Schmerzen in der Periode können auf blutige Verklebungen zurückgehen: die Endometriose. Die Therapie ist von Frau zu Frau verschieden.

Stuttgart - Der Rat bei starken Regelschmerzen lautet häufig: eine Wärmflasche auf den Bauch legen, sich eine Weile ausruhen, eventuell ein Schmerzmittel einnehmen. Schmerzen während der Periode wurden von Frauenärzten häufig als normal angesehen - und auch viele Frauen nahmen die Beschwerden so selbstverständlich hin, dass sie diese beim Arztbesuch nicht einmal erwähnten. Doch hinter Regelschmerzen und diffusen Unterleibsbeschwerden verbirgt sich häufig eine bestimmte Erkrankung: die Endometriose. Auch wenn die Angaben in den Studien schwanken, handelt sich wohl um die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung: Zwischen sieben und 15 Prozent der Frauen zwischen Pubertät und Wechseljahren sind davon betroffen.

 

Einerseits ist Endometriose eine gutartige Erkrankung - andererseits ist sie meist chronisch und geht häufig mit starken Beschwerden einher. Dazu gehören Schmerzen während oder kurz vor der Menstruation, chronische Bauch- und Rückenschmerzen sowie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen und beim Stuhlgang. Auch Verdauungsstörungen, Müdigkeit und eine erhöhte Infektanfälligkeit können Symptome sein. Darüber hinaus wird die Endometriose als eine wichtige Ursache für Unfruchtbarkeit und ungewollte Kinderlosigkeit angesehen. In Studien aus den 80er Jahren hatten unfruchtbare Frauen deutlich häufiger Endometriose als fruchtbare Frauen.

Zur Entstehung gibt es verschiedene Theorien

Obwohl es kurios klingt, ist ein wichtiger Risikofaktor für die Erkrankung die Menstruation selbst. Aus bisher nicht ganz geklärten Gründen siedelt sich bei der Endometriose Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter, meist im unteren Becken- und Bauchraum, an. Häufig betroffene Organe sind Eierstöcke, Darm, Blase und Bauchfell. Die Endometrioseherde verhalten sich dabei wie die normale Gebärmutterschleimhaut: Sie bauen sich während des Menstruationszyklus auf und bluten während der Periode. Das Blut kann nicht nach außen abfließen und gelangt dann ins Gewebe, wo es Verklumpungen bildet. Dadurch kommt es mit der Zeit zu Zysten und immer stärkeren Verklebungen und Verwachsungen.

Zur Entstehung der Endometriose gibt es eine Reihe verschiedener Theorien. "Eine Theorie besagt, dass durch die sogenannte retrograde Menstruation Zellen der Gebärmutterschleimhaut über die Eileiter in den Bauchraum verschleppt werden", erläutert Diethelm Wallwiener, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik in Tübingen. "Gleichzeitig spielen wahrscheinlich auch immunologische Prozesse eine Rolle: Vermutlich können sich die Zellen nur außerhalb der Gebärmutter anlagern, wenn das Immunsystem an dieser Stelle fehlgesteuert ist."

Eine weitere Theorie geht davon aus, dass eine verstärkte Kontraktion der Gebärmutter zu kleinen Verletzungen der Gebärmutterschleimhaut führt, wobei Zellfragmente aus den tiefen Schichten der Gebärmutter herausgelöst werden und in den Bauchraum gelangen. Die Verletzungen lösen gleichzeitig Wundheilungsprozesse aus, welche die Produktion von Östrogen anregen. Östrogen wiederum verstärkt die Gebärmutterkontraktionen - es kommt nach dieser Theorie zu einem Teufelskreis.

