Laut dem am Dienstag veröffentlichten Jahresabschluss weist die landeseigene Firma Neckarpri einen Millionenverlust aus. Sie hält die EnBW-Aktien des Landes. Anders als vom ehemaligen Ministerpräsidenten Mappus geplant sind die Zinskosten höher als die Dividende.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der EnBW-Deal von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) wird für das Land immer mehr zum Verlustgeschäft. Die Landesgesellschaft Neckarpri, die gut 46 Prozent der Aktien des Stromkonzerns hält, ist im vergangenen Jahr erstmals in die roten Zahlen gerutscht. Nachdem sie im Vorjahr dank besonderer Umstände noch einen Gewinn von 127 Millionen Euro ausweisen konnte, ist im zweiten Geschäftsjahr ein Verlust von 26 Millionen Euro angefallen. Das ergibt sich aus dem Jahresabschluss der Neckarpri zum 30. Juni 2012, der am Dienstag auf der Internetseite der Landesfirma veröffentlicht wurde. Für die beiden Folgejahre wird danach zudem mit weiteren Verlusten gerechnet.

 

Stefan Mappus hatte die Aktien für 4,85 Milliarden Euro einschließlich Nebenkosten komplett auf Pump gekauft. Den Steuerzahler werde das Geschäft gleichwohl „keinen Cent“ kosten, versprach er Ende 2010. Der Grund: die Zinsen für die beiden Milliardenanleihen sollten durch die Dividende der EnBW aufgebracht werden. Dank der Differenz zwischen den wegen der Niedrigzinsphase geringen Zinsen und der – bis dahin – höheren Ausschüttung des Energiekonzerns könne sogar ein kleine Plus herauskommen. Die schwäbische Hausfrau werde vom dem Geschäft „begeistert sein“, hatte der Ministerpräsident frohlockt.

Die Zinskosten übersteigen die Dividende

Der erste Jahresabschluss der Neckarpri sah auf den ersten Blick noch so aus, als könnte seine Rechnung aufgehen. Der ausgewiesene Millionenüberschuss war indes trügerisch: Er kam nur zustande, weil der Dividende von 1,53 Euro fürs ganze Jahr die Zinskosten für das Rumpfgeschäftsjahr von einigen Monaten gegenüberstanden. Schon damals wäre die Neckarpri wegen des stark gesunkenen Unternehmenswertes ohnehin völlig überschuldet gewesen, wenn das Land nicht eine Wertgarantie für die Aktien übernommen hätte. Zum Bilanzstichtag 2011 wurde der Wert des Pakets von Wirtschaftsprüfern auf 3,8 Milliarden Euro taxiert – rund eine Milliarde weniger als der Anschaffungspreis.

Im zweiten Geschäftsjahr mussten erstmals Zinsen für volle zwölf Monate bezahlt werden; dies ergibt Zinsaufwendungen von 115 Millionen Euro nach zunächst 51,8 Millionen Euro. Zugleich wurde die Dividende der EnBW wegen der nach Fukushima und der Energiewende schwierigen Lage des Unternehmens von einst 1,53 Euro auf 0,85 Euro gesenkt; im Kreis der Aktionäre hatte es sogar Stimmen gegeben, gar keine Dividende zu zahlen. Die Ausschüttung an das Land verringerte sich dadurch von 178,4 Millionen Euro auf nur noch 98,8 Millionen Euro. Unterm Strich bleibt durch weitere Belastungen, unter anderem den Kosten für die Schiedsklage gegen die EdF, der Verlust von 26 Millionen Euro. Er wird aus dem vorgetragenen Jahresüberschuss gedeckt, der dadurch von 127 auf 101,2 Millionen Euro sinkt. Den Unternehmenswert taxierten die Wirtschaftsprüfer mit etwa 3,6 Milliarden Euro noch einmal um rund 200 Millionen Euro tiefer als in der Bilanz 2011. Ohne technisch bedingte Sonderfaktoren wäre dieser Wertverzehr noch höher ausgefallen, heißt es im Jahresabschluss.

Die Rechnung war von Anfang an fragwürdig

Gegenüber dem Anschaffungspreis von 41,50 Euro einschließlich Dividende hat die EnBW-Aktie erheblich an Wert verloren; zuletzt sank der Kurs zeitweise auf knapp über 28 Euro. Auch für die beiden kommenden Geschäftsjahre rechnet die Neckarpri mit einem negativen Konzernergebnis. Die Zinsaufwendungen dürften weiterhin nicht vollständig durch die Dividende erwirtschaftet werden, heißt es im Ausblick. Ein „nicht unerhebliches Risiko“ bestehe zudem im Anstieg der Kreditkosten: eine der beiden Milliardenanleihen läuft nur bis 2014.

Fachleute hatten schon kurz nach dem EnBW-Deal darauf hingewiesen, dass Mappus’ Rechnung höchst fragwürdig sei: Angesichts des ganz unterschiedlichen Risikoprofils der Dividende und der Zinsen stehe die Finanzierung auf tönernen Füßen; sie grenze vielmehr an Zockerei mit Steuergeldern. Diese Warnungen haben sich nun bewahrheitet. Im EnBW-Untersuchungsausschuss des Landtags ist die Finanzierung bisher gleichwohl nicht vertieft durchleuchtet worden. Mappus könnte auch dazu befragt werden, wenn er am kommenden Freitag zum zweiten Mal als Zeuge vor dem Ausschuss auftritt.