Die Gesamtelternbeirätin Sabine Wassmer bedauert, dass in der Jakobschule Schule erwachsene Flüchtlinge einziehen. Auch bei den Eltern bildet sich eine Front gegen das Vorhaben der Stadt. Doch Bürgermeister Michael Föll wirbt um Verständnis.

Stuttgart - In der Jakobschule sollen nach den Sommerferien im dritten Stock 100 Flüchtlinge in der deutschen Sprache unterrichtet werden (wir haben berichtet). Was sich nach einem formalen Vorgang anhört, hatte zuletzt hohe Wellen im Bezirksbeirat Mitte geschlagen. Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle zeigte sich emotional entrüstet: „Es muss doch möglich sein, andere Räume in Stuttgart zu finden als in einer Grundschule.“ Und Schulleiterin Claudia Dobrich-Heuer stellte öffentlich die Sicherheit ihrer Schüler in Frage: „Es geht mir um die Sicherheit und Fürsorge der Kinder, die ich so nicht gewährleisten kann“, sagte sie in der Sitzung des Bezirksbeirat Mitte vor einer Woche.

 

Was schon damals für die Bezirksbeiräte nachvollziehbar war, hat nach den jüngsten Ereignissen mit Flüchtlingen eine neue Dimension erreicht. Genannt seien nur die Vorfälle in Reutlingen, Kirchheim/Teck oder Ansbach. Gewalttaten und Sexualstrafdelikte, die den Bürgern landauf, landab Sorge bereiten. Dabei stellt die Rektorin der Grundschule klar: „Mit den Flüchtlingen hat das gar nichts zu tun. Ich will die Integration dieser Menschen in keiner Weise in Frage stellen. Doch der Schulfrieden und das behütete Miteinander in der Grundschule seien massiv gestört, wenn plötzliche fremde Männer ein- und ausgehen.“

Unterstützt wird sie von Yvonne Väth, einer Elternbeirätin der Jakobschule. Sie berichtet, dass es schon früher Probleme mit schulfremden Männern gegeben habe. Die wollten zwar nur über den Pausenhof zur Toilette, aber die Schüler verunsicherte dies dennoch. Väth: „Und jetzt holen wir uns auch noch fremde Leute ins Haus.“

Gesamtelterbeirätin mahnt mehr Kommunikation an

Nichts anderes kommt aus dem Mund von Sabine Wassmer, Gesamtelternbeirätin der Landeshauptstadt: „In und an dieser Schule herrscht doch schon genug Unruhe, warum jetzt noch mehr Unruhe stiften!?“

Auf all diese Bedenken hat nun Michael Föll (CDU) als Interims-Schulbürgermeister reagiert: „Die Volkshochschule benötigt dringend eine größere Anzahl von Unterrichtsräumen für Sprachkurse vor allem von Flüchtlingen, um diesen Menschen einen guten Start in Stuttgart zu ermöglichen.“ Denn das Erlernen der deutschen Sprache sei Grundvoraussetzung für eine gelingende Integration. Ob diese Notwendigkeit die Rektorin, vor allem aber die Eltern und Elternvertreter besänftigt? Schon vor den deutschlandweiten Ereignissen des vergangenen Wochenendes haben Eltern von zwei Schülern gedroht, ihre Kinder von der Schule abzumelden.

Jetzt kommen aus der Elternschaft weitere kritische Nachfragen: „Da unsere Tochter an der Jakobschule im September 2016 eingeschult wird, sind wir selbstverständlich ebenfalls in Sorge“, schreiben Marlen Fritz und Markus Sturm an die Verwaltung, „eine derart große Anzahl an erwachsenen, schulfremden Personen parallel zum Schulunterricht hat unserer Meinung nach nichts an einer Grundschule zu suchen, da der Schulfrieden gestört wird. Dies hat auch nichts damit zu tun, dass es Flüchtlinge sind. Die geplante Zahl von 100 erwachsenen Personen gemessen an den derzeit 200 Schülerinnen und Schülern beläuft sich auf 50 Prozent.“

Föll meint, es gebe keine Alternative

Nicht nur Rektorin Dobrich-Heuer fragt nun: „Was will man einer Schule in dieser Lage eigentlich noch alles zumuten?“ Damit meint sie nicht nur die aktuelle Lage, sondern die spezielle ihrer Schule: mitten im Leonhardsviertel. „Wir haben sowieso schon Probleme als Schule im Rotlichtbezirk“, sagt sie.

Föll wirbt mit dem Hinweis, dass es keine Alternative gebe, um Verständnis: „Alle schulischen Räume werden dringend von den Schulen selbst benötigt. Lediglich das dritte Obergeschoss in der Jakobschule steht derzeit für zwei, bis drei Jahre leer, nach dem die Kaufmännische Schule Nord dort ausgezogen ist.“ Weiter sagt er: „Dieses Geschoss ist getrennt zugänglich, so dass sich der Betrieb beider Einrichtungen während des Tages ohne Berührungen im Gebäude organisieren lässt.“ Nach der befristeten Nutzung, so der Erste Bürgermeister, stehe der Jakobschule das gesamte dritte Obergeschoss wieder zur Verfügung.

Sabine Wassmer stellen die Aussagen des Bürgermeisters nicht zufrieden. „Selbst bei einem getrennten Zugang, bewegen sich die anderen, älteren Schüler rund um das Schulgebäude und rauchen womöglich.“ Auch Fölls Ansicht, dass in Stuttgart keine weiteren Räume zur Verfügung stünden, teilt sie nicht. „Was ist mit der Friedensschule im Westen?“, fragt sie sich und fordert: „Wir müssen schauen, ob nicht andere Räume in der Stadt genutzt werden können.“

Bürgermeister Wölfe will sich die Sache vor Ort anschauen

Zuletzt gibt es Kritik an den Umgangsformen. Sowohl Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, Schulleiterin Claudia Dobrich-Heuer und Gesamtelternbeirätin Sabine Wassmer bedauern, dass das Schulverwaltungsamt ohne Rücksprache die Verantwortlichen vor vollendete Tatsachen gestellt hatten. „So etwas sollte im Sinne eines gedeihlichen Miteinanders nicht passieren“, sagt Sabine Wassmer.

Wie die Dinge liegen, hat Michael Föll auch diese Signale verstanden. Es gebe jetzt Gespräche zwischen Schulverwaltungsamt, Schulleitung und der Volkshochschule, „um einen störungsfreien Schulbetrieb sicherzustellen“.

Außerdem schickt der Interims-Schulbürgermeister einen Kollegen, um mehr Einblick zu bekommen: Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) wird sich in dieser Woche mit Dagmar Mikasch-Koethner, der Leiterin der Volkshochschule, an Ort und Stelle informieren.