Der EnBW-Untersuchungsausschuss hat sich fraglos gelohnt. Was dabei zu Tage gefördert wurde, übertraf in mehrerlei Hinsicht die Erwartungen. Doch zuletzt stieß er an seine Grenzen, kommentiert Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Man muss noch einmal daran erinnern, weil es aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar erscheint: Keine einzige Fraktion im baden-württembergischen Landtag wollte zunächst einen Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus. Die Grünen bremsten wegen der dünnen Aktenlage, die SPD wegen des gerade erfolgten Machtwechsels, CDU und FDP drängte es nach der Abwahl schon gar nicht zum (selbst-)kritischen Rückblick. Nur unter öffentlichem und medialem Druck kam das Gremium doch zustande.

 

Nun, da es seine Arbeit nach zweieinhalb Jahren beendet, bezweifelt wohl niemand mehr seine Notwendigkeit. Im Gegenteil: der Ausschuss hat sich gelohnt wie wenig andere in der Landesgeschichte, selbst bundesweit sucht er seinesgleichen. Wo hätte es das schließlich schon einmal gegeben, dass ein Regierungschef in einer geheimen Kommandosache gleichsam über Nacht einen halben Konzern kauft? Gerade weil das Parlament bei Mappus’ Alleingang ausgeschaltet war, schuldete es sich und der Öffentlichkeit Aufklärung.

Mailkorrespondenz demonstriert Selbstherrlichkeit

Was dabei zu Tage gefördert wurde, übertraf in mehrerlei Hinsicht die Erwartungen. So dünn die offiziellen Akten waren, so aufschlussreich, ja verräterisch waren jene Unterlagen, die erst durch den Ausschuss ans Licht kamen. Die Mailkorrespondenz zwischen Mappus und dem Investmentbanker Dirk Notheis etwa illustriert eindrucksvoll die Selbstherrlichkeit, mit der die beiden Freunde das Geschäft angingen. Der eine brauchte dringend einen Coup, um vor der Landtagswahl Wirtschaftskompetenz zu demonstrieren. Der andere hoffte wohl beruflich von der Transaktion zu profitieren – so fand man zusammen. Eine Kontrolle gab es schon deshalb nicht, weil die potenziellen Kontrolleure – Landtag, Rechnungshof oder Ministerialbürokratie – von nichts wussten. Inwieweit die beratende Anwaltskanzlei ihrer Rolle gerecht wurde, ist umstritten.

Nie wieder dürfe ein solches Geschäft so abgewickelt werden – auf diese (eigentlich selbstverständliche) Forderung immerhin konnte sich der Ausschuss einmütig verständigen. Externe Beratung soll den eigenen Sachverstand des Regierungsapparats künftig nur noch ergänzen, nicht ersetzen. Noch immer exkulpiert die CDU Mappus ein Stück weit als Beratungsopfer, so wie er sich in seiner Zivilklage gegen die Anwälte selbst darstellt. Diese hätten ihn auch nicht über die strengen Vorgaben der Landeshaushaltsordnung aufgeklärt, moniert er etwa. Für jemanden, der sich einst als Macher präsentierte, der alles im Griff hatte, ist das eine eigentümliche Beschwerde.

Die weitere Aufarbeitung des Milliardengeschäfts liegt nun in den Händen der Staatsanwaltschaft

Uneins blieben Regierung und Opposition bis zuletzt in der Frage, ob der Ex-Ministerpräsident für die EnBW-Anteile zu viel bezahlt hat: Grüne und SPD sehen dafür starke Anhaltspunkte, CDU und FDP halten den Kaufpreis für angemessen. Mit der Bewertung des Unternehmens zum Zeitpunkt des Kaufs im Dezember 2010 war der Ausschuss freilich überfordert, zuletzt drehte er sich dabei zunehmend im Kreis. Wenn selbst die beauftragten Gutachter zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen kamen, wie sollten sich da die Abgeordneten ein klares Urteil bilden?

Maßgeblich ist ohnehin nicht die politische Einschätzung des Preises, sondern die der Justiz. Die weitere Aufarbeitung des Milliardengeschäfts liegt nun in den Händen der Staatsanwaltschaft – und gegebenenfalls der Gerichte. In den nächsten Monaten dürfte sich entscheiden, ob Anklage wegen Untreue erhoben wird. Kommt es tatsächlich zum Prozess, dürfte sich dieser durch die Instanzen ziehen – das kann dauern. Für den Landtag ist die Aufarbeitung des EnBW-Deals beendet, wenn er Ende Juni den Abschlussbericht des Ausschusses diskutiert. Doch der vor allem von der CDU ersehnte Schlussstrich dürfte noch geraume Zeit auf sich warten lassen.