Bevor der Kirchentag mit dem großen Gottesdienst auf dem Schlossplatz eröffnet wurde, trafen sich Vertreter aus Politik und Kirche beim Empfang der Stadt im Rathaus. Dabei war man sich mit Blick auf das Kirchentagsmotto einig: Klug ist, wer sich um das Gemeinwohl kümmert.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Es war eine Art Warmlaufen vor dem großen Eröffnungsgottesdienst am Abend, als sich am späten Mittwochnachmittag Vertreter aus Politik und Kirche zum Empfang der Stadt im Rathaus versammelten. Und offensichtlich hatte das Kirchentagsmotto „Damit wir klug werden“ alle Redner schon stark inspiriert, jedenfalls boten einige philosophisch-theologische Exkurse zum Thema Klugheit.

 

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lobt die Klugheit der Stuttgarter, dass sie seit vielen Jahrzehnten die Integration von Flüchtlingen groß schreiben und eine „starke Willkommenskultur“ pflegen. Angesichts der „humanitären Krise an den Grenzen Europas“ erweise sich diese Haltung als überaus klug. Er erklärte sich dies auch dadurch, dass die hier gut beheimateten Menschen gerade deshalb auch wüssten, „wie das ist, wenn man seine Heimat verlassen muss“.

Klug ist, wer sich um das Gemeinwohl kümmert

Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hob den guten interreligiösen Dialog in Stuttgart hervor, und definierte die „Urtugend der Klugheit“ mit dem griechischen Philosophen Aristoteles als eine Haltung, „die auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist“. Und beim Kirchentag „in dieser diskussionsfreudigen und streitbaren Stadt“ werde es auch darum gehen, ob etwa die heutige Mobilität, ob Massentierhaltung oder der Umgang mit der wachsenden Zahl von Flüchtlingen, die an Europas Grenzen ankommen, wirklich klug sei.

Der evangelische Landesbischof Frank Otfried July hofft, dass die Besucher des Kirchentages am Sonntag sagen können, dass sie in Stuttgart klüger geworden seien. Auch July unternahm eine erste Annäherung an den Begriff der Klugheit als einen „rechten Bezug zum Gemeinwohl“ und bemühte dazu den Kirchenvater Thomas von Aquin. Der Landesbischof hob als besondere Qualität des württembergischen Protestantismus die Verbindung von „Frömmigkeit und Weltgefühl, beten und diskutieren“ hervor. Und so gehörten auch Altar und Straße zusammen.

„Stuttgart – ein idealer Ort für den Kirchentag“

Kirchentagspräsident Andreas Barner sagte, Stuttgart sei „als Stadt von „Integration, Mut, Unternehmertum, Kunst und Musik ein idealer Ort für den Kirchentag“. Bis heute habe die Landeshauptstadt bei der Aufnahme von Flüchtlingen Vorbildcharakter. Für Barner bedeutet Klugheit, das „rechte Maß“ im Leben zu haben und das Unterscheidungsvermögen, „was wichtig ist und was unwichtig“.

Der katholische Stadtdekan Christian Hermes, der die Veranstaltung launig moderierte, merkte bei der Ankündigung des evangelischen Kirchenchors St. Georg aus Samara an, gegenwärtig könne man, was das Verhältnis von Russland und Deutschland angehe, „nur um Klugheit beten“. Und Hermes versäumte nicht zu erwähnen, dass Oberbürgermeister Fritz Kuhn „passend zum Kirchentag den Paternoster im Rathaus stillgelegt habe“ – was er allerdings der Katholikin Andrea Nahles zu verdanken habe.