Der Atomausstieg kommt die EnBW teuer zu stehen. Der Gesellschafter OEW soll im Zweifel alleine Hunderte von Millionen Euro aufbringen.

Stuttgart - Die Veranstaltung war gut getarnt. Zu einer "nichtöffentlichen Informationsveranstaltung" hat der Zweckverband der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) am Montag seine Mitglieder in das Kultur- und Tagungszentrum Lindenhalle nach Ehingen an der Donau (Alb-Donau-Kreis) gerufen. Aber um bloße Information über die Zukunft der Energie Baden-Württemberg (EnBW) allein ging es nicht bei der Sitzung.

 

Die OEW ist grundsätzlich bereit, an einer Kapitalerhöhung gegebenenfalls auch einseitig teilzunehmen, erklärte der Verbandsvorsitzende Kurt Widmaier bei der anschließenden Pressekonferenz am Montagabend. Doch auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe ihm signalisiert, dass das Land eine solche Maßnahme „ins Auge fasst“, so WIdmaier. Die OEW ist an dem Stromkonzern neben dem Land Baden-Württemberg mit 46,55 Prozent gleichberechtigter Hauptaktionär. Sämtliche Kreisräte aus den neun Landkreisen, die zum Zweckverband gehören, waren am Nachmittag zusammengetrommelt worden.

Denn die EnBW benötigt dringend Geld, um die Verluste aus dem Atomausstieg auszugleichen und den Umbau des Konzerns für die Erzeugung alternativer Energieformen zu finanzieren. Bis zu zwölf Milliarden Euro will der Energieversorger hierfür in den kommenden Jahren ausgeben. Dazu sollten Beschlüsse her.

Kretschmann will klares Zukunfstkonzept

Im ersten Halbjahr hat die EnBW unter anderem durch die Abschaltung von zwei ihrer vier Kernkraftwerke einen Verlust von fast 600 Millionen verzeichnet. Weitere 300 Millionen Euro wird die neue Steuer auf Kernbrennstäbe kosten. Der Kapitalbedarf für den Umbau des Atomkonzerns hin zu regenerativen Energieformen wird auf rund 800 Millionen Euro taxiert.

Zudem drücken den Konzern Schulden in Höhe von 8,7 Milliarden Euro. Etwa 750 Millionen Euro will der Stromversorger durch effizienteres Wirtschaften einsparen, davon allein 250 Millionen Euro im Personalbereich. Wie zu hören ist, seien keine Entlassungen, sondern nur sozial verträgliche „weiche Maßnahmen“ geplant. Vor diesem Hintergrund ist auch für die EnBW knapp eine Milliarde Euro derzeit auf dem freien Kapitalmarkt nur schwer zu beschaffen. Deshalb sieht der Vorstandschef nun die beiden Anteilseigner gefordert. Bei der grün-roten Landesregierung hatte er sich zunächst eine Abfuhr eingefahren. Erst müsse Villis ein klares Zukunftskonzept der EnBW vorlegen, bevor er mit dem Klingelbeutel herumgehe, hatte ihm der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu verstehen gegeben.

LBBW soll als Kreditgeber zur Verfügung stehen

So weit aber ist Villis anscheinend noch nicht. Stattdessen hat er – offenkundig erfolgreich – die andere Kapitalseite bearbeitet. Die OEW hat am Montag zunächst ihren Verwaltungsräten ein Papier auf den Tisch gelegt, dass zwei Alternativen anbot. Zum einen sollen OEW und Land jeweils 400 Millionen Euro zu einer Kapitalerhöhung beisteuern. Oder die OEW schießt 600 Millionen Euro im Alleingang zu, falls das Land nicht mitzieht. Dann hätte die OEW die Mehrheit an der EnBW. In beiden Fällen stünde die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) als Kreditgeber bereit.

Geplant war offenkundig, dass die gut 400 Kreisräte gleich an Ort und Stelle Beschlüsse fassen. Doch dazu kam es nicht. Viele Mandatsträger fühlten sich überfahren und wollten zunächst rechtsgültige Entscheidungen in den Kreistagen getroffen sehen. Nebulös ist die Refinanzierung des Geschäfts. Die OEW rechnet mit einer sinkenden Dividende bis 2014 auf 60 Cent pro Aktie. Die Kreise sollen sich mit einer sinkenden Ausschüttung abfinden. Statt 60 sollen 2012 nur noch 40 Millionen Euro fließen. In den darauf folgenden beiden Jahren soll sich die Summe jeweils um weitere zehn Millionen Euro verringern.