Der frühere Staatsminister Helmut Rau hat Stefan Mappus (CDU) volle Rückendeckung gegeben – vor einer Umgehung des Parlaments seien sie nicht gewarnt worden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Wie deutlich haben die Rechtsanwälte der Kanzlei Gleiss Lutz die frühere Landesregierung vor einem verfassungsrechtlichen Risiko beim EnBW-Deal gewarnt? Diese Frage ist nach dem Auftritt von Ex-Staatsminister Helmut Rau (CDU) vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags erneut aufgeworfen worden. Rau sagte als Zeuge, er habe die Information des Gleiss-Lutz-Anwalts Martin Schockenhoff über die geplante Umgehung des Landtags nicht als Warnung verstanden. „Sonst hätten bei mir die Alarmglocken geklingelt.“

 

Der Ex-Minister betonte mehrfach, er sei kein Jurist. Ebenso wie der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) habe er sich bei der rechtlichen Bewertung auf den Rat der renommierten Kanzlei verlassen. Bei dem im Dezember 2010 besiegelten Milliardengeschäft hatte sich die Regierung auf eine Notbewilligungsklausel in der Verfassung gestützt, um den Landtag nicht vorab beteiligen zu müssen. Dieses Vorgehen, das aus Gründen der Geheimhaltung gewählt wurde, war später vom Staatsgerichtshof als verfassungswidrig verurteilt worden.

Schockenhoff sagt, er habe auf Risiken hingewiesen

Schockenhoff hatte vor dem Ausschuss gesagt, er habe sehr wohl auf die Risiken hingewiesen. Allerdings erfolgte eine solche Warnung offenbar nicht schriftlich und nur indirekt. Bei Mappus’ Vertrautem Rau kam sie nach dessen Angaben jedenfalls nicht an. Er habe die Gespräche mit dem Anwalt „beim besten Willen“ nicht als Warnung verstehen können, sagte er. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens habe er daher nicht gehabt.

Eine mögliche Ursache für die unterschiedliche Darstellung sieht Rau in Kommunikationsproblemen. „Das kann am Hörer, aber auch am Sprecher liegen.“ Wenn Schockenhoff ihn habe warnen wollen, habe er dies womöglich „nicht mit den richtigen Mitteln“ getan. „An eine Risiken- und Nebenwirkungen-Beilage erinnere ich mich nicht“, beteuerte der Ex-Minister im Ausschuss.

Zugleich bezweifelte er die Darstellung Schockenhoffs, Mappus habe sich in Kenntnis des rechtlichen Risikos für das Vorgehen entschieden. Laut dem Anwalt wollte der Ex-Premier den Weg am Parlament vorbei gehen, wenn es nur „irgendwie begründbar“ sei. Von einer solchen Vorgabe wollte Rau nichts wissen. „Ich bin mir sicher, dass er das nicht als Plan für sich entschieden hat.“ Hintergrund war die Forderung der Electricite de France (EdF) als Verkäufer, über das Geschäft dürfe nichts vorab bekannt werden.

Ende April 2010 sei das Interesse der EdF bekundet worden

Rau berichtete vor dem Ausschuss über seinen ersten Kontakt mit dem damaligen Deutschlandchef der EdF, Gerard Roth. Dieser habe Ende April 2010 in einem Vier-Augen-Gespräch das Interesse der Franzosen bekundet, Ende 2011 die Mehrheit bei der EdF zu übernehmen. Wenn Ministerpräsident Mappus der EdF ein entsprechendes Signal gebe, werde der Konzern für eine „Aufwertung“ seines für Mitte Mai geplanten Paris-Besuches sorgen. Andernfalls werde es keinen gemeinsamen Auftritt mit dem Konzernchef Henri Proglio bei einem vorgesehenen Wirtschaftsempfang in EdF-Räumen geben. Die Reise wurde später verschoben. Man sei sich einig gewesen, dass eine Mehrheit für die EdF nicht in Betracht komme, berichtete Rau. Als Mappus dies im September vor Wirtschaftsjournalisten in Frankfurt bekräftigte, habe ihm Roth sein Missfallen darüber ausrichten lassen. In den Mittelpunkt des Ausschusses rückt zusehends die Frage, ob der Kaufpreis für die EnBW-Aktien angemessen war. Rau sagte, dies habe ihm der Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley, Dirk Notheis, anhand mehrerer Parameter überzeugend dargelegt. Er bestritt zugleich, dass der Preis von 41 Euro je Aktie schon zu Beginn der Verhandlungen festgestanden habe. Notheis habe ihm vielmehr berichtet, dass darüber noch verhandelt worden sei.

Nach der Erklärung der Bank, der Kaufpreis sei von ihr nicht ermittelt, sondern nur überprüft worden, will der Ausschuss weitere Zeugen von Morgan Stanley hören. Die CDU möchte auch den Frankreich-Chef der Bank und Zwillingsbruder des EdF-Chefs, Rene Proglio, laden. Dieser könne dazu beitragen, noch offene Fragen zu klären. Grüne und SPD hatten der Investmentbank vorgeworfen, sie wolle sich aus der Verantwortung stehlen.