VfB-Stürmer Cacau wird von Bundestrainer Joachim Löw überraschend aussortiert – vielleicht weil ihm keine Rolle mehr zugedacht war und er monatelang nur die Reservistenrolle inne hatte.

Tourettes - Diesesmal hat Cacau keine Zeit gehabt, in der Mittagspause auf seinem Cavaquinho zu spielen, diesmal musste alles ganz schnell gehen. Nach dem Essen hatte ihm der Bundestrainer Joachim Löw, vermutlich mit dem Ausdruck des größten Bedauerns, mitgeteilt, dass für ihn kein Platz mehr ist im deutschen Kader für die Fußball-EM. Anschließend packte Cacau seine Koffer – schon am Nachmittag trat der Stürmer die Heimreise nach Deutschland an, während die 23 verbliebenen Kollegen auf dem Trainingsplatz übten.

 

Neben dem Gladbacher Torwart Marc-André ter Stegen, dem Dortmunder Sven Bender sowie Julian Draxler von Schalke 04 gehört überraschend also auch Cacau zu jenen Spielern, die vom Bundestrainer aussortiert wurden. Wohl auch um angesichts der bislang so holprigen Vorbereitung keine Zeit mehr zu verlieren, hat Löw bereits gestern das endgültige EM-Aufgebot benannt, das er ursprünglich erst heute, am letzten Tag der Uefa-Nominierungsfrist, bekanntgeben wollte. Der Bundestrainer hat vorzeitig Fakten geschaffen und will sich heute zu den Gründen seiner Wahl äußern.

Monatelange Reservistenrolle

Cacau hatte bis Montag gute Gründe anzunehmen, dass ihm die vorzeitige Abreise erspart bleiben würde. Trotz seiner monatelangen Reservistenrolle beim VfB war er neben den Platzhirschen Miroslav Klose und Mario Gomez als einziger weiterer Stürmer in den erweiterten Kader berufen worden – im Gegensatz zu Spielern wie Patrick Helmes (Wolfsburg) oder Stefan Kießling (Leverkusen), die sich in der Rückrunde in prächtiger Form präsentiert hatten. Nach den Trainingslagern auf Sardinien und der ersten Woche in Südfrankreich ging Cacau bis zuletzt fest davon aus, nach der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika ein weiteres großes Turnier erleben zu dürfen. Es tue ihm gut, sagte er, das Vertrauen des Bundestrainers zu spüren.

Zum Verhängnis wurde Cacau vermutlich weniger die Tatsache, dass auch er bei der 3:5-Niederlage am Samstag gegen die Schweiz sehr unglücklich agiert und nach seiner Einwechslung zwei haarsträubende Fehlpässe ins Seitenaus gespielt hatte. Das Spiel sei „kein individuelles Schaulaufen“ gewesen, erklärte Löw hinterher, es sei „völlig falsch, einzelne Spieler aufgrund von Kurzeinsätzen zu bewerten“. Entscheidend sei vielmehr, wer der Mannschaft helfen und wer wichtige Aufgaben übernehmen könne.

Keine Aufgabe mehr

Genau das dürfte nun Cacaus Problem gewesen sein: dass ihm keine Aufgabe mehr zugedacht war. Immer lauter jedenfalls hat Löw zuletzt darüber nachgedacht, den Mittelfeldspieler Marco Reus nach ganz vorne zu ziehen. Der Gladbacher, der nach der EM zu Borussia Dortmund wechselt, hat in der abgelaufenen Bundesligasaison 18 Tore erzielt – und könnte auch die Rolle einnehmen, die ursprünglich Cacau zugedacht war: als Joker für den Notfall. „Er ist ein Spieler, der etwas bewegen kann, wenn der Raum im Angriff ganz eng ist“, sagte Löw zuletzt über Reus. Für Cacau hatte der Bundestrainer somit keine Verwendung mehr, da half alle Wertschätzung nichts, der sich der DFB-Integrationsbeauftragte beim Bundestrainer immer erfreuen durfte.

„Von Anfang an war mir klar, dass der Konkurrenzkampf um die 23 Plätze sehr hart und eng sein wird“, so ließ sich Cacau nach seiner Abreise zitieren: „Ich habe mein Bestes gegeben. Wie die jüngeren Spieler bin auch ich enttäuscht, aber ich fühle mich weiterhin als Teil der Mannschaft und wünsche ihr von ganzem Herzen, dass sie eine tolle EM spielt.“ Im Urlaub in Brasilien muss er es verfolgen.