Elisabeth Raether trinkt gern Alkohol: Negroni, Raki, Averna oder auch mal ein Bier. Ein Gespräch über männliche und weibliche Getränke, Trinken als Akt des Widerstands und gute Bars.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Stuttgart - Elisabeth Raether macht sich Gedanken darüber, ob Frauen und Männer anders trinken.

 
Frau Raether, gibt es so etwas wie männliche und weibliche Getränke?
Ja, die gibt es. Die weiblichen Getränke sind immer etwas leichter und süßer. Das ist in jeder Kultur so, soweit ich weiß. Das hat natürlich damit zu tun, dass Frauen körperlich weniger vertragen. Dazu kommt aber das Bild, das man von Frauen hat. Dass man ihnen nicht so viel zumuten kann. Die Sorge ist jedoch etwas übertrieben. So wenig vertragen Frauen dann auch wieder nicht.
Fühlen Sie sich in Sachen Alkohol benachteiligt?
Die Lebenswelten haben sich angenähert, Männer und Frauen haben heute ähnliche Probleme. Es gibt aber immer noch gewisse Vorurteile und Rollen, die einem zugewiesen werden. Das geht Männern natürlich auch so. Sobald mal zum Thema Alkohol und Frauen kommt, machen sich die Leute Sorgen um die Frauen. Das empfinde ich schon als eine Art der Bevormundung, diese ständige Besorgnis.
Also taugt Trinken als Akt des Widerstands?
Das versuche ich mir manchmal einzureden (lacht). Diese impliziten Erwartungen an Frauen, sich zu benehmen, nicht zu laut zu sprechen oder zu lachen, keine blöden Witze zu machen, sich nicht in den Mittelpunkt zu stellen, gibt es ja. Alkohol ist ein gutes Mittel, dies außer Kraft zu setzen. Jeder, der ein bisschen betrunken ist, kümmert sich nicht mehr so sehr um Manieren. Das empfinde ich manchmal durchaus als befreiend. Frauen ist es ja immer sehr wichtig, was andere von ihnen denken – wenn man betrunken ist, vergisst man diese Frage auch mal.
Ab welchem Alter kann man sich als Frau allein in eine Hotelbar setzen?
Bei mir hat es im Alter von so 34 Jahren angefangen. Als junge Frau hat man doch mit noch viel mehr Vorurteilen zu kämpfen, muss sich ja auch ständig sorgen, nicht ernst genommen zu werden. Die Schönheit des Alterns liegt darin, dass man ein paar Sorgen los wird.
Sie trinken auch gern alleine?
Trinken ist ein wunderbares Mittel der Entspannung. Man muss natürlich aufpassen, dass man nicht ständig trinkt. Ich glaube, dass das die meisten Leute gut im Griff haben. Ich möchte Alkoholgenuss aber nicht verharmlosen. Alkohol hat eine schädliche Wirkung auf den Körper. Es gibt ganz klare Mengen, ab wann das problematisch wird.
Woran erkennt man eine gute Bar?
Ich gehe immer in dieselbe Bar bei mir um die Ecke. Für mich ist es wichtig, dass das Konzept der Bar nicht zu aufdringlich ist. Es gab in Berlin mal diesen Trend, dass man Sand auf dem Boden ausgeschüttet hat. Absurd. Mir reicht ein Tresen, Barhocker und ein Drink, gutes Licht, Musik, die nicht nervt.
Was ist derzeit Ihr liebstes Getränk?
Ich trinke alles gern. Im Moment ist mein Lieblingscocktail Negroni. Der besteht aus Gin, Wermut und Campari. In meiner Bar in Berlin bekomme ich einen Baby-Negroni. Der ist etwas leichter.
Also ein Frauendrink.
Ja, aber davon kann ich fünf trinken.
Was ist eigentlich mit dem Morgen danach, wenn sich das Trinken schlecht anfühlt? Es gibt in Chicago eine Klinik, in der man eine Infusion bekommt, wenn man zu viel getrunken hat. Eigentlich ganz praktisch.
Der Schmerz am nächsten Tag macht das Ganze noch intensiver. Es ist ein Teil davon. Alkohol ist tatsächlich ein Gift. Man zahlt einen gewissen Preis dafür. Rausch und Reue gehören zusammen. Das entspricht dem Leben. Man tut eben Sachen, die man bereut. Zur Person

Elisabeth Raether (geboren 1979 in Heidelberg) ist Autorin und Journalistin. Bekannt wurde sich durch den Band „Neue deutsche Mädchen“, den sie gemeinsam mit Jana Hensel veröffentlichte. Eben ist ihr Buch „Die trinkende Frau“ (Piper Verlag) erschienen.