SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel will die Kommunen zur Kooperation mit der EnBW verdonnern – doch das Misstrauen sitzt tief.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Gut und schlecht war in der alten Energiewelt klar verteilt. Schlecht war die EnBW, weil sie wie ein Krake übers Land ausgriff, Atomstrom erzeugte und die Hälfte ihres Gewinns nach Frankreich ablieferte. Gut waren die Stadtwerke, die die Bürger dezentral versorgten, erneuerbare Energien förderten und zum Wohl ihrer Kommunen wirtschafteten.

 

Auch oben und unten war früher klar verteilt. Oben war die große EnBW, die im Konzert der Konzerne mitspielte und die kleinen Stadtwerke da unten nicht allzu ernst nahm. Die jedenfalls vermissten einen partnerschaftlichen Umgang und fühlten sich von oben herab behandelt. „Arroganz“ ist das meistbenutzte Wort, wenn das Verhältnis der EnBW zu den Stadtwerken beschrieben wird.

Koordinaten haben sich geändert

Bestärkt in dieser Sicht der Dinge sahen sich die kommunalen Unternehmen von SPD und Grünen, solange diese noch opponierten. Nun aber regieren sie in Baden-Württemberg, die EnBW wurde durch die Energiewende zum Atomausstieg gezwungen, und seit einem Jahr gehört sie knapp zur Hälfte dem Land. Die Koordinaten haben sich also schlagartig geändert, und genauso soll sich das Verhältnis zwischen Stadtwerken und EnBW ändern. Statt Konkurrenz oder gar Konfrontation wünscht die Politik nun plötzlich Kooperation.

Doch die über Jahre verhärteten Fronten lassen sich nicht per Knopfdruck auflösen. Das Misstrauen gegen die EnBW sitzt bei den Kommunen noch immer tief, für eine echte Partnerschaft gibt es erst zaghafte Ansätze. Geduld wäre mithin vonnöten – aber die ist nicht jedem der neuen politischen Akteure gegeben.

Einen ganz besonderen Ausbruch von Ungeduld lieferte sich kürzlich der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Ein „parlamentarisches Mittagessen“ mit dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) nutzte Schmiedel zu einer Art Befehlsausgabe, die tiefe Irritationen hinterlassen hat. Die EnBW, referierte er laut Teilnehmern, sei nun ein Unternehmen der öffentlichen Hand, das die energiewirtschaftlichen Ziele der grün-roten Regierung übernommen habe. Also werde das Land alles tun, um den Konzern zu stärken. Der Stadtwerkeverband VKU solle das gefälligst akzeptieren. Wenn nicht, so Schmiedel, betrachte man ihn künftig als politischen Gegner und werde mit dem Konkurrenzverband für Energie und Wasserwirtschaft (VfEW) zusammenarbeiten. Der gibt sich wesentlich aufgeschlossener gegenüber seinem Großmitglied EnBW, was etwa in der Haltung zum Lobbyverein „Mit uns für Ba-Wü“ zum Ausdruck kommt. Da zeige Schmiedel mal wieder „das zentralistische Denken der alten Energiewelt“, notierte ein Zuhörer befremdet.

Quo vadis EnBW Regional AG

Auf die Palme gebrachte hatte den SPD-Vormann unter anderem ein Vorschlag der VKU-Spitze, wie es mit dem Netzbetreiber EnBW Regional AG weitergehen soll. Die solle aus dem Konzern herausgelöst und dann zur Hälfte an die Stadtwerke verkauft werden, empfahl der Landesvorsitzende Matthias Bertz. Das Land sei dann draußen, so sein Modell, gemeinsam mit den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken (OEW) würden die Netze fortan ganz in kommunaler Hand betrieben. Das komme überhaupt nicht infrage, konterte Schmiedel, einer Zersplitterung der Netze zu Lasten der EnBW werde man niemals zustimmen. Die Stadtwerke müssten die Führungsrolle des Konzerns beim Netzbetrieb anerkennen, nur der könne die Herausforderungen der Zukunft meistern.

Tatsächlich gehen die Meinungen darüber, wie realistisch der VKU-Vorschlag ist, in der Branche weit auseinander. Einhellig entsetzt waren die Teilnehmer indes über den Ton, den der SPD-Fraktionschef an den Tag legte: „Hart am Rande der Höflichkeit“ habe er den VKU-Landesgeschäftsführer Tobias Bringmann abgefertigt, die verbale „Breitseite“ sei völlig überzogen gewesen. Nachdem Schmiedel sich vorzeitig verabschiedet hatte, musste der SPD-Energieexperte Johannes Stober die Wogen glätten. Natürlich suche man einen „gemeinsamen Weg mit den Kommunen“, stellt er inzwischen klar.

Die Stadtwerke werden per Kommando zur Partnerschaft mit der EnBW verdonnert – davon halten auch die Grünen nichts. „Wir brauchen beide“, sagt ihre Energieexperte Daniel Renkonen, da helfe kein „rumpoltern“ oder „auseinanderdividieren“. Im Land herrschte „keine Planwirtschaft“, betont Renkonen, Aufgabe der Landesregierung sei, den Dialog zu moderieren.

Als Moderator bietet sich der grüne Minister für Umwelt und Energiewirtschaft an. Er wolle EnBW und VKU gerne an einen Tisch bringen, sagt Franz Untersteller, um über gemeinsame Interessen und „neue Formen der Zusammenarbeit“ zu reden. Dazu aber müssten beide Seiten „die Vergangenheit hinter sich lassen“.