Die Grünen wollen den EnBW-Deal von Mappus durch einen Untersuchungsausschuss aufarbeiten lassen. Juristisch hat er aber keine Folgen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Auch nach der Regierungsübernahme halten sich die Grünen die Möglichkeit offen, den EnBW-Coup des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) durch einen Untersuchungsausschuss aufzuarbeiten. Die Fraktion habe über die Einsetzung eines solchen Gremiums noch nicht entschieden und werde dies wohl erst nach der Sommerpause tun, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Entscheidend sei, ob die offenen Fragen durch die Akten der alten Regierung geklärt werden könnten - zu denen die Grünen jetzt Zugang haben - oder ob Zeugen gehört werden müssten. Die stark gewachsene Fraktion könnte einen Untersuchungsausschuss, der von einem Viertel der Abgeordneten gefordert werden muss, alleine einsetzen.

 

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte das Gremium noch als Fraktionschef wenige Tage vor der Wahl gefordert. Damit reagierte er auf einen Bericht der Stuttgarter Zeitung, nach dem der frühere Finanzminister Willi Stächele (CDU) schriftlich dokumentiert hatte, dass er erst in der Nacht vor dem Abschluss des Milliardengeschäfts eingeweiht worden sei. Das erhärtete den Eindruck, dass Mappus den Kauf von 45 Prozent der EnBW-Aktien vom französischen Staatskonzern EdF weitgehend alleine eingefädelt hat.

SPD ist skeptisch gegenüber dem Ausschuss

"Was wir immer schon vermutet haben, verdichtet sich nun zur Gewissheit", sagte Kretschmann und verlangte den Ausschuss, "um in diese dunkle Geschichte des EnBW-Milliarden-Deals des Ministerpräsidenten Mappus Licht zu bringen". Nach dem Wahlsieg sagte der Grüne, über die Einsetzung des Gremiums müsse die neue Fraktion unter seiner Nachfolgerin Edith Sitzmann entscheiden.

Die SPD hat sich gegenüber einem EnBW-Untersuchungsausschuss bisher skeptisch gezeigt. Dieser sei "ein Instrument der Opposition" und nicht der Regierung, hieß es intern. Führende Grünen-Politiker argumentieren dagegen, das Gremium könne notwendig werden, um angesichts der zu befürchtenden Verluste aus dem Geschäft die politische Verantwortung klar herauszuarbeiten. Ihre Sorge: die Rechnung von Mappus, die Zinsen für den Kaufpreis von 4,5 Milliarden Euro aus der EnBW-Dividende zu bezahlen, könne schon bald nicht mehr aufgehen.

Mündliche Verhandlung am 6. Oktober

Eine Aufarbeitung des Milliardendeals durch die Strafjustiz wird hingegen immer unwahrscheinlicher. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte - trotz teils fundierter Anzeigen von Rechtsanwälten - mehrfach die Aufnahme von Ermittlungen gegen Mappus und Stächele abgelehnt. Diese Entscheidung war durch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart gedeckt, wie der Behördenchef Klaus Pflieger jetzt auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung sagte. Im Wege der Berichtspflicht habe die Behörde ihn und sein Haus darüber informiert, dass sie kein Verfahren einleiten werde. "Daraus können Sie ersehen, dass wir es für richtig gehalten haben", sagte Pflieger. Anschließend habe man das Justizministerium über das Ergebnis unterrichtet. Der neue Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) bestätigte diese Abläufe, ohne die Nichtaufnahme von Ermittlungen inhaltlich zu kommentieren.

Das Verfassungsgericht des Landes, der Staatsgerichtshof, hat die mündliche Verhandlung über den EnBW-Deal derweil auf den 6.Oktober verschoben. SPD und Grüne wollen dort feststellen lassen, dass sich die Regierung nicht auf ein Notbewilligungsrecht in der Verfassung stützen durfte, als sie die Milliarden für das Geschäft zunächst ohne Plazet des Parlaments bewilligte. Das Gericht hatte den Fraktionen zusätzliche Zeit gegeben, offenbar um ihre Klage nach dem Regierungswechsel zu überdenken. Sie halten aber ungeachtet der veränderten Machtverhältnisse daran fest. Als Zeugen sollen auch Mappus und Stächele befragt werden.

Keine juristischen, aber politische Folgen

Sollte der Staatsgerichtshof den EnBW-Deal als verfassungswidrig einstufen, hätte dies für sie keine juristischen Folgen. Der inzwischen zum Landtagspräsidenten gewählte Stächele müsste aber mit politischen Konsequenzen rechnen. Er wäre nicht mehr tragbar, heißt es in der grün-roten Koalition, wenn ihm das Gericht bescheinigen würde, Rechte des Parlaments ausgehebelt zu haben. Stächele hat bisher jede Äußerungen vermieden, wie er mit einem solchen Urteil umgehen würde.