehr gern als Autorin von Unterhaltungsliteratur, weil man die Leser damit wirklich glücklich machen kann. Mich ärgert nur die Missachtung dieses Genres in den Feuilletons.
Ihre Romane gelten den meisten Kritikern so ein bisschen als Comedy in gedruckter Form.
Man sollte nicht glauben, dass gute Unterhaltungsliteratur keine hohe Professionalität erfordere, kein Erzählvermögen, kein Form- und kein Stilgefühl. Diese Überheblichkeit gibt es besonders in deutschen Medien. Im englischsprachigen Raum sieht das ganz anders aus. Alle wichtigen Neuerscheinungen auch aus diesem Genre werden im Literaturteil des London „Guardian“ zuverlässig besprochen. Nur bei uns werden die Augenbrauen hochgezogen.
Nun gibt es bei Unterhaltungsromanen tatsächlich enorme Qualitätsunterschiede.
Bei Walser und Grass, hab ich gehört, soll auch nicht alles für die Ewigkeit sein.
Dass Sie jedenfalls hohe Qualitätsansprüche haben, wissen Ihre Leser sehr wohl. Warum hängt für Sie die Latte so hoch?
Das ist mein Elternhaus, Sprache und Sprachen spielten dort eine große Rolle. Mein Vater war Geschäftsführer beim Ehapa-Verlag, übersetzte die „Asterix“-Comics aus dem Französischen ins Deutsche. Beim sonntäglichen Mittagessen bezog er uns mit ein, da wurde an jedem Satz gefeilt. Sprache war ein Schatz, den man nicht sinnlos vergeudete. So bin ich geprägt, so sitze ich dann heute an meinem Computer und ringe mit mir. Der Leser soll davon natürlich nichts merken, am Ende muss es locker und lustig rüberkommen. Ich sage immer, Schreiben ist wie Kehrwoche, man muss immer nochmal drübergehen.
Ihr neues Buch „Kleine Verbrechen erhalten die Freundschaft“ geht zwar wieder von Stuttgart aus, führt den Leser aber dann doch deutlich über den Limes hinaus. Steckt dahinter Programm?
Dahinter steckt zunächst mal hoffentlich eine gute Geschichte. Mir schwebte eine Abenteuergeschichte vor, die aus dem Stuttgarter Kessel herausführt, ein paar interessante, gegensätzliche Figuren, die sich zufällig begegnen und wie in einem Roadmovie unterwegs sind. Da geht’s dann quer durch Deutschland bis nach Hamburg und Hallig Hooge. Und knallen tut’s auch.
Bei Ihrem sehr genauen Blick auf die Stadt Stuttgart und seine Milieus haben sie drei Figuren gefunden, die natürlich auch wieder irgendwie schwäbisch sind, vor allem aber sehr Stuttgarterisch. Die ältere Dame Luise kommt von der Halbhöhe, der frustrierte Jan aus einer Vaihinger Wohnstraße, die dreißigjährige Sabrina aus dem Unimilieu. Wie kamen Ihnen diese drei in den Sinn?
Auf langen Spaziergängen durch den Heslacher Wald. Den Stoff habe ich natürlich von vielerlei Streifzügen durch die Stadt. Aber zu Figuren sind sie erst in meinem Kopf geworden, durch langes Brüten und Konstruieren.