In der Verbandsversammlung der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke wird eine Wende des Konzerns EnBW zu regenerativen Energien gefordert.  

Stuttgart - Die Landesgesellschaft Neckarpri muss knapp 3,1 Prozent der Aktien des Stromkonzerns Energie Baden-Württemberg (EnBW) für einen Gesamtwert von etwa 320 Millionen Euro übernehmen. Das wurde bei der Verbandsversammlung der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) bekannt. In den Gremien der Verbandsmitglieder wurde ein Wende des Atomkonzerns EnBW zu regenerativen Energien gefordert. Die OEW waren mit 45,01-Prozent bereits gleichberechtigter Hauptaktionär. Nun will der Zweckverband mit dem Land "auf Augenhöhe" wachsen. Die Hälfte der neu erworbenen Anteile werden die OEW deshalb der Neckarpri abnehmen. Das Geschäft war notwendig geworden, weil das Land Anfang dieses Jahres den 45,01-Prozent-Anteil des bisherigen EnBW-Großaktionärs Électricité de France (EdF) übernommen hat.

 

Das Geschäft wurde über die Neckarpri abgewickelt, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Landes. Baden-Württemberg muss seinen Anteil von 160 Millionen Euro komplett über die Aufnahme neuer Kredite finanzieren. Das Übernahmeangebot der Neckarpri galt auch für die zerstreuten Aktienanteile in kommunaler Hand und in Streubesitz. Etwa 5,4 Prozent davon waren in kommunaler Hand.

Zuvor hatte der Kreistag von Biberach als letzte der neun OEW-Kreise dem Kauf der EnBW-Anteile mit großer Mehrheit zugestimmt. Von 55 Kreisräten lehnten nur vier den Handel ab. Der Kauf wird den mit 475 Millionen Euro hochverschuldeten Zweckverband mit rund 160 Millionen Euro belasten. 80 Millionen Euro können die OEW aus Rücklagen entnehmen. Die gleiche Summe muss der Verband an neuen Krediten aufnehmen.

Viele Kreistage fordern Umbau des Konzerns

Die Bestätigung in der OEW-Verbandsversammlung galt als sicher, denn die beiden größten OEW-Kreise Ravensburg (22 Prozent der Anteile) und Alb-Donau (21 Prozent) hatten zuvor durch ihr klares Kreistagsvotum Zustimmung signalisiert. Beide Kreise vereinigen in der Verbandsversammlung elf der 18 Stimmen auf sich.

OEW-Geschäftsführerin Barbara Endriss hatte bei einer Reise durch die Kreistage für das Geschäft geworben und es als "risikolos" bezeichnet. Die meisten Gebietskörperschaften signalisierten rückhaltlose Unterstützung für den Kauf und die bisherige Geschäftspolitik der OEW. Dennoch hatte sich Endriss in einigen Kreistagen auch Kritik anhören müssen. "Wenn es schlecht läuft, dann haften die Mitglieder für die Verbindlichkeiten des Zweckverbandes", hatte im Kreis Freudenstadt der FDP-Fraktionschef Daniel Wochner der OEW-Vertreterin entgegengehalten. Das ist insofern bedeutend, da auch Michael Theurer der Fraktion angehört. Die Liberalen hatten auch kritisiert, dass die OEW durch Verbandschef Kurt Widmaier, Landrat von Ravensburg, eine Veräußerung ihrer Anteile ausgeschossen hatten. Theurer will möglicherweise gegen Brigitte Homburger um das Amt des FDP-Landeschefs kandidieren. Außer Freudenstadt hatten alle anderen acht Kreise für den weiteren Zukauf von EnBW-Aktien gestimmt.

Immer stärker wird in den Kreistagen von Biberach, Ravensburg, Friedrichshafen, Sigmaringen, Rottweil, Albstadt, Reutlingen oder Zollernalb der Ruf nach einem Umbau des Konzerns weg vom Atomstrom und hin zu erneuerbarer Energien laut. "Wir hoffen, dass die EnBW offener wird zur dezentralen Gewinnung erneuerbarer Energien", sagte beispielsweise der Fraktionschef der Freien Wähler im Kreistag Biberach. Der Konzern verdient sein Geld überwiegend mit Kernenergie. Die Einnahmen aus Atommeilern machen mehr als 50 Prozent des Umsatzes aus. Der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, Eugen Schlachter, begrüßte den Sinneswandel "bei CDU, FDP und Freien Wählern". Er erkenne an, dass nach 30 Jahren "Überzeugungsarbeit durch die Grünen" gewirkt hätten, sagte Schlachter, der bei den Grünen als möglicher Finanzstaatssekretär genannt wird. Es sei an der Zeit, die EnBW fit für die Zukunft zu machen. Und die könne nur in Richtung Nachhaltigkeit und regenerativer Energien beschritten werden.

Wer hat Anteile verkauft?

Anlass: Am 6. Dezember verkündete CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus, dass das Land die 45,01 Prozent umfassenden Anteile der Électricité de France (EdF) an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) zum Preis von 41,50 Euro pro Aktie übernehmen werde. Der Verkauf werde über die landeseigene Neckarpri GmbH abgewickelt. Den anderen Gesellschaftern werde das gleiche Angebot gemacht.

Verzicht: Die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW), zweiter Hauptaktionär, hatten am 5. Dezember 2010 auf den Verkauf ihrer Anteile von ebenfalls 45,01 Prozent verzichtet.

Anteile: 9,98 Prozent der Anteile standen zum Verkauf. Sie gehören der EnBW selbst (2,3 Prozent vom Grundkapital) sowie vier kommunalen Zweckverbänden, der Badischen Energieaktionärsvereinigung (BEV) mit 2,54 Prozent, dem Gemeindeelektrizitätsverband Schwarzwald-Donau (GDS) mit 1,28 Prozent, dem Landeselektrizitätsverband Württemberg (LEVW) mit 0,54 Prozent und dem Neckar-Elektrizitätsverband (NEV) mit 0,69 Prozent. Die übrigen Aktien verteilen sich auf ungebundene Städte und Gemeinden sowie Belegschaftsaktionäre und den Streubesitz.

Verkauf: Bis zum Ablauf der ersten Frist am 18. März waren dem Land 5,9 Millionen Aktien angeboten worden. Das waren 2,34 Prozent der insgesamt zum Verkauf stehenden Anteile. Bis zum Ende der Fristverlängerung auf den 6. April stieg dieser Quotient auf 3,1 Prozent. Verkauft haben vor allem LEVW-Mitglieder - 1,1 Millionen Aktien. Der Verband verliert 80 Prozent seiner Mitglieder und hat nun noch 0,11 Prozent. Der GDS veräußerte knapp 812000 Aktien und büßte sechs seiner 33 Mitglieder ein. Der Anteil sank auf knapp 0,96 Prozent. Die BEV verlor am Ende 0,1 Prozent ihrer Anteile. Von den Kommunen verabschiedeten sich unter anderem Bruchsal, Ettlingen, Rastatt, Villingen-Schwenningen, Wiernsheim, Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim aus dem Stromkonzern.