Grün-Rot und die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke wollen als EnBW-Großaktionäre gut kooperieren. Angeblich will OEW seinen Anteil erhöhen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Beim Energiekonzern EnBW soll es nach dem Regierungswechsel keine Konfrontation zwischen den beiden Großaktionären geben. Entsprechenden Befürchtungen sind sowohl die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) als auch Spitzenvertreter der künftigen grün-roten Koalition entgegengetreten. Das Land und die OEW, die derzeit jeweils 45,01 Prozent der Unternehmensanteile halten, wollten auch in Zukunft partnerschaftlich zusammenarbeiten, hieß es auf beiden Seiten.

 

Anlass der Beteuerungen war ein Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag. Danach plane der Zweckverband OEW, seinen Anteil an der EnBW auf mehr als 50 Prozent aufzustocken und somit mehr Einfluss als das künftig grün-rot regierte Land zu haben.

Umgekehrt gebe es bei den Grünen Überlegungen, den Landesanteil auf mehr als 50 Prozent aufzustocken, berichtete die FAZ, ohne Quellen zu nennen. Die Nachrichtenagentur dpa ergänzte, diese Darstellung werde in CDU-Kreisen bestätigt.

Großaktionäre sollen auf Augenhöhe bleiben

Die OEW reagierte darauf mit der Erklärung, man setze "auf ein faires und partnerschaftliches Miteinander" mit der neuen Landesregierung. "Zu weiteren Spekulation nehmen wir keine Stellung." Die Geschäftsführerin Barbara Endriss bestätigte zwar Überlegungen, den OEW-Anteil aufzustocken, stellte diese aber in einen völlig anderen Zusammenhang. Hintergrund sei das derzeit laufende Übernahmeangebot des Landes an die freien Aktionäre, ihre Anteile zum Preis von 41,50 Euro zu übernehmen - so viel, wie das Land auch der Électricité de France (EdF) bezahlt hatte.

Die erste Frist dazu war am 18. März abgelaufen; bis dahin waren dem Land nach der letzten offiziellen Mitteilung 2,34 Prozent der Aktien angedient worden. Eine Nachfrist endet am 6. April, also am Mittwoch nächster Woche. Laut Endriss haben sich die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke vom Land das Recht einräumen lassen, die Hälfte dieser zusätzlichen Anteile zu übernehmen. Darüber werde die Verbandsversammlung am Freitag nächster Woche entscheiden.

Die im Übernahmeangebot veröffentlichte Klausel soll sicherstellen, dass die beiden Großaktionäre auch nach dem Aufkauf weiterer Aktien auf Augenhöhe bleiben. Diese Parität war bereits in der Aktionärsvereinbarung zwischen OEW und EdF festgelegt, in die das Land nach dem Kauf des EdF-Anteils eintritt.

Kretschmann: "Gehen nicht auf Konfrontationskurs"

Inwieweit sie fortbesteht, ist unklar. Im Übernahmeangebot heißt es dazu, die Vereinbarung werde "möglicherweise während des Laufs der Annahmefrist geändert oder ganz oder teilweise aufgehoben werden. Dies hängt von weiteren rechtlichen Klärungen ab."

Der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, es gebe keinen Machtkampf mit den OEW um den Einfluss bei der EnBW. Vielmehr bestehe Einvernehmen, dass man an einem Strang ziehe. "Ich habe heute mit den Landräten gesprochen. Wir gehen nicht auf Konfrontationskurs. Auch von den Landräten habe ich nichts anderes gehört", meinte Kretschmann.

Wie viele Kleinaktionäre verkaufen noch?

Auch der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel bekräftigte, man werde "einen verlässlichen gemeinsamen Pfad beschreiten". Die gute Partnerschaft zwischen Land und OEW werde fortbestehen. "Die ganze Unruhe ist der Planlosigkeit der alten Regierung beim Rückkauf der Landesanteile an der EnBW geschuldet", so Kretschmann.

Eine für die OEW ungewohnte Transparenz

Noch wissen die OEW-Kreise nicht genau, wie viele der kommunalen Kleinaktionäre noch verkaufen wollen. Etwas mehr als fünf Prozent an dem Energieriesen gehören Städten, Gemeinden und Verbänden. Gewiss ist nur, dass es die Kreise einiges kosten wird, um mit dem Land auf Augenhöhe zu bleiben. Im geringsten Fall geht die OEW von zusätzlichen Kosten von 121 Millionen Euro aus.

Im Worst-Case-Szenario werden bis zu 280 Millionen Euro für die Erhöhung fällig. In diesem Fall rechnet die mit 475 Millionen Euro verschuldete OEW damit, dass 80 Millionen Euro aus dem laufenden Betrieb finanziert werden können und 200 Millionen Euro durch neue Darlehen abgedeckt werden müssten.

Die Zustimmung für weitere Kredite holen sich die Landräte Anfang nächster Woche in ihren Kreistagen ab. Neu dabei ist eine für die OEW ungewohnte Transparenz. Die meisten Gremien wollen öffentlich tagen. Der Kreis Ravensburg von OEW-Verbandschef Kurt Widmaier hat schon abgestimmt. Allerdings nicht öffentlich. "Es ging dort um Interna der OEW", begründet ein Sprecher die Geheimhaltung.

Anzeige gegen OEW-Chef

Prüfung

Die Staatsanwaltschaft Ravensburg prüft Ermittlungen gegen den Chef der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW), den Ravensburger Landrat Kurt Widmaier (CDU). Auslöser sei die Strafanzeige eines Privatmannes, sagte ein Behördensprecher. Darin werde gegen Widmaier der Verdacht der Untreue im Zusammenhang mit dem EnBW-Rückkauf durch das Land erhoben.

Verdacht

Derzeit untersuchen die Staatsanwälte, ob überhaupt ein Anfangsverdacht vorliegt. Der Anzeigeerstatter hatte insbesondere darauf verwiesen, dass die OEW auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet hatte und sich verpflichtete, das Übernahmeangebot des Landes nicht anzunehmen. Die OEW hält ihr Vorgehen für rechtlich einwandfrei.