Eine Chance für junge Flüchtlinge: Schüler der Vabo-Klasse der Gutenberg-Berufsschule im Stuttgarter Osten schnuppern in Ausbildungsberufe bei der EnBW.

S-Ost - Seit Beginn des Jahres bietet die Energie Baden-Württemberg (EnBW) in Karlsruhe ein Berufsintegrationsprogramm für junge Flüchtlinge aus Integrationsklassen an. Die ersten 16 Schüler konnten am Karlsruher Standort bereits ein Praktikum beginnen.

 

Das Projekt gibt es jetzt auch am Stuttgarter Sitz der Netze BW in der Stöckachstraße. Mit Schnuppertagen und einem einwöchigen Praktikum möchte das Unternehmen den Schülern einen ersten Überblick über die vielen Ausbildungsberufe verschaffen und sie für den Konzern begeistern. Bis September sollen so insgesamt 20 junge Flüchtlinge für die zwölfmonatige Einstiegsqualifizierung bei der EnBW gefunden werden. „Ziel ist es, junge Flüchtlinge und Zuwanderer fit für eine anschließende Ausbildung bei uns zu machen und somit den Grundstein für einen gelungenen Start ins Berufsleben zu legen“, sagt der Ausbildungsleiter Gerhard Heinrich.

Zwei neue Ausbilderstellen

Das Unternehmen hat eigens für das Projekt zwei neue Ausbilderstellen freigegeben. Am Donnerstag schnupperten Schüler der Vabo-Klasse (Vorqualifizierung Arbeit und Beruf ohne Deutschkenntnisse) der Johannes-Gutenberg-Berufsschule auf dem Hallschlag in die Ausbildungsberufe der EnBW hinein. In der Vabo-Klasse werden die geflüchteten Menschen aus Syrien, Afghanistan, Irak und Äthiopien auf eine Ausbildung vorbereitet.

„Im Fokus stehen der Erwerb von Deutschkenntnissen und die Vermittlung einer beruflichen und lebenskundlichen Basiskompetenz“, erklärt die Lehrerin der Integrationsklasse, Ayla Akyüz. Das seien die ersten wichtigen Schritte zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration. Viele der jungen Menschen seien hoch motiviert, fügt ihre Kollegin Kathrin Knödler hinzu. „Manche haben nach nur zwei Monaten Deutsch gelernt“, sagt sie.

Viel Freude in der Schule

So wie der 21-jährige Safyan aus dem Irak. Der junge Mann lebt seit etwas mehr als einem Jahr in Deutschland und hat bereits ein Praktikum in einer Autowerkstatt absolviert. „Ich würde gerne Kfz-Mechaniker werden“, sagt er. Die Schule bereite ihm viel Freude, die Praxis komme allerdings etwas zu kurz.

Nachwuchskräfte sind gesucht

Das ist beim Schnuppertag anders. Die Schüler erfahren nicht nur allerhand Wissenswertes, etwa woher der Strom aus der Steckdose kommt, welche Energiequellen genutzt werden können oder was denn eigentlich Kraftwerke sind. Sie kommen auch hautnah und live in Berührung mit den vorgestellten Ausbildungsberufen: Anschauen, Anfassen, Ausprobieren heißt es beim Rundgang durch alle technischen Lehrabteilungen des Konzerns. Die Ausbilder Ellen Bauer und Robin Schmider erklären, welche Aufgaben die Lehrlinge in ihrer Ausbildung haben und was sie an Qualifikationen mitbringen müssen. „Mathe und Physik sind sehr wichtig“, erklärt Robin Schmider. „Aber es ist alles machbar,“ betont er.

Zu den Lieblingsfächern der Werksgäste zählen diese Naturwissenschaften nicht unbedingt. Die Stärken des 18-jährigen Bekam aus Äthiopien liegen eher in Deutsch, Biologie, Geografie und Englisch. „Aber ich will gerne Mechatroniker werden oder in einem IT-Beruf arbeiten“, sagt er. Deshalb will er sich nun mehr anstrengen. „Das alles hier zu sehen, motiviert mich sehr, ich will endlich arbeiten“, so Bekam.

Hochmotivierte Azubis mit Lerneifer und Interesse am Job sucht der EnBW-Konzern händeringend. „Wir brauchen dringend junge Nachwuchskräfte“, sagt Gerhard Heinrich. Die Ausbildungszahlen sinken laut Heinrich kontinuierlich. Um diesem Abwärtstrend entgegenzusteuern, spricht die EnBW deshalb neue Zielgruppen an: Studienabbrecher, Hauptschüler und eben auch Flüchtlinge. „Wir sehen das als große Chance für uns“, sagt Heinrich. Die Schnuppertage und das Praktikum dienten auch dazu, späteren Frustrationen vorzubeugen. Und als die Schüler auch endlich selbst an die Geräte ran dürfen, kennt die Faszination keine Grenzen mehr.