Der Ausschussvorsitzende Ulrich Müller hat Stefan Mappus Unterlagen aus der Arbeit des Ausschusses gegeben und tritt deshalb zurück. Das schlägt hohe Wellen in der Landespolitik. Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Grund für Ermittlungen.

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht, der Ermittlungen gegen den CDU-Landtagsabgeordneten Ulrich Müller nahelegt. Müller ist der Vorsitzende des EnBW-Untersuchungsausschusses des Landtags, hat am Donnerstag allerdings seinen Rückzug von diesem Posten angekündigt. Er hatte zugeben müssen, an Stefan Mappus (CDU), den ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und die Hauptperson der politischen Aufklärungsarbeit dieses parlamentarischen Gremiums, Unterlagen aus der aktuellen Arbeit weitergegeben zu haben. Darin sei keine Verletzung eines Dienstgeheimnisses zu sehen, hieß es am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Müller habe auch nicht gegen eine besondere Geheimhaltungspflicht verstoßen.

 

Das sei bereits im vergangenen Herbst geprüft worden, sagte ein Sprecher der Behörde. In den am 11. Juli 2012 bei Mappus sicher gestellten Unterlagen waren die Ermittler auf die Korrespondenz zwischen Müller und Mappus gestoßen und hatten von Amts wegen geprüft, ob sich Müller eines Vergehens schuldig gemacht haben könnte. Dies sei verneint, ein Ermittlungsverfahren nicht eingeleitet worden. Darum habe man Müller über diese Prüfung auch nicht in Kenntnis gesetzt.

Offizielle Missbilligung gefordert

Die Grünen im Landtag hatten eine strafrechtliche Verfolgung des Vorfalles ins Gespräch gebracht. Ihre Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann bekräftigte die Forderung, dass sich Müller ganz aus dem Untersuchungsausschuss zurückziehen müsse. „Wir fordern volle Transparenz und Aufklärung dieses beispiellosen Vorgangs“, sagte Sitzmann. „Dafür muss der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Hauk sorgen.“ Er müsse umgehend entscheiden, ob die CDU im Ausschuss die Interessen des Landes oder die von Stefan Mappus vertreten wolle. Dass ein anderes CDU-Ausschussmitglied neuer Vorsitzender des Gremiums werde, ist für Sitzmann „nicht vorstellbar“.

Die Grünen sehen weiter Klärungsbedarf, ob Müller als einziger Informationen an Mappus gegeben hat. Man sehe Anlass, auch den CDU-Obmann im Ausschuss, Volker Schebesta, als Zeugen zu laden, heißt es.

Die SPD fordert derweil vom Landtagspräsidenten Guido Wolf (CDU) eine offizielle Missbilligung der Vorgehensweise Müllers. Das verlangte ihr Fraktionschef Claus Schmiedel in einem Brief an Wolf. Die Würde des Parlaments habe Schaden genommen, schreibt Schmiedel. Wolf solle „den Ansehensverlust“ bedenken, „der sich für die Abgeordneten aller Fraktionen abzuzeichnen beginnt“.

Auch Mappus hat über seine Anwälte auf den Vorfall reagiert. Mappus unterliege „keinerlei Redeverbot oder gar Kontaktsperre mit Abgeordneten“, teilten diese mit. Mit Ausnahme der Grünen habe er „mit allen im Landtag vertretenen Parteien Kontakt mit dem Ziel, den Sachverhalt der EnBW-Transaktion vollumfänglich aufzuklären“. Die ihm von Müller weitergereichten Unterlagen seien nicht geheimhaltungsbedürftig. Der Fragenkatalog an den Energieversorger EDF sei ihm von Müller übermittelt worden mit der Bitte „über seine Kanäle zu versuchen, die Fragen durch die EDF beantwortet zu bekommen“.

Notheis dementiert

In der Erklärung wird auch auf die von der Staatsanwaltschaft an den Landtag übergebenen Akten eingegangen. Die Staatsanwaltschaft habe zu schützende Unterlagen mit dem Vermerk „Staatsanwaltschaft geheimhaltungsbedürftig“ gekennzeichnet. Über solche Dokumente dürfe nur nicht öffentlich beraten werden. Mappus’ Befürchtung, dass Geheimmaterial publik wird, „ist nur einen Tag, nachdem die Unterlagen an den Untersuchungsausschuss gelangt waren, eingetreten“. Es sei Aufgabe der Staatsanwaltschaft, diejenigen „aus dem Bereich des Untersuchungsausschusses zu ermitteln“, die als geheim eingestufte Informationen verbreitet haben.

Mappus bestreitet zudem, sich geringschätzig über die Abgeordneten geäußert zu haben. Die über Medien „verbreiteten, vermeintlich die Arbeit des Untersuchungsausschusses abwertenden Zitate“ seien „nicht zutreffend“. Auch der ehemalige Berater von Stefan Mappus, Dirk Notheis, hat über seinen Anwalt dementiert, er habe sich nach seiner Einvernahme im Ausschuss abfällig über dessen Arbeit geäußert. Es war berichtet worden, Notheis habe Mappus mitgeteilt, er habe die Befragung „zum Kotzen gefunden“. Dies sei nicht sein Sprachgebrauch, so Notheis.