Die Grünen und die SPD im Gemeinderat favorisieren eine kommunale Lösung. Die CDU möchte die EnBW als "kompetenten Partner".

Stuttgart - In wenigen Tagen wird die Landeshauptstadt Stuttgart im Bundesanzeiger bekanntgeben, dass der mit der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) im April 1994 abgeschlossene Konzessionsvertrag für die Versorgung der Stadt mit Gas, Wasser und Strom Ende 2013 ausläuft. Danach können sich Energieunternehmen um die neuen Konzessionen bewerben.

Von diesem Moment an läuft der Countdown für die Stadtwerke Stuttgart. Denn bereits heute ist klar, dass die Stadt die Wasser- und Energieversorgung wieder als kommunale Daseinsvorsorge ansieht. Ob dabei allerdings "hundertprozentig kommunale Stadtwerke" ohne beteiligte Dritte herauskommen werden, ist noch offen. Die "Aktion Stadtwerke" hat inzwischen - wie berichtet - sogar ein Bürgerbegehren für einen "echten kommunalen Energieversorger" eingeleitet.

"Auch wir möchten Stadtwerke, die allein der Stadt gehören", sagt der SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter. Die Verhandlungen mit der EnBW seien aber bestimmt nicht einfach. "Die Stadt muss auf jeden Fall die Mehrheit besitzen, um energiepolitisch das Sagen zu haben", betont Kanzleiter. Auch die Grünen schließen Beteiligungen nicht ganz aus. Sie möchten aber keinesfalls die EnBW im Boot haben: "Wenn ein Partner notwendig sein sollte, dann einer ohne direkte oder indirekte Verbindung zur Atomindustrie", stellt der Stadtrat Peter Pätzold klar. Das habe die Kreismitgliederversammlung im Januar beschlossen.

Keine halben Sachen beim Wassernetz


Keine halben Sachen soll es auf jeden Fall beim Wassernetz geben, weil der Gemeinderat im vergangenen Jahr die Forderung des Bürgerbegehrens "Hundertwasser" nach dem vollständigen Rückkauf des Netzes von der EnBW als Ziel übernommen hat. "Als Ausgleich verlangt die EnBW eine Beteiligung am Strom- und Gasgeschäft der Stadtwerke", vermutet man im Rathaus. Der Energiekonzern habe eine gute Verhandlungsposition, weil es keinen gesicherten Anspruch auf den Rückkauf des Wassernetzes gebe. Pätzold hält es für wichtig, dass die Stadt rasch eine Stadtwerke-Gesellschaft gründen und mindestens einen kompetenten Geschäftsführer einstellt. "Wir müssen doch mit ausgewiesenen Fachleuten in die schwierigen Verhandlungen mit der EnBW gehen."

Für Kanzleiter hat sich die energiepolitisch Landschaft mit dem Rückkauf der von der Electricité de France (EDF) gehaltenen EnBW-Aktien durch das Land verändert. "Die Frage ist, wie das Land auf den Wunsch der Stadt nach der Rekommunalisierung der Wasser- und Energienetze reagiert." Schließlich sei der Energiekonzern wieder in öffentlicher Hand und das Land könne die Neugestaltung der Energielandschaft mit bestimmen. "Der Gemeinderat erwartet, dass sich das Umweltministerium in Angelegenheiten der öffentlichen Daseinsvorsorge offen und fair gegenüber den Kommunen verhält." Die Stadt werde dem Land mitteilen, dass man die Wasserversorgung samt Bezugsrechten wieder in kommunaler Hand sehen wolle.

Mit dem Rückkauf der Versorgungsnetze wollen die Stadträte den 2002 erfolgten Ausverkauf städtischer Dienstleistungen wieder rückgängig machen: Damals hatte die Stadt alle Energieaktien für 2,35 Milliarden Euro an die EnBW verkauft - ohne Not inklusive Müllverbrennung und Wassernetz. "Das war ein Fehler, den die SPD zuerst erkannt hat", betont Kanzleiter. Für den Stadtrat beginnt im April die entscheidende Phase, wenn sich der Gemeinderat für ein Stadtwerkemodell entscheiden muss. Die Gutachter hatten im Dezember - wie berichtet - öffentlich sechs wirtschaftlich tragfähige Varianten mit und ohne Partner vorgestellt und ein Beteiligungsmodell favorisiert. Aber auch bei einem Votum für rein kommunale Stadtwerke sind Verhandlungen mit der Netzeigentümerin EnBW erforderlich.

Grüne favorisieren "hundertprozentige Stadtwerke"


"Wir wollen neben dem Wassernetz auch das Gas- und Stromnetz in städtischen Besitz übernehmen", so Kanzleiter. Beim Netzbetrieb kommt für ihn "auch das Thema Arbeitnehmer ins Spiel". Denkbar sei, dass Mitarbeiter der EnBW-Regional AG die Netze als Dienstleister für die Eigentümerin Stadt betreuten. "Es stellt sich auch die Frage, ob Stuttgart und andere Städte nicht gleich die EnBW Regional AG kaufen." Ein Interesse dafür hat Kanzleiter in der Region schon ausgemacht.

Die Grünen, stärkste Fraktion im Gemeinderat, favorisieren auch "hundertprozentige Stadtwerke, die dem Regionalzentrum der EnBW entsprechen", präzisiert Stadtrat Pätzold. Es sei aber unwahrscheinlich, dass die EnBW dieses der Kommune zum Kauf anbieten.

"Mit der Gründung von Stadtwerken haben wir kein Problem", sagt Alexander Kotz, der CDU-Fraktionssprecher im Gemeinderat. Für seine Partei sei der wichtigste Punkt die Wasserversorgung , die wieder in die Hand der Stadt kommen müsse. "Bei Strom und Gas brauchen wir einen kompetenten Partner, der weiß, wie es funktioniert", betont Kotz. Deshalb spreche viel für eine Beteiligung der EnBW. Bei den Versorgungsnetzen müsse aber die Stadt die Mehrheit der Anteile halten.