Für die Justiz fällt unter den Untreuevorwurf längst mehr als der Griff in die Portokasse. Auch Manager und ihr Tun sind betroffen. Und nicht einmal der vermeintlich „gute Zweck“ schützt dabei vor dem Vorwurf.

Stuttgart - Wer Untreue begeht, muss mit einer Haftstrafe bis zu fünf Jahren rechnen. Laut Strafgesetzbuch veruntreut ein Täter fremdes Vermögen, wenn er es mindert oder auch nur gefährdet, obwohl er die Pflicht übernommen hat, mit ihm sorgfältig und nach den Anweisungen des Besitzers umzugehen. Dabei muss der Täter das Geld nicht in die eigene Tasche stecken; es geht nicht nur um Eigennutz. Es gibt wenige Paragrafen im Strafgesetzbuch, die so vage formuliert sind, und inzwischen keinen anderen, der von den Richtern so ausufernd interpretiert wird.

 

Untreueparagraf betrifft zunehmend Wirtschaftsgrößen

Ursprünglich galt die Strafdrohung vor allem kleinen Menschen, Bankkassierern und Hausverwaltern beispielsweise. Dann entdeckte die Justiz die Möglichkeit, mit Hilfe des Untreueparagrafen jene Wirtschaftsgrößen vor den Kadi zu zerren, die für jeden erkennbar etwas Verwerfliches getan, aber gegen keine andere Regel des Strafgesetzbuches verstoßen hatten und sonst straflos geblieben wären. Es begann die Zeit, da sich erst Manager, dann auch Vorstandsvorsitzende und Aufsichtsräte vor Gericht wegen des Vorwurfs der Untreue verantworten mussten. Manchmal wurde ihnen – wie dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im Mannesmann Prozess – am Ende noch ein Verbotsirrtum zugebilligt. Doch es ist in Deutschland auch schon ein – eigenwilliger – Unternehmer wegen Untreue verurteilt worden, der seinem Sohn einen kleinen Bruchteil des eigenen Vermögens geschenkt hat und das Geschenk unmittelbar darauf durch ein nicht nur bei ihm übliches risikobehaftetes Wirtschaften geschädigt haben soll.