Probleme bei der Behandlung

Mit den Ursachen der Endometriose beschäftigt sich auch eine Forschergruppe aus Berlin. Sylvia Mechsner und ihr Team vom Endometriosezentrum der Charité untersuchen, wie körpereigene Substanzen und Immunzellen zu Schmerzen und Entzündungsprozessen beitragen. "Dabei haben wir festgestellt, dass die Bauchfellflüssigkeit bei Frauen mit Endometriose Substanzen enthält, die das Wachstum schmerzassoziierter Nervenfasern anregen - insbesondere den Nervenwachstumsfaktor NGF", berichtet Mechsner. "Weiterhin konnten wir zeigen, dass sich in den Endometrioseherden im Bauchfell Nervenfasern befinden, die von unreifen Blutgefäßen begleitet sind. Wir vermuten daher, dass diese Nerven in die Endometrioseherde hineinwachsen und so zu Schmerzen führen." Die Ergebnisse könnten zur Entwicklung neuer Medikamente beitragen, die die Ausschüttung von NGF und damit die Entstehung schmerzbezogener Nervenfasern hemmen.

Ein großes Problem bei der Behandlung der Endometriose ist, dass die Erkrankung oft spät erkannt wird. "Im Durchschnitt vergehen zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnosestellung sechs Jahre", berichtet Wallwiener. "Bei Patientinnen mit ungewollter Kinderlosigkeit sind es im Schnitt drei Jahre, bei Schmerzpatientinnen bis zu zehn Jahre." Eine frühe Diagnose sei jedoch wichtig, damit es nicht zu mehr Verklebungen und Schmerzen im Bauchraum kommt und sich das Risiko für eine Unfruchtbarkeit nicht erhöht.

OP erfolgt meist in Form einer Bauchspiegelung

"Die Therapie besteht in der Regel aus einer Operation, bei der die Endometrioseherde möglichst vollständig entfernt werden, und einer anschließenden medikamentösen Therapie", erläutert Wallwiener. Die Operation erfolgt meist in Form einer Bauchspiegelung, bei der die Instrumente durch einen kleinen Schnitt in den Bauchraum eingeführt werden. Für die anschließende hormonelle Behandlung eignen sich reine Gestagenpräparate wie die sogenannte Minipille, die Dreimonatsspritze, die Hormonspirale oder auch bestimmte Antibabypillen, die ohne Pause eingenommen werden. Seit einem Jahr ist auch das Gestagenpräparat Visanne auf dem Markt, das speziell für Endometriose zugelassen ist. Alle medikamentösen Therapien haben zum Ziel, das Wachstum und die Aktivität der Endometrioseherde zu hemmen.

Allerdings ist die Therapie der Endometriose auch sehr individuell und hängt stark von den Beschwerden und Bedürfnissen der Patientin ab. Daher ist eine Behandlung in spezialisierten Endometriosezentren sinnvoll. "Steht zum Beispiel ein unerfüllter Kinderwunsch im Vordergrund, sollte sich nach der Operation statt einer Hormontherapie gleich der Versuch, schwanger zu werden, anschließen", sagt Mechsner. "Bei ausgeprägter Endometriose müssen gegebenenfalls weitere Maßnahmen bis hin zur künstlichen Befruchtung eingeleitet werden."

Bei etwa 70 Prozent der Frauen bessern sich die Symptome durch die Behandlung deutlich. Allerdings haben manche Frauen weiterhin Beschwerden, und bei fünf bis zehn Prozent entwickelt sich ein chronisches Schmerzsyndrom. Hier können zusätzlich Entspannungsverfahren, Sport, Schmerzmittel oder komplementärmedizinische Ansätze hilfreich sein. Auch das Erlernen von Schmerzbewältigungsstrategien kann ein wichtiger Schritt sein, um die Lebensqualität zu verbessern.

Informationen und Hilfe

Anlaufstellen: Die Endometriose-Vereinigung Deutschland bietet auf ihrer Webseite www.endometriose-vereinigung.de Informationen über die Erkrankung, eine Liste der zertifizierten Endometriosezentren in Deutschland, eine persönliche Beratung und Adressen von Selbsthilfegruppen an. Die Stiftung Endometrioseforschung berichtet über Forschungsergebnisse: www.endometriose-sef.de

Informationstag: Informationen und Beratung bietet auch der Tag der Endometriose am Dienstag, 8. November. Veranstaltungen für Betroffene finden unter anderem in Tübingen, Freiburg, Pforzheim und Heidelberg statt. Weitere Informationen finden sich auf der Webseite des Landesnetzwerks Endometriose Baden-Württemberg, einer Selbsthilfeinitiative.